Kunstvermittlung: Besucher an die Hand nehmen

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An der Schnittstelle zwischen Publikum und Kunst arbeiten Pädagogen, Kunsthistoriker oder sprachbegabte Kommunikatoren.

Unsere medial geprägte Welt ist stark bildorientiert, doch die visuelle Informationsflut lässt so manchen orientierungslos zurück. Der Bilderspeicher im Kopf wächst, der Zusammenhang bleibt dabei oft auf der Strecke. Schon in Alltagsangelegenheiten ist das so, umso mehr trifft das auf die komplexe Kunstwelt zu. Der Kontext von Epochen, Stilen, verschiedenen Einflüssen, Schulen und Strömungen bleibt vielen verborgen.

Doch neugierige Geister suchen – und finden Kunst- und Kulturvermittler. In Museen werden Führungen, Vorträge oder Workshops angeboten, die Ausstellungen begleiten – auch als Variante für Kinder und Jugendliche. Doch wer bringt den Interessierten von null bis 100 näher, was ein Kunstwerk alles aussagen kann? „Personen mit fundiertem kunsthistorischem Background, die Freude an der Arbeit mit Menschen haben“, antwortet Ines Gross-Weikhart, Leiterin der Abteilung Kunstvermittlung an der Albertina. Die Aufgabe an der Schnittstelle zwischen Besuchern, Forschung und Kunst sieht sie darin, „Inhalte für die unterschiedlichsten Zielgruppen zu ,übersetzen‘.“

Seit etwas mehr als einem Jahr bietet die Albertina in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Wien eine neue museumspädagogische Fortbildungsreihe an. Ziel ist, dass Pädagogen aller Fächer lernen, das Museum als außerschulischen Lernort zu erschließen. Die Veranstaltungsreihe, die für einen Zeitraum von vier Semestern konzipiert ist, bietet pro Semester ein Modul aus vier Einheiten an Nachmittagen an.

Training on the job?

Einen einheitlichen Bildungsweg für Kunst- und Kulturvermittler gibt es derzeit in Österreich allerdings nicht. „Fakt ist, dass im Regelfall sogar die derzeitigen Leiter der existierenden Abteilungen mit den unterschiedlichen Namen wie ,Kunstvermittlung‘, ,Publikumsdienst‘, ,Besucherservice‘ oder ,Museumspädagogik‘ in den meisten Fällen keine einschlägige Ausbildung vorweisen können, sondern auf ein sehr langes ,Training on the job‘ zurückblicken“, erläutert Friederike Lassy-Beelitz, Obfrau des Österreichischen Verbandes der Kulturvermittler im Museums- und Ausstellungswesen. Die Mehrheit der Beschäftigten verfüge über ein Studium, das kunsthistorische Inhalte abdecke, eine pädagogische Ausbildung und Kenntnisse mindestens einer Fremdsprache.

„Die rasanten Entwicklungen der letzten 20 Jahre haben dazu geführt, dass aus einem ,Übergangsjob‘ für Studenten ein eigener Berufszweig wurde, in dem man mittlerweile Karriere im Kulturbetrieb machen kann. Da die Wege zu diesem Beruf unterschiedlicher nicht sein können, bietet der Verband den professionellen, also hauptberuflich tätigen Kunst- und Kulturvermittlern die Möglichkeit, ihre Tätigkeit zertifizieren zu lassen“, sagt Lassy-Beelitz. Damit können sie den Arbeitgebern und Museumsbesuchern gegenüber ihre Qualifikation nachweisen.

Zudem gibt es seit einigen Jahren Postgraduates und Weiterbildungsangebote, die in den Museen, den (Pädagogischen) Hochschulen oder an den Privat-Unis angesiedelt sind. An der Universität für angewandte Kunst etwa gibt es den zweijährigen postgradualen Masterlehrgang educating/curating/managing. Die Ausbildung möchte Know-how für die Arbeit im Kulturbetrieb vermitteln. Disziplinübergreifend widmet sie sich der Entwicklung, dem Ausstellen und der Vermittlung von Wissen in den Bereichen Kunst- und Kulturgeschichte, Gegenwartskunst, Technik, Natur und Wissenschaft.

Im April ist der fünfte Jahrgang des Zertifikatskurses „Kunst- und Kulturvermittlung“ am Institut für Kulturkonzepte zu Ende gegangen, im November startet der nächste. In acht Modulen lehren internationale Dozenten Wissen zu Projektplanung und Budgetierung, Erstellung von Vermittlungskonzepten und Strategien.

„Es empfiehlt sich die intensive Auseinandersetzung mit museologischen Fragen und Tendenzen, den Rahmenbedingungen für Bildungsarbeit in den Kulturinstitutionen. Das kann sowohl im Selbststudium erfolgen, unterstützt durch den Besuch von Veranstaltungen, oder durch Aus- und Fortbildungen“, rät Renate Goebl, Mitbegründerin von „Kulturagenda – Netzwerk für Kulturprojekte“ und Lehrbeauftragte an der Angewandten sowie am Institut für Kulturkonzepte. Dabei sieht sie keine Konkurrenz zwischen der personalen und medialen Vermittlung: „Konzepte für Audio- und Multimediaguides gehören auch zu den Aufgaben der Kunst- und Kulturvermittler.“

Auf einen Blick

War früher in der Kunstvermittlung „learning by doing“ angesagt, so gibt es heute Ausbildungen, die lehren, Inhalte von künstlerischem Wert zu „übersetzen“.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.ecm.ac.at, www.fh-joanneum.ac.at,

www.ktu-linz.ac.at, www.kulturkonzepte.at,

www.kulturagenda.at, www.albertina.at,

www.kulturvermittlerinnen.at, www.musis.at,

www.paedagogischehochschulen.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2012)

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