Wien erfindet Schultyp für junge Flüchtlinge

So könnte das auch in Wien aussehen: Ausbildungsvorbereitung in Deutschland.
So könnte das auch in Wien aussehen: Ausbildungsvorbereitung in Deutschland.(c) Imago
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Das Wiener College startet Ende August für 1000 Jugendliche. Im 9. und im 10. Bezirk sollen Flüchtlinge im Modulsystem Perspektiven für die Zukunft bekommen.

Wien richtete eine Art eigenen Schultypus für junge Flüchtlinge ein. In diesem "Jugendcollege" sollen sowohl Asylwerber als auch Menschen mit bereits positivem Asylbescheid auf einen Job oder eine weitere Ausbildung vorbereitet werden. Tausend Plätze stehen an zwei Standorten zur Verfügung, die erste Einrichtung im 9. Bezirk startet Ende August ihren Betrieb.

Das Angebot richtet sich in erster Linie an junge Menschen im Alter von 15 bis 21 Jahren, die nicht mehr der Schulpflicht unterstehen, deren Basiskenntnisse oder Fähigkeiten aber noch nicht reichen, um einen Arbeitsplatz zu finden oder - wenn sie noch im Asylverfahren sind und deshalb gar nicht arbeiten dürfen - im regulären Ausbildungssystem Fuß fassen zu können, erklärte Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Mittwoch. Denn man müsse diesen Leuten Perspektiven für die Zukunft geben, um bestmögliche Integration zu erreichen, so der Tenor.

Wer nicht lernen will, bekommt weniger Geld

Laut Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) befinden sich in der Bundeshauptstadt derzeit 3500 Personen der entsprechenden Altersgruppe in Grundversorgung. Dazu kommen noch rund 2200 Asylberechtigte, die beim Arbeitsmarktservice vorgemerkt sind, ergänzte AMS-Wien-Chefin Petra Draxl. Macht unterm Strich eine potenzielle Zielgruppe von etwa 5700 Jugendlichen. Man werde insofern auch kein Problem haben, die Plätze zu füllen, und denke jetzt schon an eine Ausweitung des Angebots, hieß es.

Sollten Jugendliche nicht am Bildungsangebot teilnehmen wollen, drohen übrigens Sanktionen in Form von Kürzungen der Sozialleistungen, stellte Wehsely klar. Dies sei aber auch jetzt schon der Fall, wenn Asylwerber oder -berechtigte etwa AMS-Termine oder Deutschkurse nicht wahrnehmen.

Grundkenntnisse werden ausgetestet

Wie funktioniert das College nun konkret? Am Beginn weisen das AMS Asylberechtigte und der Fonds Soziales Wien Asylwerber der neuen Einrichtung zu. Dort werden dann Basisdaten und Grundkenntnisse erhoben und im Gespräch mit dem Jugendlichen ein persönlicher Bildungsplan erstellt. Für 700 Personen beginnt diese sogenannte Clearing-Phase in diesen Tagen. Sie werden ab Ende August am Standort Spitalgasse 5-9 beginnen. Die restlichen 300 Plätze werden in einer zweiten Einrichtung angesiedelt, die voraussichtlich in Favoriten sein wird. Letzte Gespräche laufen hier noch, für spätestens Oktober strebt man aber den Vollbetrieb an.

Lesen, Schreiben, Rechnen und Fachkurse

Das Bildungsangebot selbst besteht aus verschiedenen Phasen und Modulen. Nach der Vermittlung von Grundkenntnissen wie Deutsch bzw. Lesen, Schreiben und Rechnen gibt es verschiedene Spezialschienen. Sie reichen von politischer Bildung über gesellschaftliches Zusammenleben bis zu Fachkursen inklusive praktischem Werkstättenunterricht und Exkursionen. Flüchtlinge, die auch in ihrer Erstsprache nicht lesen und/oder schreiben können, sollen dies ebenfalls im Jugendcollege erlernen können.

Neun Monate pro Jugendlichem

Abgewickelt wird das Projekt von insgesamt neun Trägerorganisationen - darunter das Integrationshaus, die Caritas oder das WUK. Die Federführung obliegt den Wiener Volkshochschulen. Deren Geschäftsführer Mario Rieder betonte, dass man mit einer durchschnittlichen Verweildauer von neun Monaten rechne. Um den Teilnehmern nach Ende des Colleges eine "gute Landung" zu ermöglichen, werde man kurz vor Auslaufen Schnuppertage in Schulen oder Ausbildungsbetrieben organisieren und Kontakt zu künftigen Bezugspersonen herstellen.

Für das Projekt gibt es jährlich 6 Mio. Euro - wobei die Hälfte aus einem EU-Fördertopf kommt. Vertraglich abgesichert ist die Sache einmal für die nächsten eineinhalb Jahre, wobei grundsätzlich bis 2020 budgetiert wurde, sagte Draxl.

(APA)

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