„Zum Problem rasch das richtige Werkzeug finden“

MBA. Immer mehr Fachhochschulen bieten einen Master of Business Administration an. Warum eigentlich? Und für welche Zielgruppe?

Einst galt er als die Krone der Weiterbildung: Der MBA war vor rund 20 Jahren in Österreich noch etwas ganz Besonderes und Seltenes. Nach einer enormen Angebotswelle wurde es mittlerweile recht still um ihn. Das Image hat sich gewandelt, vom Elite-Titel des oberen Managements wurde der MBA zum Good-to-have für Führungsverantwortliche. Und wer einen absolvieren möchte, ist längst nicht mehr an eine Universität oder Business School gebunden – auch Fachhochschulen erschließen dieses Geschäftsfeld zunehmend. Sie wollen ihr Fachwissen auch nach Bachelor und Master an den Mann bringen – und setzen dabei vor allem auf spezifische Alleinstellungsmerkmale und internationale Kooperationen.

Starker Branchenbezug

So startet diesen Herbst an der FH Campus Wien erstmals ein Professional MBA. Das Studium richte sich vor allem an angehende Führungskräfte aus den Bereichen Bauwirtschaft, Technik und Life Sciences und soll bestehendes Fachwissen um zeitgemäße Managementkompetenz erweitern, erklärt Lehrgangsleiter Franz Gatterer. Ein branchenspezifischer Zugang sei deshalb wichtig, weil 80 Prozent der Absolventen im Laufe ihres Berufslebens einer Branche treu bleiben würden.

Den Vergleich mit anderen Anbietern scheut man an der FH Campus Wien nicht. Einerseits habe man sich mit der Webster University einen renommierten internationalen Partner ins Boot geholt, der weltweit zehn Standorte betreibt. „Das Besondere an unserem Programm ist, dass wir Unternehmen, die ihren Mitarbeitern das Studium finanzieren, die Möglichkeit bieten, ihnen firmenrelevante Aufgabenstellungen mitzugeben, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Studium ziehen – und zwar bis hin zur Masterthesis“, erklärt Gatterer.

Unternehmen sucht Experten

Für einen Branchenzugang hat man sich auch an der FH Kufstein Tirol entschieden, wo die Executive-MBA-Programme „Automotive Management“ und „Versicherungsmanagement“ angeboten werden. „Rasch das richtige theoretische Werkzeug für die praktischen Problemstellungen im Job finden – und es auch richtig anwenden“, erklärt die Programmleiterin Diane Freiberger das Ausbildungsziel. Was die Auswahl der Teilnehmer betrifft, achte man besonders auf Berufserfahrung und Führungsqualitäten. Neben der Standardtheorie sollen sie von der Praxiserfahrung aus der Automobil- und Versicherungsbranche profitieren. „Über einen ehemaligen Mitarbeiter des Malik Management Zentrum St. Gallen fließt wiederum führendes Businesswissen ein“, so Freiberger. Wie die Programmleiterin erklärt, sei die Initiative zum Start der Automotive-Weiterbildung von Unternehmensseite gekommen und wurde zudem von Branchenvertretern der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sowie einem Arbeitskreis der Industriellenvereinigung unterstützt. Laut Freiberger soll künftig auch das Thema E-Mobility stärker verankert werden. Eine Besonderheit stellt die Verknüpfung von Präsenzeinheiten und E-Learning dar. Dabei werden sie von einer Online-Mentorin unterstützt, die per E-Mail und Telefon erreichbar ist – auch am Abend und an den Wochenenden.

Relaunch bei Kommunikation

Ein ausschließlich generalistischer Zugang wird an der FH Wien der Wirtschaftskammer Wien mit dem International MBA in Management & Communications verfolgt. Zwar wird das seit sieben Jahren laufende Programm einem Relaunch unterzogen, daran soll aber nicht gerüttelt werden: Eine konkrete Zusammenarbeit mit Unternehmen werde im Rahmen des International MBA in Management & Communications nicht praktiziert, so Zeilinger. Das sei auch nicht notwendig, da die Teilnehmer in der Regel über fünf bis 15 Jahre Berufserfahrung verfügen würden. „Wir reflektieren das angesammelte Know-how in den Lehrveranstaltungen gemeinsam“, so der Program-Manager Reinhard Zeilinger. Geeignet ist er für alle Personen aus dem mittleren Management, die ihre berufliche Position absichern oder sich für neue Herausforderungen bereit machen wollen.

„Ab kommenden Herbst werden die Hauptthemen Management und Kommunikation noch stärker über alle drei Semester zusammenspielen“, so Zeilinger. Künftig könnten Teilnehmer, die etwa aus dem Führungsbereich kommen, noch intensiver Kommunikationskompetenzen aufbauen. Aus der anderen Seite würden Marketingmitarbeiter verstärkt Management- und Führungsskills mit auf den Weg bekommen.

Internationales wird, wie bei MBA der „alten Schule“ üblich, hochgehalten: Für das verpflichtende Auslandsmodul konnte das Executive Education Center der Capileno University in Vancouver neu als Partner gewonnen werden. Somit werden die Studenten diesen Sommer erstmals in Kanada zwei Wochen lang das Modul „Online Communications“ absolvieren. Wem das zu wenig erscheint: Seit zwei Jahren wurde die FH in das MOC-Netzwerk der Harvard Business School aufgenommen. „Seit damals wird bei uns der an der US-Eliteuniversität konzipierte Strategie-Kurs Microeconomics of Competitiveness angeboten“, so Zeilinger.

Web:www.fh-campuswien.ac.atwww.fh-kufstein.ac.at

FACHHOCHSCHULEN

www.fh-wien.ac.atIn Österreich werden FH-Studiengänge seit über 20 Jahren angeboten. Mittlerweile gibt es rund 600 Bachelor- und Masterstudiengänge, Pläne zum weiteren Ausbau sind in Diskussion. Auch das Promotionsrecht wird immer wieder gefordert. Um den Absolventen trotzdem Weiterbildung zu ermöglichen, werden neben Zertifikatslehrgängen auch MSc und MBA angeboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)

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