Für Software ohne Abstürze

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bei PC und Handy ist man Macken fast schon gewohnt. Wenn Software wichtigere Funktionen übernimmt, muss sie aber stabiler und weniger fehleranfällig werden. Auf diese Herausforderung reagieren auch die Bildungsanbieter.

Bezahlen nur mit Bargeld – der Ausfall vieler Bankomatkassen zu Jahresbeginn hat wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, wie weit man im Alltag vom Funktionieren von Software abhängig ist. Das Thema Softwarequalität ist nicht mehr auf elektronische Geräte wie Computer oder Handys beschränkt, sondern umfasst heute wesentlich weitere Bereiche unseres Lebens, vom Finanzwesen bis hin zum Auto.
Zwar ist die Qualitätssicherung bei der Softwareentwicklung Teil jeder Informatik-Ausbildung, „in der Praxis ist das Thema allerdings oft unterrepräsentiert“, sagt Andreas Nehfort, Präsident von STEV Österreich, einem Verein, der sich der Förderung des Software-Qualitätsmanagements widmet. Die Gründe dafür, dass dieses Thema in den klassischen Ausbildungen oft zu wenig berücksichtigt wird, sind für Nehfort vielfältig. Zum einen gebe es aufgrund der rasanten Entwicklung der Technologie keine gewachsene Ingenieurkultur. „Alle paar Jahre gibt es einen Paradigmenwechsel und eine neue Generation von Softwareentwicklern“, so der Experte. Zum anderen seien Softwarefehler – im Gegensatz etwa zu Konstruktionsfehlern bei Gebäuden – scheinbar billig auch im Nachhinein zu beheben. Ein wesentlicher Aspekt ist schließlich die Komplexität. „Allein in der Klimaanlage eines Oberklasse-Pkw hat jede Lüftungsklappe einen Prozessor, insgesamt umfasst die Software moderner Autos etwa 100 Millionen Codezeilen“, verdeutlicht Nehfort. Neben internen Fehlern seien auch Hackerangriffe von außerhalb ein Thema. „Die zunehmende Vernetzung birgt viele Möglichkeiten, aber auch Gefahren. Der unbefugte Zutritt erfolgt oft über scheinbar nicht sicherheitsrelevante Software“, warnt der Experte.

Mehr Qualitätsbewusstsein

Als Lösungsansatz nennt Nehfort vor allem mehr Qualitätsbewusstsein. „Es gibt entsprechende Standards, allerdings klafft eine Lücke zwischen dem Stand der Technik und dem Stand der Anwendung.“ Auch interaktive Softwareentwicklung mit laufendem Feedback sowie automatische Tests während der Entwicklung können zur Fehlervermeidung beitragen. Als einschlägige Ausbildung nennt Nehfort vor allem fachspezifische Trainings, insbesondere im Rahmen der Zertifizierung des International Software Testing Qualifications Board (ISTQB). Nach einer Basiszertifizierung im Ausmaß von einigen Seminartagen steht den Teilnehmern eine Reihe von Weiterqualifizierungen und Spezialisierungen offen. Durchgeführt werden die ISTQB-Kurse von Partnern, die vom Austrian Testing Board akkreditiert sind. Zwar gebe es keine formalen Voraussetzungen, am meisten profitierten allerdings Praktiker mit Programmiererfahrung. Laut Nehfort werden die ISTQB-Zertifikate von der Industrie sehr geschätzt.

Neuer Lehrgang für Tester

Die Nachfrage aus der Wirtschaft war auch der Anstoß für das neue Kurzstudium Software Testing, das im März an der FH Technikum Wien startet. „Durch die einerseits hohen Erwartungen der User und die andererseits steigende Komplexität der Anwendungen im App- und Webbereich hat das Thema heute einen völlig anderen Stellenwert als noch vor einigen Jahren“, sagt Gabriele Költringer, Leiterin der Technikum Wien Academy. „Das Curriculum des dreisemestrigen Lehrgangs umfasst drei Bereiche: grundlegende technische Aspekte, das eigentliche Softwaretesten sowie Management- und Sozialkompetenzen. Mögliche Arbeitgeber sind sowohl Entwickler und IT-Dienstleister als auch Anwender wie Finanz- oder Logistikunternehmen. Zugangsvoraussetzungen sind Studienberechtigung oder einschlägige Fachkenntnisse, abgeschlossen wird mit dem Zertifikat Akademischer Software Tester. Die Kosten betragen 8700 Euro. Am 17. Jänner findet ein Info-Abend statt.
Nicht primär als Studium für Softwarequalität konzipiert, aber doch sehr mit dem Thema befasst ist etwa der postgraduale Master Systems Engineering Leadership, der seit einigen Jahren an der FH Campus 02 angeboten wird. Zielgruppe sind hier Softwareentwickler am Sprung zur Führungskraft, so Studiengangsleiter Stefan Grünwald. Neben Kernthemen wie agiler oder modulbasierter Softwareentwicklung wird auch der Qualitätssicherung breiter Raum gegeben. Der viersemestrige Master wird in Kooperation mit einem IT-Schulungsunternehmen in Hamburg durchgeführt und hat einen hohen Fernlernanteil. Die Präsenzeinheiten finden geblockt in Graz und Hamburg statt.

Web: www.austriantestingboard.at ,
www.technikum-wien.at/software-testing
www.campus02.at/wirtschaftsinformatik

TERMIN

Software Quality Days 2017.
Die alljährliche Veranstaltung zum Thema Softwarequalität findet heuer von 17. bis 20. Jänner im Austria Trend Hotel Savoyen in Wien statt. In Vorträgen und Workshops werden quer durch alle Branchen diverse Themengebiete behandelt, die die Qualität von Software beeinflussen. Am zweiten Tag findet im Rahmen der Veranstaltung auch die STEV-Fachtagung der Vereinigung für Software-Qualitätsmanagement statt.
www.2017.software-quality-days.com

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