Nach dem Schlusspfiff auf die Uni

FUSSBALL-LAENDERSPIEL: OESTERREICH - SCHWEDEN
FUSSBALL-LAENDERSPIEL: OESTERREICH - SCHWEDEN(c) APA (Georg Hochmuth)
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Oft wird ein Großereignis abgewartet, doch irgendwann kommt für jeden Sportler der Moment, die aktive Karriere zu beenden – und sich für die Zeit danach zu rüsten.

Martin Stranzl hat schon im Vorfeld der EM den Fußballschuh an den Nagel gehängt, sein italienischer Kollege Luca Toni auch und der 42-jährige Brasilianer Zé Roberto sowieso – der grüne Rasen ist 2016 um einige vertraute Gesichter ärmer geworden. Und abgesehen von diversen Abschieden aus den jeweiligen Nationalteams wird nach der EM als letzten Höhepunkt wohl der eine oder andere Beteiligte seine aktive Karriere beenden. Doch was kommt für Fußballer im Speziellen und Sportler im Allgemeinen danach?

Mit Sport Zulassungskriterien erfüllt

Ein Masterstudium beispielsweise. „Wer unser Masterstudium Ernährung und Sport absolviert, will eine größere berufliche Bandbreite erwerben und auch nach einer aktiven Laufbahn im Sportbereich tätig bleiben“, sagt Lehrgangsleiterin Christiane Fischer an der Donau-Universität Krems. Warum so wenige ehemalige Aktive diese Möglichkeit annehmen, sei ihr unerklärlich. Denn: Wenn ein Sportler zehn Jahre aktiv war, erfüllt er bereits die Zugangsvoraussetzungen für das Studium. In fünf Semestern lernen die Studenten unter anderem die Leistungs- und Funktionsdiagnostik sowie deren kritische Interpretation. Weitere Themen sind der Einfluss von Bewegung, Training, Sport und Ernährung auf den Körper in verschiedenen Altersstufen. „Gerade wer als Trainer für junge Menschen arbeitet, sollte das Wissen um die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Sport an kommende Generationen weitergeben“, meint Fischer. Doch noch ein anderer Markt wird laut der Expertin künftig boomen (müssen): Sport für Senioren. Schließlich sei die Generation 50 plus heute aktiver und Sport nicht nur eine Lifestyle-Komponente, sondern sinnvoll zur Gesunderhaltung.

Ein Grund, warum das akademische Angebot sein Zielpublikum hauptsächlich unter Sportbetreuern und weniger unter Spitzensportlern findet, ist vielleicht eine gewisse Orientierungslosigkeit bei gleichzeitigen Zweifeln, ob Sport als Berufsbild anerkannt ist. Das beobachtet zumindest Roswitha Stadlober, ehemalige Skirennläuferin und Geschäftsführerin von Kada. Das Unternehmen kümmert sich um Sportler, die nach ihrer aktiven Zeit Karriere machen wollen.

Motivierendes Ziel und feste Struktur

„Wichtig dabei ist, dass wie im Sport eine Triebfeder vorhanden ist, dann gelingt der Übergang meistens. Und es braucht eine Struktur. Denn ebenso wie im Sport, bei dem es meist sehr straffe Tagesabläufe gibt, benötigen die meisten eine solche, vielleicht ein wenig abgespeckte Vorgabe.“ Über 500 Sportler in ganz Österreich sind aktuell in Kada-Programmen, die in Kooperation mit diversen akademischen Institutionen stattfinden.

Eine davon ist die Privatuniversität Schloss Seeburg. Dort studieren derzeit in den verschiedenen Programmen rund 20 Spitzen- und Leistungssportler. Angeboten werden ein Bachelorstudiengang zum Thema Sport- und Eventmanagement sowie der Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Sport- und Eventmanagement. „Persönlich halte ich Spitzensportler für besonders geeignete Studierende, weil sie es gelernt haben, willensstark ein Ziel zu verfolgen, sich selbst hervorragend motivieren, auf dieses Ziel fokussieren und unter Druck Spitzenleistungen abrufen können“, sagt Reinhard Grohs, Professor für Sportmanagement an der Uni Schloss Seeburg.

Auch mit der Fachhochschule Wiener Neustadt arbeitet Kada zusammen. Dort werden der Bachelor- und der Masterstudiengang Training und Sport angeboten, die als erste akademische Trainer-, Sportfunktionärs- beziehungsweise Sportmanagementausbildung Österreichs gilt. Nachzuweisen sind die medizinisch-körperliche Eignung, leistungssportlicher Hintergrund, eine Aufstellung über aktuelle Wettkampfteilnahmen und das österreichische Turnabzeichen in Bronze.

„Für viele ist Sport der notwendige bewegungsorientierte Ausgleich zur überwiegenden sitzenden Tätigkeit, Sport ist somit eine Methode, die Gesundheit zu erhalten und beruflichen Stress abzubauen“, sagt Erich Schwarz, wissenschaftlicher Leiter des Universitätslehrgangs Innovationsmanagement und Entrepreneurship in Sport und Tourismus an der Universität Klagenfurt. Deshalb haben in der Vergangenheit vor allem aktive Breitensportler den Lehrgang absolviert. Er will Interessierte dafür ausbilden, innovative gesundheitsfördernde Sport- und Tourismusprojekte auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entwickeln, anzubieten und umzusetzen. Schwarz: „Sport ist zunehmend ein Wirtschaftsfaktor und ein identitätsstiftendes Ereignis.“ Doch ausgerechnet in einem Bundesland, das unter anderem für Beachvolleyballer und Läufer als Dorado gilt, steht noch nicht fest, ob der viersemestrige Lehrgang wieder zustande kommt.

Sicher ist hingegen, dass sich Spitzensportler mit Scheinwerferlichtambitionen die Grundlagen dafür im Universitätslehrgang Sportjournalismus an der Universität Salzburg aneignen können. Der viersemestrige Lehrgang, der seit 15 Jahren besteht, startet jedes Jahr im Oktober. Im Schnitt nehmen 25 Personen teil. Ein Spitzensportler ist meist darunter, „mit dabei waren unter anderem die Skifahrerin Katharina Gutensohn, der Leichtathlet Roland Schwarzl und der Biathlet Felix Gottwald“, erzählt Gerold Sattlecker, stellvertretender Geschäftsführer des Lehrgangs. Viele der Absolventen arbeiten für klassische Medien, viele aber auch für Vereine oder Verbände in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Ehemalige Aktive, die dem Journalisten zur Seite stehen, stoßen aber auch auf Kritik– wie zuletzt in Deutschland wegen der hohen Honorare für Oliver Kahn und Mehmet Scholl bei der EM. „Ich sehe es sehr kritisch, dass so viele Experten eingesetzt werden müssen – das zeigt ja auch, dass die Sportjournalisten offenbar zu wenig Fachkenntnis haben, um allein klarzukommen. Das wollen wir in unserem Lehrgang auch ,bekämpfen‘ – die Teilnehmer sollen eine möglichst umfangreiche Ausbildung bekommen und relevante Aspekte des Sports selbst einschätzen können“, so Sattlecker.

Web:www.fhwn.ac.at

www.kada.co.at

www.uni-seeburg.at

www.donau-uni.ac.at

http://sportwissenschaft.uni-salzburg.at

www.uni-klu.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2016)

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