Virtuelle Welten erschaffen

Ein Game Designer muss verschiedenste Aspekte der Spieleentwicklung im Blick haben.
Ein Game Designer muss verschiedenste Aspekte der Spieleentwicklung im Blick haben.FH OÖ
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Wer Spiele entwickeln möchte, muss mehr können als leidenschaftlich gern zu zocken. Das zeigen Ausbildungen in Österreich.

Wie viele Schüsse sind notwendig, um ein Schild zu zerstören? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen Game Designer, wenn sie Spiele entwickeln. Sie entwerfen das Konzept und die Regeln eines Spiels, überlegen sich Interaktionen und welche Herausforderungen zu welchem Ziel führen sollen. Waren es früher oft Einzelgänger, die Spiele im Alleingang entwickelt haben, befassen sich heutzutage zahlreiche in Teams organisierte Spezialisten mit der Entwicklung von Computerspielen. Sie erarbeiten die Mimik von Charakteren, als Camera Artists die passende Bewegung der Computerfigur vor der Kamera, oder übersetzen beim Motion Capturing per Kamera aufgenommene Bewegungen von Schauspielern in die virtuelle Welt. Game Designer halten diese Teams zusammen und bewahren den Überblick.

„Ein guter Game Designer muss das Spielziel kommunizieren, das Team inspirieren und sich in die Arbeit der Teammitglieder hineindenken können“, weiß Jeremiah Diephuis, Professor für Medientechnik und Design an der FH Oberösterreich in Hagenberg. Sie behalten den Überblick und beherrschen die „Sprachen der anderen“: Neben Problemlösungsfähigkeit zeigen Game Designer Affinität zu Mathematik und Logik und verfügen im Idealfall über grafisches und zeichnerisches Vorwissen und räumliches Vorstellungsvermögen. In Hagenberg gibt es dazu zwar keinen eigenen Studiengang, doch ist Game Design ein Teilbereich des Studiums Medientechnik und Design. Außerdem können sich Studenten in einem der beiden Masterstudiengänge Interactive Media und Digital Arts Spielen widmen.

Am Wiener SAE Institute gibt es zwei Fachbereiche, die sich ausschließlich dem Game Design widmen. Die Studenten von Game Art Animation oder Games Programming lernen zu modellieren, zu animieren und zu programmieren. Voraussetzung für die Diplom- bzw. Bachelorstudien sind eine abgeschlossene Pflichtschulausbildung und ein Mindestalter von 18 Jahren.

Gern spielen allein genügt nicht

Ulrich Neumayer, Fachbereichsleiter Game Design am SAE Institute, bemängelt, dass sich oft Jugendliche bewerben, die Spieleentwicklung nur erlernen möchten, weil sie gern Videospiele spielen. Das bestätigt Mathias Lux, Vorsitzender der Curricularkommission „Game Studies and Engineering“ an der Klagenfurter Alpen-Adria-Universität (AAU): „Nicht jeder, der gern liest, ist auch Autor, nicht jeder, der gern isst, Koch. Es reicht nicht, wenn Studenten sagen, sie spielen gern. Man muss darüber nachdenken wollen, warum einem ein Spiel gefällt.”

Erst seit zwei Jahren gibt es das Studium an der AAU, bei dem man sich der Welt der Spiele mit interdisziplinärem Zugang nähert. Das Masterstudium belegen Linguisten, angewandte Informatiker, Medienwissenschaftler und Anglistiker. Sie sollen Fachwissen mitbringen, um sich danach damit zu befassen, wie Spiele auf die Gesellschaft wirken. Lux ist überzeugt: „Ein gutes Game schafft es, möglichst viele Menschen auf einer Ebene zu berühren, indem es User vor moralische Entscheidungen stellt.“

Jobs oft abseits der Kernbranche

Selbst mit guten Spielen würden hierzulande jedoch nur wenige Absolventen den Einstieg in die Spielebranche schaffen. Zwar gebe es auch in Österreich Firmen, die erfolgreich Spiele entwickeln und Spieleideen verkaufen, doch die hiesige Szene bleibt klein, weiß Neumayer: „Die österreichische Spieleindustrie ist überschaubar. Deswegen schauen wir in der Ausbildung von Anfang an darauf, dass wir unsere Studenten breit aufstellen.“ Mit Programmier- und Modellierskills könne man schließlich mehr als nur Unterhaltungsspiele entwickeln: von Architektur- über Produktvisualisierung bis hin zu Gamification, bei der spieletypische Elemente in einen spielefremden Kontext eingebaut werden. Ein Drittel finde im In- oder Ausland den Weg in die Unterhaltungsindustrie, viele arbeiten nach der Ausbildung in anderen Branchen, darunter Banken oder Versicherungen. Manche Absolventen landen auch als Spieletester in Quality-&-Assurance-Positionen. Die wichtigste Eigenschaft, laut Neumayer: „Unsere Studenten müssen über den Tellerrand blicken.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2019)

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