Wirtschaftskammer holt Flüchtlinge als Lehrlinge aufs Land

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In einem Pilotprojekt sollen 150 jugendliche Flüchtlinge aus Wien überregional vermittelt werden. Derzeit gebe es 6500 anerkannte Flüchtlinge unter 25 Jahren.

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) will die Lehre für Flüchtlinge öffnen. In einem Pilotprojekt sollen 150 jugendliche Flüchtlinge aus Wien überregional in Berufe und Regionen mit Lehrlingsmangel vermittelt werden, so WKÖ-Präsident Christoph Leitl.

Mit dem Flüchtlings-Pilotprojekt wolle man in Zusammenarbeit mit Ministerien und AMS jungen Menschen, die oft allein nach Österreich kommen, eine Zukunftsperspektive bieten, betonte Leitl. Gleichzeitig sollen der Wirtschaft fehlende Fachkräfte vermittelt werden - so kämen etwa in Tirol auf 100 offene Restaurantfachmann-Lehrstellen nur sieben Bewerber.

6500 anerkannte Flüchtlinge unter 25 Jahren

Derzeit gebe es rund 6500 anerkannte Flüchtlinge unter 25 Jahren in Österreich, zwei Drittel davon leben in Wien, so der Leiter der bildungspolitischen Abteilung in der WKÖ, Michael Landertshammer. Für das Projekt kommen Jugendliche bis 18 Jahre infrage, die Deutsch können und bereit sind, aus der Bundeshauptstadt wegzugehen. 150 passende Kandidaten würden vom AMS herausgefiltert und im WIFI Wien einem knapp eineinhalbstündigen Talentecheck unterzogen, mit dem sich berufliche Interessen und Stärken feststellen lassen sollen.

Anschließend werden die Jugendlichen auf "ihr" Lehrverhältnis vorbereitet und dann vor Ort von einem Lehrlingscoach begleitet. Der Start mit 150 Lehrlingen entspricht der Zahl jener Lehrstellen, für die es schon Zusagen von Betrieben gibt - später soll das Projekt ausgeweitet werden.

WKÖ-Wunschprojekt Matura mit Lehre

Ein Anliegen ist Leitl auch das derzeit stockende WKÖ-Wunschprojekt Matura mit Lehre. "Ein Jahr Intensivausbildung nach der Matura, dann mit 19 Jahren beide Abschlüsse haben - das wäre meine bildungspolitische Vision." Das würde zwar die Lehrzeit im Betrieb von drei auf ein Jahr verkürzen: "Aber das holen die schon nach." Eine mögliche Karriere für Maturanten mit Lehre könne etwa ins mittlere oder höhere Management führen und sei vor allem für AHS-Maturanten interessant, die keine Lust mehr auf die klassische, der Schule ähnelnden Situation an einer Fachhochschule oder Uni hätten. "Wenn ich eine AHS-Matura habe und nicht studiere, habe ich derzeit ein Problem - und zwar ein großes", so Landertshammer. Rechtlich wäre dafür eine Änderung des Berufsausbildungsgesetzes nötig.

Jugendliche empfehlen Lehre

Über das Image der dualen Ausbildung bei den derzeit mehr als 100.000 Lehrlingen braucht man sich derzeit jedenfalls keine Sorgen zu machen, wie eine Ende Jänner/Anfang Februar durchgeführte market-Umfrage unter 1090 Lehrlingen zeigt. Demnach würden 98 Prozent der Befragten Jugendlichen die Absolvierung einer Lehre empfehlen. Bei nach dem Schulnotensystem abgefragten Punkten wie etwa der Zufriedenheit mit dem eigenen Arbeitsplatz und den Zukunftsaussichten im eigenen Beruf griff die überwiegende Mehrzahl zum "Sehr Gut". "Damit spüren wir ein hohes Ausmaß an Begeisterung für die Lehrstelle", so Studienleiter David Pfarrhofer.

Einzige Einschränkung auf hohem Niveau: "Die Berufsschule wird zwar auch gut bewertet, erreicht aber nicht ganz das Begeisterungsniveau im Betrieb." Selbst hier würden aber das Sehr Gut und Gut zusammengerechnet in der Regel auf Werte von zwei Drittel und darüber kommen, so Pfarrhofer.

(APA)

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