Probleme lösen wichtiger als Technik

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Eine von der FH St. Pölten organisierte Expertenrunde widmete sich am Mittwoch dem Thema Digitalisierung in der Bildung.

Bildung 4.0 – gerüstet für die digitalisierte Arbeitswelt? lautete der Titel einer Expertendiskussion im Rahmen der von der FH St. Pölten in Kooperation mit der „Presse“ organisierten Veranstaltungsreihe wissen.vorsprung. In der Eröffnungsrede machte Hannes Raffeseder, Leiter Forschung und Wissenstransfer FH St. Pölten, auf eine Problematik aufmerksam, die in der Dynamik der Digitalisierung liegt: Zwar ließen sich im Dialog mit der Wirtschaft die heutigen Anforderungen erheben, im Bildungsbereich müsse aber zehn bis zwölf Jahre vorausgedacht werden – in der digitalen Welt eine lange Zeit, wie Raffeseder am Beispiel Smartphones und Nokia illustrierte. Weiterer Hinweis des Experten. „Digitalisierung“ ist zu kurz gegriffen, wenn man nur an Technik denkt, Lifestyle und Organisation der Arbeitswelt sind ebenso betroffen.

Nicht ohne Basiskompetenzen

In der anschließenden Diskussion betonten die Teilnehmer bezüglich der zu vermittelnden Inhalte die entscheidende Rolle der Basiskompetenzen Lesen und Kommunikation als notwendige Grundlage. „Erst dann können digitale Kompetenzen erworben werden“, so Wifo-Arbeitsmarktexpertin Bock-Schappelwein. Für Sonja Lengauer, stellvertretende Bereichsleiterin Bildung und Gesellschaft der IV, können digitale Inhalte hier unterstützen und dabei helfen, Schüler und Studenten zur Erlangung dieser Basiskompetenzen zu motivieren.
Auf der anderen Seite wurde auch Programmieren – Neudeutsch „Coding“ – einhellig als essenzieller Teil des Bildungskanons betrachtet. Wobei der Wert für die Experten nicht in konkreten Programmiersprachen, sondern im dadurch vermittelten strukturierten logischen Denken liegt. Johann Haag, Leiter des Departments Informatik & Security der FH St. Pölten, betonte, dass Fachkompetenz mehr beinhaltet als reines Fachwissen. Entscheidend sei, dass Wissen auch auf neue Situationen anzuwenden und Probleme lösen zu können – auch im Team mit Kollegen. „Hierzu braucht es neben den entsprechenden Methoden auch die Fähigkeit zu Selbstreflexion und Selbstmotivation.“ Fähigkeiten, die laut Haag vor allem im kollaborativen Lernen erworben werden. Dafür müsse man auch entsprechende Räume schaffen, etwa auch außerhalb der Unterrichtszeiten zugängliche Labors. Selbst wenn dort dann nicht immer nur gelernt werde, würden sich laut Haag die Studenten auch fachlich beschäftigen und untereinander austauschen. Weitere praktische Tipps des Experten: Die Wahl der Plattform, auf der gelernt wird, nicht überbewerten sowie eine gewisse Gelassenheit bezüglich Datenschutz.
Bezüglich Didaktik nennt Gerhard Brandhofer von der Pädagogischen Hochschule NÖ drei Faktoren: die Tools, sprich Hard- und Softwareausstattung, die Skills, sprich Kompetenzen der Lehrenden, sowie das „will“, also die Motivation. Während in der Vergangenheit vor allem in Tools investiert wurde, ortet Brandhofer bezüglich Motivation Aufholbedarf. Als wichtigste Maßnahme plädiert er für einen Verzicht auf „Lehrer-Bashing“. Auch Sonja Legauer spricht sich dafür aus, im Sinne der (Hoch-)Schulautonomie die didaktischen Fragen den Lehrenden zu überlassen, die ja den engsten Kontakt zu den Schülern hätten.
Zur Frage ob Schüler und Studenten als Digital Natives ihren Lehrern überlegen oder eher „digital Naives“ sind, bemerkt Brandhofer, dass zwar viel oberflächliches Wissen vorhanden, aber wenig Hintergrundwissen. Weder bezüglich Technik noch was Zusammenhänge, etwa die Konsequenzen eines Facebook-Postings, angeht. In einer Studie zur digitalen Kompetenz von Lehrenden habe sich herausgestellt, dass der Faktor Alter kaum eine Rolle spielt.

Weiterbildung für alle

Dass gerade bei dem Thema Digitalisierung das Lernen nicht mit Schule oder Uni beendet ist, liegt auf der Hand. Lengauer verweist bezüglich Weiterbildung auf eine Mitarbeiterbefragung der IV, wonach nicht so sehr spezifische Studiengänge gefragt sind, sondern die Bereitschaft, benötigte Kenntnisse als Add-on nachzulernen. Für Bock-Schappelwein vom Wifo ist hier wichtig, alle Teile der Belegschaft in die Weiterbildung zu bringen, insbesondere auch Ältere.

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