Supervision: Blick für berufliche Probleme

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In psychosozialen Berufen schon Standard, hinkt die Wirtschaft bei der institutionalisierten Beratung nach, obwohl sie Burn-out oder Konflikte vermeiden könnte.

Supervision sollte in jedem Job zu den regelmäßigen Bestandteilen der Arbeit zählen. Erfreulicherweise beobachten wir einen Trend in diese Richtung. Supervision wird immer öfter und in immer mehr Branchen zu einer Selbstverständlichkeit“, sagt Wolfgang Knopf, Geschäftsführer der Österreichischen Vereinigung für Supervision und Coaching ÖVS. Eine gesetzliche Regelung, etwa „auf Krankenschein“, hält Knopf für nicht angemessen: „Supervision versteht sich nicht als Therapie, sondern hilft, berufliche Situationen zu reflektieren und befriedigend zu gestalten. Auch wenn sie einem Burn-out vorbeugen kann – Arbeitsbelastung ist keine Krankheit und daher Supervision kein Thema für die Krankenkassen.“

Sowohl die ÖVS als auch der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie definieren dieses Beratungsformat unter dem beruflichen Aspekt. Es unterstützt durch Reflexion, berufliches Handeln effizient und zufriedenstellend zu gestalten sowie besser mit dem Privatleben zu vereinbaren. Wenn dieses unter der Arbeit leidet, sollte man über eine Supervisionsberatung nachdenken: „Anzeichen sind etwa Ein- und Durchschlafschwierigkeiten. Man kann nicht mehr abschalten und spricht privat nur noch über berufliche Themen“, erläutert Brigitte Schigl. Sie leitet den Masterstudiengang Supervision und Coaching an der Donau-Uni Krems. In sieben Semestern werden Kenntnisse über Theorien, Methoden und die Entwicklung personaler, sozialer und professioneller Kompetenz im Supervisionskontext vermittelt. „Zwei Drittel unserer Studierenden kommt aus dem psychosozialen Bereich, ein Drittel aus der Wirtschaft, etwa aus der Organisationsentwicklung und Qualitätssicherung.“ In Kombination mit einer weiteren Beratungsqualifikation oder einer Lehrtätigkeit würde es einige der Absolventen in die Selbstständigkeit ziehen. Die meisten allerdings üben Supervision als Nebentätigkeit zu einem festen Angestelltenverhältnis aus.

Für wünschenswert hält Doris Maria Paumgartner eine verpflichtende Supervision für Menschen mit beruflichen Reibungspunkten. Sie ist die Geschäftsführerin des Universitätslehrgangs Supervision, Coaching, Mediation an der Uni Salzburg: „Vor allem die Wirtschaft hinkt noch insofern hinterher, als dass sie ihren Mitarbeitern selten Supervision anbietet. Im psychosozialen Bereich ist das ja inzwischen Standard.“

Abgrenzung zum Coaching

Meist werde Supervision im unternehmerischen Umfeld als Coaching bezeichnet, was aber nicht stimme, da Coaching persönlichkeitsbezogene Ziele verfolge. Die Studierenden des Masterlehrgangs kämen vor allem aus der Personalentwicklung. „Wir haben einige Teilnehmer ab 40, die ihr großes berufliches Erfahrungswissen mit Theorie vertiefen wollen“, sagt Paumgartner. Diese Theorie umfasst psychologische Grundlagen der Beratung, Ökonomie und Recht sowie – und das sei das Alleinstellungsmerkmal – Mediation.

Ein berufsbegleitendes Masterprogramm zum Thema Systemische Supervision und Coaching bietet das Austrian Institute of Management AIM der FH Burgenland. Der Supervisionsmaster wird in Kooperation mit dem Arbeitskreis für Systemische Sozialarbeit, Beratung und Supervision (Asys) veranstaltet: „Wir wenden uns insbesondere an Personen aus den Feldern Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Bildung und Gesundheit, also aus sozialen Berufen“, erläutert Lehrgangsleiterin Michaela Judy. Sie betont den Präventionsaspekt: „Organisationen bieten Supervision am besten dann an, wenn Mitarbeitende besonders herausfordernden oder belastenden Arbeitssituationen ausgesetzt sind, wenn es um Klärung von Aufgaben und Funktionen geht oder Veränderungsprozesse zu gestalten sind.“ Der vierjährige Masterstudiengang umfasst sechs Bereiche: die professionelle Identität, das Denken und Handeln in Organisationsstrukturen, das Intervenieren in sozialen Prozessen sowie die Vermittlung handlungsleitender Theorie und Entwicklung eines supervisorischen Funktionsverständnisses und Funktionsbewusstseins. Zudem werden die Studierenden mit Know-how zum Selbst- und Erfahrungslernen ausgestattet.

Auch das Postgraduate Center der Uni Wien bildet in Supervision aus. „Die Teilnehmer wollen einen neuen Beruf erlernen, der ein spannendes und vielfältiges Arbeitsfeld eröffnet, oder Führungsaufgaben besser bewältigen“, erklärt Studiengangsleiterin Kornelia Steinhardt. „Gerade für Führungskräfte stellt Supervision ein wichtiges Instrument zur Reflexion der beruflichen Aufgaben und der Gestaltung der Führungsrolle dar“. Das Masterstudium dauert sieben Semester, alternativ kann der sechssemestrige Universitätslehrgang mit zwei weiteren Semestern mit dem Master abgeschlossen werden.

Web: http://aim.ac.at, www.donau-uni.ac.at,
www.uni-salzburg.at,www.postgraduatecenter.at,
www.oevs.or.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2017)

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