Eine Idee, vier Lösungsversuche

Pädagogik neu. Künftig sollen alle Lehrer in Bachelor- und Masterstudien ausgebildet werden. Je nach Region wurden unterschiedliche Angebote entwickelt. Ein Zwischenstand.

Vor knapp drei Jahren wurde die Lehrerausbildung nach einheitlichen Standards beschlossen: „Spätestens ab dem Studienjahr 2016/17 haben alle Lehramtsanwärter ein vierjähriges Bachelorstudium mit Aufnahmeverfahren (auch für AHS-Lehramtsstudien) zu absolvieren. Mit dessen Abschluss erwerben sie die Unterrichtsberechtigung“ lautet seit damals der Test des Bundesgesetzes. Bedingung für die Fixanstellung an einer Schule ist allerdings ein zusätzliches Masterstudium. Es kann berufsbegleitend innerhalb von fünf Jahren absolviert werden und dauert ein Jahr für Volksschullehrer sowie zwei Jahre für NMS- und AHS-Lehrer. In vier sogenannten Entwicklungsverbünden sollten sich Hochschulen einer Region zusammentun, um gemeinsam Studienfächer und Spezialisierungen vor allem für die Sekundarstufe zu entwickeln. Für die Primarstufenausbildungen sind weiterhin im Wesentlichen die Pädagogischen und Kirchlich-Pädagogischen Hochschulen zuständig.


Entwicklungsverbund Mitte. In Salzburg und Oberösterreich haben sich zehn Hochschulen an der Konzeption der Pädagogenausbildung beteiligt (siehe Kasten). Laut Elfriede Windischbauer, Rektorin der PH Salzburg und derzeitige Vorsitzende der Salzburger Hochschulkonferenz, werden für die Primarstufe an der PH Salzburg ab dem fünften Semester die Schwerpunkte Inklusive Pädagogik, Gesellschaftliches Lernen, Naturwissenschaft und Technik, Gesundheitsbildung und Lebenskompetenzen, Ästhetisches Lernen angeboten, außerdem in Kooperation mit der KPH Edith Stein der Schwerpunkt Religionspädagogik. Im Masterstudium kann der gewählte Schwerpunkt vertieft werden. In Oberösterreich gelten andere ECTS-Zahlen für die Schwerpunkte, weshalb etwa Studierende an der PH Salzburg nur die dort angebotenen Schwerpunkte studieren können. Erich Müller, Vizerektor für Lehre der Universität Salzburg, ist glücklich, am Standort Salzburg künftig 26 Lehramtsfächer und zwei Spezialisierungen anbieten zu können. Oberösterreichische Lehramtsanwärter können weiterhin in ihrem Heimat-Bundesland die dort traditionell stark vertretenen Mint-Fächer studieren.

Entwicklungsverbund Süd-Ost. Er gilt als Vorreiter, der die neuen Lehramtsstudien in den Bundesländern Steiermark, Kärnten und Burgenland bereits 2015 sowohl für Primarstufe als auch Sekundarstufe gestartet hat. Dabei wurde ein durchgängig gemeinsames Kooperationsstudium entwickelt, das in allen drei Landeshauptstädten (Graz, Klagenfurt, Eisenstadt) studiert werden kann. „Aufgrund wortidenter Curricula können die Studierenden das gesamte Lehrangebot im Entwicklungsverbund Süd-Ost nutzen. Es ist somit möglich, Teile des Studiums oder auch ein Unterrichtsfach oder eine Spezialisierung an einer anderen, im Verbund teilnehmenden Hochschule zu absolvieren“, freuen sich Vizerektorin Cristina Beretta von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und die Rektorin der PH Kärnten, Marlies Krainz-Dürr.

In der Primarstufenausbildung haben Studierende die Wahl zwischen Schwerpunkten im Bereich der Inklusion, der Mehrsprachigkeit, dem forschenden Lernen in den Naturwissenschaften, der Kunst sowie der Medien-, Elementar- und Religionspädagogik. Eine Masterausbildung wird sowohl für die Primarstufe als auch für 25 Unterrichtsfächer und zwei Spezialisierungen der Sekundarstufe angeboten.


