Flüchtlingsbetreuung: Hilfe in allen Lebenslagen

Nicht nur Flüchtlinge, auch ihre (oft ehrenamtlichen) Lehrer benötigen spezifische Kurse.
Nicht nur Flüchtlinge, auch ihre (oft ehrenamtlichen) Lehrer benötigen spezifische Kurse.(c) Clemens Fabry
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Ob ehrenamtlicher Helfer, Lehrer, Berufsberater oder Jurist, sie alle können bei der Tätigkeit mit Geflüchteten entsprechende Weiterbildung gebrauchen.

Zwei Jahre, nachdem die große Fluchtbewegung von Menschen verschiedener Kontinente, Religionen und Kulturen in Europa angekommen ist, ist man auch in Österreich um viele Erfahrungen reicher. Unter anderem stellte sich heraus, dass nicht nur die Geflüchteten Aus- und Weiterbildung benötigen, sondern dass auch jene, die sie als Privatpersonen oder von Berufs wegen unterstützen, für diese Aufgabe Professionalisierung und Schulung gebrauchen können. Denn die Probleme sind vielfältig – allein schon im Ausbildungsbereich.

Laut den Teilnehmern einer neuen Fortbildung für Bildungs- und Berufsberater sei es speziell in ländlichen Regionen schwierig, Lehrstellen oder Plätze in weiterführenden Schulen oder in Basisbildungs- und Deutschkursen und in Lehrgängen für den Pflichtschulabschluss zu finden. Auch Studienplätze an Hochschulen für Asylbewerber mit entsprechender Vorbildung zu finden und dazu Förderprogramme ist eine Herausforderung. Dazu kämen aufenthaltsrechtliche, aber auch finanzielle Fragen, die auch die Ausbildung beträfen; außerdem alle Probleme, die ein laufendes Asylverfahren mit unklarem Ausgang mit sich bringen könne, und nicht zuletzt die Traumata Geflüchteter. „Hier ist es wichtig zu wissen, wie die Beziehungsarbeit mit Traumatisierten erfolgen kann und worauf in der Beratung Rücksicht genommen werden muss“, sagt Karin Bittner, Referentin des Lehrgangs, der im März 2107 erstmals am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (Bifeb) abgehalten wurde. Ende Oktober startet ein zweiter Durchgang.

Gratiskurse in ganz Österreich

Schnell reagiert auf die Entwicklungen des Jahres 2015 hat der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF). „Der rasche Erwerb der deutschen Sprache und die Vermittlung von Grundwerten sind die wichtigsten Grundsteine für die Integration“, sagt ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf. Deshalb biete der ÖIF Lehrern und Ehrenamtlichen kostenlose Weiterbildungen an. Von den Gemeinden oder Schulen müssen nur eine passende Örtlichkeit und Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Die Werteworkshops dauern zwei bis drei Stunden und finden bedarfsorientiert in ganz Österreich statt. Der ÖIF bringt dabei seine Expertise aus dem gesetzlichen Auftrag zur Abhaltung von Werte- und Orientierungskursen ein. Die ÖIF-Trainer erläutern die Inhalte dieser Kurse, teilen ihre eigenen Erfahrungen und geben praktische Tipps für die Arbeit mit Flüchtlingen.

Um das Zusammenleben von jungen Menschen verschiedener Herkunft, Kultur und Religion an Schulen zu verbessern, hält der ÖIF seit vergangenem Jahr in Kooperation mit pädagogischen Hochschulen Nachmittagsseminare für Lehrer ab. Dabei geht es um Zahlen, Fakten und Begriffe aus dem Integrationsbereich, um Wertevermittlung an Schulen, aber auch um Themen wie interkulturelle Elternarbeit oder Deutschsensibilisierung im Mathematikunterricht.

Der einzige Lehrgang österreichweit, der eine fundierte juristische Ausbildung in diesem Bereich bietet – kombiniert mit Persönlichkeitsbildung und einem Volontariat in Beratungseinrichtungen – ist „Rechtsberatung im Asyl- und Fremdenwesen“ der Caritas. An den juridischen Fakultäten würden die Themen Asyl- und Fremdenrecht als ein Teil des Verwaltungsrechts kaum je im Detail oder aus der Perspektive der Praxis behandelt, begründet Lehrgangsleiterin Jasmin Gerges die Notwendigkeit. „Die Materie ist komplex und unterlag in den vergangenen Jahren laufenden Novellierungen. Daher müssen sich im Bereich tätige Personen und solche, die es werden wollen, regelmäßig weiterbilden.“ Hinzu komme, dass die Klienten meist sprach- und rechtsunkundig und oft traumatisiert seien.

Der berufsbegleitende Lehrgang richtet sich an Jusstudenten und Juristen, die ihre Kompetenzen im Asyl- und Fremdenrecht erweitern möchten, steht aber auch Nichtjuristen mit Vorerfahrungen offen. „Einige Absolventen fanden Anstellungen bei Behörden und Gerichten, etwa beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, am Bundesverwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof“, sagt Gerges. Der nächste Caritas-Lehrgang soll im März 2018 beginnen.

Web:www.bifeb.at, www.caritas.at

www.integrationsfonds.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2017)

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