Durchblick im Bildungsdschungel

Qualität. Ab 2013 sollen Weiterbildungsinstitutionen per Zertifizierung die Seriosität ihrer Angebote nachweisen können. Bis dahin hilft nur eines: recherchieren, reden, rechnen.

Ein Weiterbildungsangebot auf seine allgemeine Seriosität und persönliche Zweckmäßigkeit zu prüfen ist kein leichtes Unterfangen. Vor allem, wenn man von 1700 bis 3000 Anbietern in ganz Österreich ausgeht“, sagt Elke Gruber, Leiterin des Instituts für Erziehungswissenschaften und Bildungsforschung an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt.

Freiwilliges Qualitätssiegel

Aus diesem Grund hat sie gemeinsam mit dem Leiter des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung, Peter Schlögl, einen Qualitätsrahmen für die Erwachsenenbildung in Österreich erarbeitet. Anbieter können sich bei der Qualitätsinitiative Ö-CERT bewerben; bislang sind schon mehrere hundert Anträge eingelangt. 2013 sollen die ersten Institutionen über dieses Qualitätssiegel verfügen und damit die Qual aus der Wahl nehmen. „Dabei wird überprüft, wie professionell das Personal und der Anbieter selbst sind und welchem anerkannten Qualitätssicherungssystem er sich unterwirft, etwa ISO oder LQW“ (lernorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung). Als Vorbereitung können sich Anbieter schon einmal am Selbstevaluierungsleitfaden abarbeiten. Ziele und Angebote, Management und Mitarbeiter, Qualitätsentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit und Infrastruktur sind die Bereiche, die es zu untersuchen gilt. Gezielte Fragen helfen, bestimmte Qualitätskriterien herauszuarbeiten.

Subjektiv? Seriös? Seltsam?

Bis dahin muss der Bildungshungrige sich noch durch einen Dschungel von Angeboten kämpfen. Denn auf den ersten Blick mag ein Seminar mit dem Titel „Keinen Bock auf Arbeit?“ oder „Der Code der Mächtigen“ zwar interessant klingen; ganz sicher ist man angesichts von Kurskosten bis zu 2000 Euro pro Tag dann doch nicht. Immer noch sehr beliebt, wenn auch höchst subjektiv, ist die Mundpropaganda. „Weiterbildung ist nach wie vor etwas sehr Intimes. Und da fragt man zuerst jemanden, der einem nahesteht“, sagt Gruber.

Doch es geht auch anders. „Mittlerweile findet sich darüber hinaus in allen Bundesländern Bildungsberatung wie auf der Webseite www.erwachsenenbildung.at, unabhängig von den Anbietern. Hier finden Bildungshungrige detaillierte und seriöse Beratung zu ihrem gewünschten Weiterbildungsweg“, rät Ingolf Erler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Erwachsenenbildung.

Natürlich kann man auch selbst die Zeit dafür aufwenden, gleichwertige Angebote zu überprüfen. Und da wird man von Zeit zu Zeit feststellen, dass ein und dasselbe Seminar zu sehr unterschiedlichen Preisen angeboten wird. „Das hängt mit vielen Rahmenbedingungen zusammen. So ist die zugrunde gelegte Kostenstruktur nicht so einfach zu vergleichen. Als Faustregel lässt sich in jedem Fall sagen: Stellen Sie den Kurskosten das Angebot gegenüber. Welche Lernergebnisse werden angestrebt, wer sind die Lehrenden und welche Rahmenbedingungen – Ort, Zeit, zeitlicher Umfang, Gruppengröße und -zusammensetzung – werden zu welchem Preis angeboten“, rät Erler. Parallel dazu bietet die Website www.checklist-weiterbildung.at genaue Hinweise dazu, was man bei einem Seminar oder Workshop zu beachten hat – und was so eine Weiterbildung tatsächlich kostet. Mit dem Kurskostenrechner lässt sich das sehr gut erfassen.

„Auf jeden Fall ist ,teuer‘ nicht immer gleich ,besser‘“, sagt Elke Gruber. „Ich bin ganz klar dafür, dass Bildung ein öffentliches Gut ist und dass es auch Angebote für weniger Betuchte geben muss.“ Dass sich Führungskräfte auf Managementschulen wohlfühlen und Akademiker sich zuerst auf der Heimat-Uni nach Weiterbildung umsehen statt bei Volkshochschule, BFI oder Wifi, sei verständlich – man bevorzuge meist das Bekannte. Dass deren Weiterbildungsmöglichkeiten zu niederschwellig sind und deshalb nur eine bestimmte Schicht von Bildungshungrigen ansprechen, wird aber in den Bereich der Vorurteile geschoben. „Natürlich bieten diese Verbände eine große Zahl an niedrigschwelligen Angeboten“, so Ingolf Erler. „Gleichzeitig hat sich die Erwachsenenbildung stark diversifiziert. So bieten die Einrichtungen mittlerweile eine große Bandbreite an Abschlüssen, bis hin zur Fachhochschule.“

Kontakt aufnehmen

Das Gespräch mit dem Anbieter lohnt auf jeden Fall. Seriöse Institutionen sind gerne bereit, jede Auskunft zu erteilen, die man braucht. Außerdem gibt es bei großen Institutionen die Möglichkeit, sich Angebote zusammenstellen zu lassen. Und man kann genauer abgrenzen, welche Weiterbildung angesagt ist. „Auch seriöse Angebote, die einfach nicht für die Situation geeignet sind oder zum angestrebten Ziel passen, wirken sich sehr negativ auf die Weiterbildungsmotivation aus“, sagt Margarete Wallmann, Direktorin des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung. Falls man trotzdem einmal danebengegriffen hat? Als Erfahrung sehen und daraus lernen. Schließlich hat man dafür bezahlt.

Auf einen Blick

Bei der Suche nach dem passenden Angebot Mundpropaganda beachten, bei Fragen persönlichen Kontakt suchen. Und natürlich auf das Internet zurückgreifen:

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.oecert.at, www.oeib.at

www.bildungsberatung.at

www.bifeb.at

www.checklist-weiterbildung.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2012)

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