Umwelt- und Verfahrenstechnik: Neue Verfahren eingeführt

Die TU Graz vermittelt Know-how, um Erdölprodukte durch Erzeugnisse aus biogenen Rohstoffen zu ersetzen.
Die TU Graz vermittelt Know-how, um Erdölprodukte durch Erzeugnisse aus biogenen Rohstoffen zu ersetzen.(c) TU Graz/Lunghammer
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Neue und neu konzipierte Masterstudien sollen zur ökologischen Wende beitragen und dem regionalen Fachkräftemangel entgegenwirken.

Die Abhängigkeit von Erdöl zu reduzieren ist ein generelles Anliegen und auch Kernmotivation des Masterstudiums Biorefinery Engineering an der TU Graz. Dabei geht es um die Frage, wie Erdöl am besten durch biogene Ressourcen wie Agrar-Rohstoffe, Holzabfälle und Ähnliches ersetzt werden kann. Dabei ist sowohl die energetische als auch die stoffliche Nutzung des Erdöls Thema, „der Fokus liegt aber auf der stofflichen Nutzung“, sagt Wolfgang Bauer, Studiendekan für Verfahrenstechnik an der TU Graz. Sprich, jene zahllosen Stoffe, die derzeit aus Erdöl hergestellt werden, sollen durch biogene Stoffe ersetzt werden. Die Problematik dabei: Biogene Stoffe sind komplexer aufgebaut als Erdöl.

Es gibt zu ihrer industriellen Verwertung zwei Strategien, erklärt Bauer: Aus ihnen dieselben Grundstoffe wie aus Erdöl zu gewinnen, („Drop in“), was zwar möglich, aber aufwendig ist, oder ihre Eigenschaften zu nutzen („Use as it is“), was allerdings in der weiteren Verarbeitung neue Anlagen erfordert. Unter ökologischen wie ökonomischen Gesichtspunkten zwischen diesen Strategien abwägen zu können, ist ein Beispiel für das Know-how, das die Absolventen des neuen Masterstudiums auszeichnen soll. Neben dem spezifischen Wissen um die Verwertung biogener Stoffe wird in erster Linie Verfahrenstechnik gelehrt, also das Umsetzen chemischer Prozesse in industriellem Maßstab. Diese Betonung der ingenieurwissenschaftlichen Komponente ist laut Bauer auch eine Abgrenzung zur einschlägigen Expertise an der Boku in Wien. Chemische Grundlagen sind nicht Teil des Curriculums, sondern werden vorausgesetzt. Zielgruppe sind also Absolventen eines Chemiestudiums oder ähnlicher Fächer.

Der Masterstudiengang in Graz ist, gemeinsam mit einem Masterstudiengang an der Universität in Twente, NL, der sich mit der Wertschöpfungskette von Bioressourcen beschäftigt, Teil des EU-Projekts Bioenergy-Train. An diesem sind insgesamt 15 Institutionen, darunter mehrere Hochschulen, beteiligt, um postgraduale Curricula zu Bioenergie zu erarbeiten. Im Rahmen dieses Projekts sollen Studenten aus Graz und jene des mehr wirtschaftlich ausgelegten Studiums in Twente gemeinsame Summer Schools und andere Kurse besuchen. Auch sollen Inhalte der Lehrveranstaltungen anderen Unis und Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Die EU rechnet bis 2030 mit einem europaweiten Bedarf von 2000 bis 3000 Experten. Selbst wenn diese Prognosen etwas zu optimistisch sein sollten, könnten die Absolventen laut Bauer problemlos in der herkömmlichen Verfahrenstechnik eingesetzt werden. Die Kombination aus solidem Wissen in der Verfahrenstechnik und Spezial-Know-how seien die Stärke des Studiums. Dieses wird in Englisch abgehalten. Eine berufsbegleitende Variante und Weiterbildungslehrgänge sind – je nach Kapazität und Nachfrage – für die Zukunft angedacht.

Neue Wahlfächer in Innsbruck

Nicht vollständig neu, aber so umfassend umgestaltet, dass eine neuerliche Akkreditierung notwendig ist, ist der Masterlehrgang Umwelt-, Verfahrens- und Energietechnik am MCI in Innsbruck. Wie das Studium in Graz beinhaltet es im Kern Verfahrenstechnik. Wesentliche geplante Neuerung sind die beiden zusätzlichen Wahlfächer Anlagenbau und Chemieingenieurwesen. Gemeinsam mit Energie- und Umwelttechnik stehen insgesamt vier Spezialisierungen und, da zwei davon absolviert werden müssen, sechs Kombinationsmöglichkeiten zur Verfügung. Mit der Erweiterung der Wahlmöglichkeiten sei man dem Wunsch der Studenten nachgekommen, so Studiengangsleiter Marco Rupprich. Die Vertiefung Anlagenbau habe sich angeboten, da bereits jetzt viele Absolventen in dem Bereich unterkommen. Chemieingenieurwesen wiederum wurde auch aus standortpolitischen Gründen implementiert, mit Blick auf eine Initiative des Landes Tirol, die darauf abzielt, einschlägige Fachkräfte im Land auszubilden und zu halten. Im Rahmen derer entstand bereits eine Chemie-HTL. Das nunmehrige Masterstudium versteht sich – nach einem Bachelor – auch als weiterführendes Angebot für deren Absolventen, wie Rupprich erklärt.

Der neu gestaltete Master wird wie der Vorgänger sowohl Vollzeit als auch berufsbegleitend angeboten, wobei die Vollzeitvariante nun in Englisch abgehalten wird, auch um internationale Studenten und in der Folge Fachkräfte in die Region zu holen. Der berufsbegleitende Zweig verzeichnete zuletzt einen Rückgang, was auch ein Zeichen besserer Konjunktur ist. Rupprich appelliert an die Unternehmen, die Weiterbildung dennoch nicht zu vernachlässigen.

(Print-Ausgabe, 18.03.2017)

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