Von Giftstoffen bis Rechtsfragen

Gesundheit. Das Spektrum an berufsbegleitenden Spezialisierungen für medizinische Berufe ist breit. Drei Beispiele.

Sich laufend fortzubilden, ist in medizinischen Berufen eine Selbstverständlichkeit. Neben dem umfangreichen Kursangebot der Ärztekammern und Berufsverbände bieten auch die Unis berufsbegleitende Lehrgänge, die oft mit einem postgradualen Master-Grad abschließen.

Österreichs größte Medizin-Universität, die Med-Uni Wien, etwa hat 13 Universitätslehrgänge im Programm, die mit Master of Science(MSc.) abschließen, darunter als einen der ältesten den Universitätslehrgang für Toxikologie. Der bereits vor 23 Jahren ins Leben gerufene Lehrgang ist mittlerweile sehr international – etwa die Hälfte der Teilnehmer kommt aus dem Ausland – und wird in englischer Sprache abgehalten.

Schädigung durch Chemikalien

Das Hauptaugenmerk des sechssemestrigen Kurses, der auch von der europäischen Dachgesellschaft Eurotox als Grundlage für die Registrierung als European Registered Toxicologist empfohlen wird, liegt auf der Prävention von Krankheiten, die durch Chemikalien entstehen können. Dazu zählen Krebserkrankungen, Schädigungen der Leibesfrucht oder des Organsystems. „Wir vermitteln, wie Chemikalien schädigen können, wie man etwa im Nahrungsmittel-, Umwelt- oder pharmazeutischen Bereich präventiv arbeiten kann und wie Risk Assessment beziehungsweise Risikoprävention betrieben werden kann“, sagt Lehrgangsleiterin Bettina Grasl-Kraupp. Der Universitätslehrgang werde sowohl von Mitarbeitern europäischer Institutionen, etwa der European Chemicals Agency oder der European Food Safety Authority, frequentiert als auch von österreichischen Institutionen wie der Ages sowie von Personen, die außerhalb Europas oder in sogenannten Entwicklungsländern arbeiteten. „Es ist uns ein großes Anliegen, unser Wissen auch in Länder zu exportieren, in denen Umwelt- und Arbeitnehmerschutz noch nicht selbstverständlich sind“, sagt Grasl-Kraupp. Der Lehrgang startet alle drei Jahre. „Wir nehmen aber mit Ausnahme des letzten Semesters laufend Teilnehmer auf“, so die Lehrgangsleiterin. Das System sei so gestaltet, dass ein Quereinstieg problemlos möglich sei.

Ebenso nachgefragt ist der Universitätslehrgang Early Life Care. Der von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) gemeinsam mit dem Salzburger Bildungshaus St. Virgil veranstaltete Lehrgang bietet eine akademische Weiterbildung aller Berufsgruppen, die mit den Lebensereignissen Schwangerschaft, Geburt und erstem Lebensjahr befasst sind und in dieser Zeit jungen Eltern jene Unterstützung zur Alltagsbewältigung geben, die in der Fachsprache als Frühe Hilfen bezeichnet wird. Aktuelle Themen sind laut Projektleiterin Michaela Luckmann das Biopsychosoziale Modell, Ethische Entscheidungsfindung, Fetale Programmierung oder Psychotraumatologie. Das starke Interesse ist auch hier darauf zurückzuführen, dass der Lehrgang ein europaweit einzigartiges, berufsbegleitendes Bildungsangebot ist. „Einzigartig deshalb, weil er multiprofessionell und interdisziplinär aufgebaut ist, sowohl was die Studierenden als auch die Lehrenden betrifft“, so Luckmann. Early Life Care sei zudem nicht Teil des Regelstudiums in medizinischen Berufen. Hauptzielgruppen seien Mediziner, Psychologen und Therapeuten, Hebammen und Geburtsvorbereiter, Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Pädagogen und Sozialpädagogen – jeweils mit einschlägiger Berufserfahrung. Schließlich liegt der Fokus des Lehrgangs darauf, die Vernetzung der beteiligten Berufsgruppen zu fördern, um gemeinsam bestmögliche Umfeldbedingungen für die Entwicklung von Kindern sicherzustellen. Nach vier Semestern ist ein Abschluss als Akademischer Experte möglich, nach sieben Semestern als Master of Science in Early Life Care.

Medizinrecht wird komplexer

Den immer komplexer werdenden rechtlichen Fragestellungen in der Medizin, vor allem im Zusammenhang mit gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen, begegnet ein Universitätslehrgang für Medizinrecht in Innsbruck. Der Lehrgang, der derzeit zum zweiten Mal läuft (nächster Start Herbst 2017), wird als Kooperation der Uni Innsbruck mit der Med-Uni Innsbruck und den Tirol Kliniken geführt. Das Gros der Lehrleistungen wird von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät erbracht, beim Modul „Einführung in die Medizin und das Gesundheitswesen“ unterstützen die beiden Kooperationspartner.

Das Teilnehmerfeld sei gut durchmischt, sagt Bernhard Koch, wissenschaftlicher Leiter des Programms. Anteilsmäßig dominiert werde die maximal dreißigköpfige Gruppe von Juristen. Fast gleich stark vertreten seien Mediziner, aber auch Betriebswirte, IT-Techniker und andere Berufsgruppen hätten den Lehrgang bereits absolviert. „Diese interdisziplinäre Mischung hat sich von Anfang an sehr bewährt“, so Koch. „Besonders geschätzt wird von den Studierenden auch, dass wir relativ kompakte Studieneinheiten anbieten, also jeweils zwei – in der Regel aufeinanderfolgende – Wochenenden pro Modul.“ Die Prüfung erfolgt dann unmittelbar vor dem nächsten Modul. Das Programm wird mit dem Master of Laws (Medical Law) abgeschlossen.

Web:www.earlylifecare.atwww.meduniwien.ac.at/toxicology

www.uibk.ac.at/medizinrecht

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2016)

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