Neugierde wecken statt Buchrücken abstauben

Bibliotheken sind Orte der Alltagskultur – in der Stadt wie in kleinen Gemeinden.
Bibliotheken sind Orte der Alltagskultur – in der Stadt wie in kleinen Gemeinden.(c) Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

E-Books, hochwertige Spiele oder Autorenlesungen sind heute auch in kleinen Büchereien denkbar, moderne Bibliothekare vorausgesetzt. Wo man lernt, das Interesse für Geschichten und Wissen zu mehren.

Die Liebe zum Buch ist für einen Bibliothekar nach wie vor die wichtigste Voraussetzung, zumindest, wenn es nach Doris Weihs geht, die in der Steiermark als eine von vier sogenannten regionalen Bibliotheksbetreuerinnen tätig ist. Allerdings brauche es auch Skills und ein bestimmtes Wissen. „Der Erfolg hängt zu achtzig Prozent vom Bibliothekspersonal und vom Träger ab.“

Digitale Bibliothek

Und von deren Wissen. Fortbildung ist daher unerlässlich und auch für die ausgebildete Bibliothekarin Teil des Erfolgsrezepts. So besucht sie etwa jährlich ein Seminar zu den Neuheiten der Frankfurter Buchmesser, das vom Büchereiverband Österreichs (BVÖ) im Bundesinstitut für Erwachsenenbildung St. Wolfgang (Bifeb) abgehalten wird. „Das erspart mir sehr viel Zeit. Da werden wichtige Neuerscheinungen der Buchmesse oder neue Kinder- und Jugendliteratur vorgestellt“, so Weihs. Außerdem würden das jeweilige Gastland der Messe und viele andere Fragen der Branche besprochen.

In ihrer Funktion besucht und berät Weihs Bibliotheken in gut drei Dutzend Ortschaften, unter anderem bei der Etablierung eines Online-Ausleihsystems. Mit dem aktuellen Projekt, Digitale Bibliothek (DigiBib), hat sich das Bundesland Steiermark auf die Überholspur begeben. Bis ins kleinste Dorf soll jeder Nutzer, der über einen E-Reader oder ein digitales Endgerät verfügt, die Möglichkeit bekommen, für 20 Euro pro Familienjahreskarte elektronischen Zugriff auf rund 25.000 Medien der Steiermärkischen Landesbibliothek zu bekommen. Den Bibliotheken werden auch Mittel für den Ankauf von Hardware zur Verfügung gestellt. Die Leseinitiative des Landes wurde abgerundet durch eine eigene Kinderzeitung zum Thema Lesen und Lesefeste.

Susanne Tretthahn, Ausbildungsverantwortliche des BVÖ, konzipiert und organisiert die vom Bundeskanzleramt finanzierten Fortbildungen für Bibliothekare wie jenes zur Buchmesse. Jährlich werden bundesweit mehr als 80 Fortbildungsveranstaltungen angeboten, darunter mehrtätige Fortbildungskurse im Bifeb und eintägige Veranstaltungen in allen Bundesländern. Die mehrtägigen Fortbildungskurse behandeln aktuelle Themen wie die „Öffentlichkeitsarbeit in Bibliotheken“. Im Frühsommer finden mit der „Leseakademie“ Workshops und Vorträge zur Leseanimation und Literaturvermittlung in allen Bundesländern statt, im Herbst tourt die Veranstaltungsreihe „Neuerscheinungen der Kinder- und Jugendliteratur“ von Wien bis Vorarlberg. „Dabei werden die interessantesten neuen Bilder-, Kinder- und Jugendbücher präsentiert und Tipps für den Bestandsaufbau der Bibliotheken gegeben. Diese Kurse sind seit Jahren ein fixer Höhepunkt des Fortbildungsprogramms“, berichtet Tretthahn.

Kriminelle Energien

Das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (Bifeb) kooperiert mit dem Büchereiverband Österreichs (BVÖ) und bietet Weiterbildung für Bibliothekare an. Am 24. Oktober beginnt in St. Wolfgang etwa der nächste Lehrgang „124“ für ehrenamtliche und nebenberufliche Bibliothekare. Bifeb-Leiter Christian Kloyber empfiehlt – als buchstäblich spannend – die Fortbildung „Kriminelle Energien in Österreichs Bibliotheken“, die sich dem österreichischen regional verorteten Kriminalroman widmet. Seit 2015 biete das Bifeb außerdem gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung das „Politisch-Literarische Quartett“ an. Auch unter nicht hauptamtlichen Bibliothekaren sei die Bereitschaft, sich einer systematischen und berufsbegleitenden Fortbildung zu unterziehen, groß, sagt Kloyber. „Bibliotheken sind vor allem im ländlichen Raum ein wichtiger Ort zivilgesellschaftlicher und kultureller Teilhabe. Gut ausgebildete Bibliothekare garantieren eine gute Infrastruktur und ein lebendiges Angebot.“ Veranstaltungen, Kommunikation nach außen und das Wecken von Neugierde sind auch aus der Sicht von Doris Weihs ein wichtiger Schritt für Gemeinden. Auch in „ihrer“ Bibliothek im 5000-Seelen-Ort Fernitz-Mellach trugen Lesungen dazu bei, die Zahl der Bibliotheksnutzer innerhalb von fünf Jahren zu verzehnfachen: von 100 auf 1000.

Web:www.bvoe.at, www.bifeb.at, www.erwachsenenbildung.at

(Print-Ausgabe, 22.10.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.