Entwicklungsverbund West. Auch in Tirol und Vorarlberg wurde bereits im letzten Jahr das neue Primarstufen-Studium gestartet, ebenso das Bachelor-Studium der Sekundarstufe. Ab dem Studienjahr 2016/17 ist die Erweiterung des Studienangebots der Sekundarstufe in Kooperation aller fünf beteiligten Partnereinrichtungen vorgesehen. Im Vollausbau werden 25 Unterrichtsfächer und zwei Spezialisierungen in Bachelor- und Masterstudium angeboten. „Die österreichweit einzigartige Spezialisierung Medienpädagogik kann auf sehr gute universitäre Grundlagen im Medienforum Innsbruck zurückgreifen“, sagt Klaus Reich von der School of Education der Universität Innsbruck. Ein in Westösterreich sonst an keinem Standort vertretenes Studium biete man auch mit dem Unterrichtsfach Islamische Religion.

Was die Primarstufenausbildung betrifft, so bietet speziell die KPH Edith Stein (neben Schwerpunkten in der Religionspädagogik und der Inklusiven Pädagogik) einen in Österreich einzigartigen Schwerpunkt für LebensART-Pädagogik an, der das Arbeiten in verschränkten Ganztagsschulen betrifft. Ein weiterer Schwerpunkt für den Bereich Elementarpädagogik akzentuiert die vorschulische Bildung und den Übergang in die Grundschule. Im Masterstudium kann die Primarstufenausbildung auf eine Berufsberechtigung für Religion und Inklusive Pädagogik für den Altersbereich zehn bis 15 Jahre erweitert werden. Neu eingeführt wurde auch die Möglichkeit, ein Lehramtsstudium durch ein drittes Unterrichtsfach oder eine Spezialisierung zu erweitern.


Entwicklungsverbund Nord-Ost. An Wien und Niederösterreich wird ersichtlich, was es bedeutet, auf dem Hintergrund völlig unterschiedlicher Hochschulkulturen gemeinsame Ausbildungen zu entwickeln. Zwar trat auch hier mit dem laufenden Studienjahr eine neue Primarstufenausbildung der Pädagogischen Hochschulen in Kraft. Ab Herbst sollen die neuen Studien für die Sekundarstufe Allgemeinbildung beginnen, es sollen 27 Unterrichtsfächer nach neuen Curricula unterrichtet werden. Jedoch wurde bereits vor einem Jahr klar, dass die Bereitschaft zur Zusammenarbeit vor allem zwischen den Pädagogischen Hochschulen und der Universität Wien mit rund 12.000 Lehramtsstudierenden und den drei Pädagogischen Hochschulen enden wollend ist. Die Frage, wer sich wessen Curriculum anpassen oder unterordnen würde und wie die bisherigen Domänen beider Hochschultypen (Fach- und Bildungswissenschaften bei den Universitäten, Schulpraxis und Fachdidaktik bei den Pädagogischen Hochschulen) zusammengeführt werden könnten, ist bis heute nicht beantwortet. Auch konnte bisher noch keine Musik- oder Kunstuniversität mit an Bord geholt werden. „Es gab mehrfach Angebote aller am Verbund Beteiligten Institutionen, Kunstuniversitäten als Kooperationspartner zu gewinnen. Aktuell bemühen sich das Bildungs- und das Wissenschaftsministerium gemeinsam darum, Kunstuniversitäten für die Kooperation zu gewinnen“, sagt Cornelia Blum, stellvertretende Leiterin des Rektoratbüros der Universität Wien.

HOCHSCHULVERBÜNDE: WHO IS WHO

Entwicklungsverbund Mitte (Salzburg, Oberösterreich), zehn Hochschulen:

Universität Salzburg, PH Salzburg Stefan Zweig, KPH Edith Stein, Universität Mozarteum Salzburg, Johannes-Kepler-Universität Linz, PH Oberösterreich, Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz, Kunst-Universität Linz, Katholische Privatuniversität Linz, Anton-Bruckner-Privatuniversität, www.lehrerin-werden.at, www.uni-salzburg.at/lehramt

Entwicklungsverbund Süd-Ost (Steiermark, Kärnten, Burgenland): acht Hochschulen:

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Karl-Franzens-Universität Graz, Kirchliche Pädagogische Hochschule Graz, Pädagogische Hochschule Burgenland, Pädagogische Hochschule Kärnten, Pädagogische Hochschule Steiermark, Kunstuniversität Graz, Technische Universität Graz, www.lehramt-so.at

Entwicklungsverbund West (Tirol, Vorarlberg):

fünf Hochschulen:

KPH Edith Stein, Universität Mozarteum, PH Tirol, PH Vorarlberg, Universität Innsbruck,http://lb-west.at/

Entwicklungsverbund Nord-Ost (Wien, Niederösterreich), fünf Hochschulen:

Universität Wien, PH Wien, PH Niederösterreich, KPH Wien/Krems, Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik

www.lehramt-ost.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2016)

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