Wirtschaftstreuhänder: Rechtlich firm und teamfähig

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Von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern werden zunehmend Kompetenzen gefordert, die weit über den sachkundigen Umgang mit Zahlen hinausgehen.

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gehören in Österreich zu den freien Berufen, deren Zugang traditionell streng geregelt ist. Zwar kann man demnächst auch Wirtschaftsprüfer werden, auch ohne Steuerberater zu sein, und die beiden Prüfungen können jeweils getrennt absolviert werden – mit der Option, die jeweils anderen Module nachzuholen. Andererseits. Dennoch wurde das Wirtschaftstreuhänderberufsgesetz 2017 teilweise noch verschärft. Bei der Steuerberaterfachprüfung werden nun auch etliche Rechtsbereiche schriftlich geprüft. Für Steuerberater und für Wirtschaftsprüfer bestehe zudem eine Pflicht zu regelmäßiger Fortbildung, die für diesen Berufsstand angesichts permanenter Änderungen der einschlägigen Vorschriften ohnehin unerlässlich sei, sagt Gerhard Stangl, Geschäftsführer der Akademie der Wirtschaftstreuhänder.

Datenschutz und Steuerreform

Ein zunehmend wichtiges Gebiet seien Digitalisierung und Datenschutz. Ein weiteres Thema ist die zu erwartende Steuerreform der neuen Bundesregierung. „Es wurden ja bereits wesentliche strukturelle Änderungen im Steuerrecht angekündigt. Ein Bierdeckel für eine Steuererklärung wird nach wie vor nicht ausreichen, daher wird eine allfällige Steuerreform einen entsprechenden Informationsbedarf bei Steuerberatern auslösen.“

Die Akademie der Wirtschaftstreuhänder hat in Kooperation mit zwei Universitäten weiterbildende, privat zu finanzierende Masterprogramme entwickelt, die mit dem Grad eines LL. M. (Master of Laws) abschließen: Das Studium International Tax Law an der WU Wien existiere seit fast 20 Jahren mit über 600 Absolventen aus der ganzen Welt, sagt Stangl. Das zweite Studium, Steuerrecht und Rechnungslegung der Universität Wien, bietet vor allem Juristen die Ergänzung ihres Rechtswissens durch Bilanzierungskenntnisse. „Damit können sie neben klassischen Rechtsberufen wie Richter und Rechtsanwalt auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder CFO in einem großen Unternehmen werden“, sagt Stangl.

An der FH Campus Wien wird Tax Management als berufsbegleitendes Bachelor- und Masterstudium angeboten. Beide gehen auf eine akademische Ausbildung zurück, die 2009 für Betriebsprüfer und Angehörige der Finanzverwaltung gestartet und zwei Jahre später für externe Interessenten geöffnet wurde. Die Ausbildung bereitet jedoch laut Studiengangsleiter Friedrich Stanzel nicht nur auf eine Tätigkeit in der Finanz vor, sondern auch in internationalen Konzernen, in denen Rechnungslegung nach IFRS (International Financial Reporting Standards) verpflichtend ist. Speziell das Masterstudium sei für viele Absolventen zudem der Ausgangspunkt für die Prüfung zum Steuerberater.

Als größtes Asset sieht Stanzel die Praxisorientierung des Studiums. Ein Drittel der Lehrenden komme aus dem Finanzwesen, ein weiteres bestehe aus Steuerberatern. Daraus ergebe sich ein im Beruf sehr gut nutzbares Netzwerk. Die fachlichen Herausforderungen an die Berufsgruppe liegen für Stanzel auf der Hand. „Die Wirtschaft verändert sich sehr schnell, man denke nur an die Globalisierung und die Digitalisierungswelle.“

Auch Soft Skills gefragt

Neben fachlichen Fähigkeiten werden im Studium auch Soft Skills trainiert. „Teamfähigkeit ist heute ein Grunderfordernis. Bei großen Fällen arbeiten mehrere Steuerberater zusammen. Unsere Studierenden müssen Themen im Team erarbeiten.“ Bei kleineren Firmen mit nur einem Steuerberater hingegen sei für diesen nicht Teamfähigkeit, sondern Selbstbewusstsein die entscheidende Qualität. „Wenn er nicht sicher ist, wird er bestimmte Dinge gegenüber dem Kunden nicht aufgreifen. Um sicher zu sein, muss man aber das entsprechende Wissen mitbringen.“ (epi)

Web: www.wt-akademie.at, www.international-tax-law.at, www.jku.at, www.postgraduatecenter.at, www.fh-campuswien.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2017)

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