Bio- und Nanomedizin: Bis ins allerkleinste Detail

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Wer sich im Kleinen auskennt, kann auch im Großen viel bewirken: An der Schnittstelle von Therapie und Technik widmen sich neue Masterstudien der Herausforderung, effiziente Heilmethoden zu entwickeln.

Im Labor hergestellte Haut-, Muskel- oder Knorpelgewebe; Wirkstoffe, die mittels klitzekleiner Strukturen gezielt auf erkranktes Gewebe gelenkt werden und damit den therapeutischen Effekt verbessern können – was sich für viele Menschen wie Zukunftsmusik anhört, ist dank bahnbrechender Entwicklungen in der Bio- oder Nanomedizin bereits heute möglich.

Regenerative Medizin

Eine Reihe von berufsbegleitenden Masterausbildungen widmet sich den interdisziplinären Ansätzen, die unter anderem Wissenschaften wie Biologie, Chemie, Technologie und Medizin zusammenführen. Angesprochen werden sollen in erster Linie die Absolventen von naturwissenschaftlichen und medizinischen Studien.

Ab dem kommenden Oktober bietet die FH Technikum Wien erstmals das berufsbegleitende Masterstudium Tissue Engineering and Regenerative Medicine an. Dabei handelt es sich laut Lehrgangsleiterin Carina Huber-Gries um sehr zukunftsträchtige Sparten in der Biomedizin, die das Ziel verfolgen, krankes oder verletztes Haut-, Muskel- oder Knorpelgewebe durch im Labor künstlich hergestelltes Gewebe auszutauschen. „Dazu werden Zellen in eine dreidimensionale Struktur gebracht und mechanisch oder biochemisch stimuliert“, so Huber-Gries. Die Stimulation sei notwendig, damit die gewünschten Eigenschaften entwickelt werden. So werden etwa künftige Muskelzellen in einem Bioreaktor „gezogen“ und „gespannt“.

Wie die Lehrgangsleiterin bekräftigt, wird an der FH Technikum Wien von den Studenten ein hohes Maß an Selbstständigkeit verlangt. „Sie müssen von der ersten Stunde an selbst forschen“, so die Expertin. Zu den Schwerpunktthemen zählen neben der Zell- und Gewebekultur und regenerativer Medizin unter anderem Bio- und Nanotechnologie. Idealerweise würden die Studenten aus der Medizin oder der Pharmabranche kommen – da der Unterricht auf Englisch erfolgt, werden gute Kenntnisse vorausgesetzt. „Wir wünschen uns, dass es zu einem Geben und Nehmen kommt, von dem beiden Seiten profitieren“, erklärt sie.

Stark an der aktuellen Forschung orientiert sich auch der Masterlehrgang Biomedizinische Analytik der FH Campus Wien. Angesichts der Tatsache, dass die medizinische Diagnostik sehr komplex geworden ist, habe man sich vor drei Jahren dazu entschlossen, zusätzlich zum Bachelorstudium eine Vertiefung anzubieten, so Lehrgangsleiterin Martina Fondi. Die Grundlagenforschung sei sehr breit angelegt. Ein besonderes Anliegen ist dabei, die Ergebnisse auch in der medizinischen Diagnostik zur Anwendung bringen zu können. Als großes Thema in der Biomedizin bezeichnet Fondi die nach Transplantationen eingesetzten Immunsuppressiva. Die Medikamente sollen Abstoßungsreaktionen verhindern. „Ist hier die Dosierung nicht richtig, kann es zu Krebserkrankungen kommen“, so die Expertin. Dementsprechend wichtig sei intensive Forschungsarbeit. Nicht minder wichtig wären Fortschritte auf dem Gebiet der Tumorbehandlung und -diagnostik. „Man kann bereits Tumore auf der genetischen Ebene gut entschlüsseln und wird in Zukunft maßgeschneiderte Therapien entwickeln können.“

Drei Anbieter, ein Studium

Eine Kooperation zwischen drei heimischen Universitäten – sprich, der Donau-Universität Krems, der TU Wien sowie der Universität für Bodenkultur Wien – stellt das erstmals im kommenden Herbst stattfindende Masterstudium NanoBiosciences & NanoMedicine dar. „Dass drei Universitäten gemeinsam ein Studium anbieten, hat es in Österreich noch nie gegeben. Weltweit einzigartig ist wiederum die Ausgiebigkeit, mit der wir uns dem Thema Nanobioscience und Nanomedicine widmen“, sagt die Programmkoordinatorin Margit Malatschnig. Die Nanotechnologie wird von vielen Experten als eine der Schlüsseltechnologien des 21.Jahrhunderts gesehen. Konkret beschäftigt sich die Materie mit Effekten allerkleinster Strukturen im Bereich weniger Nanometer. Ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter. Mit den Nanostrukturen, die aus Naturstoffen oder künstlichen Materialien hergestellt werden, können in der Medizin die Diagnose und Therapie von Krankheiten erleichtert werden – etwa, indem Wirkstoffe gezielt an eine bestimmte Stelle gelenkt werden, um ihre Wirkung zu verstärken. „In Österreich gibt es viel Expertise auf dem Gebiet“, so Malatschnig weiter. Das lässt sich auch aus der Liste der Vortragenden schließen – sie unterrichten und forschen nicht nur an den drei Kooperationsuniversitäten, sondern arbeiten unter anderem für das Austrian Institute of Technology (AIT) oder die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Internationale Beiträge kommen vom Fraunhofer Institute for Integrated Systems and Device Technology in Erlangen, Siemens Corporate Technology sowie der University of Minho (Braga, Portugal) und der University of Twente (Niederlande).

Auf einen Blick

NanoBiosciences & NanoMedicine (MSc),
Donau-Universtität Krems, TUWien, Universität für Bodenkultur Wien.

Biomedizinische Analytik (MSc), Fachhochschule Campus Wien.

Tissue Engineering and Regenerative Medicine (MSc), Fachhochschule Technikum Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2011)

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