Sommerfrische für kluge Gedanken

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Symposien, Tagungen und Conventions mit philosophisch-wissenschaftlichem Schwerpunkt haben im Sommer Tradition. Auch, dass daran neben Experten interessierte Laien teilnehmen können. Eine Auswahl.

Die Arbeit der Philosophie ist... die Arbeit an sich selbst. An der eigenen Auffassung. Daran, wie man die Dinge sieht. (Und was man von ihnen verlangt).“ Seit 1976 haben sich über 11.000 Besucher zu den allsommerlichen Wittgenstein-Symposien in Kirchdorf am Wechsel eingefunden, um im Geiste Ludwig Wittgensteins der Philosophie und ihren verschiedenen Aspekten zu frönen.

Forschen und gewinnen

Heuer steht das sechstägige Symposium unter dem Motto „Ethik – Gesellschaft – Politik“. Über 40Vortragende aus Deutschland, Italien, den USA, Großbritannien, Finnland und der Schweiz gehen während dieser Augusttage auf Tuchfühlung mit ihren Zuhörern. „Das Schöne an dieser abgeschiedenen Lage im Feistritztal ist, dass man sich immer in den Lokalen trifft und dort über das Gehörte sprechen kann. Junge Wissenschaftler haben so die Möglichkeit, Kapazitäten ihres Fachs hautnah zu erleben. Und für die Region sind wir zu einem Wirtschaftsfaktor geworden“, beschreibt Volker Munz, Generalsekretär der Österreichischen Ludwig Wittgenstein Gesellschaft, die Atmosphäre in der niederösterreichischen Gemeinde. Vor allem aus der Philosophie, aber auch aus Sozial- und Naturwissenschaften kommen die Teilnehmer, geografisch „praktisch aus der ganzen Welt“. Deshalb ist auch Englisch größtenteils Symposiumsprache. Wer jetzt meinen könnte, dass Wittgenstein nur etablierte Wissenschaftler anzieht, irrt: „Es rücken sehr viele Junge nach, die durch eine unserer Publikationsschienen aufgerufen sind, zum ersten Mal ihre Beiträge zu veröffentlichen“, sagt Munz. Der beste Beitrag wird mit einem Preis und 1000Euro geehrt. Zuvor schon findet heuer die vierte Summer School satt, ebenfalls für junge Forscher.

Die Zukunft der Jugend

Um junge Menschen mit und ohne akademischen Hintergrund ist auch das Europäische Forum Alpbach bemüht und widmet ihnen mit „Erwartungen – die Zukunft der Jugend“ auch das heurige Veranstaltungsmotto. „Wir beherbergen jedes Jahr bis zu 700Stipendiaten aus der ganzen Welt. Und das Spannende daran ist, dass sich die Studierenden ihrerseits wieder zu Initiativgruppen zusammenschließen und in ihren Ländern im Geiste Alpbachs weiterarbeiten“, erzählt Geschäftsführer Philippe Narval. Das Europäische Forum Alpbach im August setzt sich aus drei Programmsäulen zusammen: der Seminarwoche, den Alpbacher Gesprächen und den Sommerschulen. Und auch hier steht der interdisziplinäre Austausch zwischen Referenten, Teilnehmern und Besuchern im Fokus. „Wir wollen nicht nur Inhalte auf die Bühne bringen, sondern auch begleitende Veranstaltungen wie Labore, Wanderungen und Kamingespräche anbieten. So können konkrete Lösungen entstehen“, sagt Narval. An hochkarätigen Referenten werden heuer während der 17Tage unter anderem mehrere Nobelpreisträger, der kroatische Präsident Ivo Josipović und die Geschäftsführerin der deutschen Piratenpartei Marina Weisband teilnehmen.

Wiki-Workshops

Basisdemokratie hautnah kann man in diesem Sommer auch an der Fachhochschule Dornbirn erleben. Sie ist Austragungsort der zweiten WikiConvention, bei der sich alle deutschsprachigen Wikipedia-Autoren treffen. „Auch ähnliche Gemeinschaften, die nicht zu den Wikimedia-Projekten gehören wie OpenStreetMaps oder Wikitravel sind Teilnehmer der WikiCon. Insgesamt sorgt die Veranstaltung damit für eine gute Vernetzung der verschiedenen Open-Content-Projekte innerhalb und außerhalb Wikimedias und bringt Ersteller mit den Nutzern zusammen“, sagt Manuel Schneider, einer der ehrenamtlichen Organisatoren der Convention. Und das nicht nur dazu, um endlich das Gesicht mit einem Namen in Übereinstimmung zu bringen, sondern auch (noch) Unbekanntes zu erfahren: „Den Erstellern von Inhalten bringt die Veranstaltung neues Wissen. In Workshops erklären erfahrene Fotografen, wie man bessere Fotos macht, wie man kleinere Objekte professionell abbildet oder wie auf dem PC Bilder optimiert werden können.“ Es werde aber auch gearbeitet, sagt Schneider, denn WikiTV wird neue Videojournalisten ausbilden und einen Beitrag über die WikiCon produzieren. Zu diskutieren gibt es auch einiges: Initiativen für neue Inhalte, die Erhaltung von alten Werken durch Digitalisierung oder die Schellackplatten-Abtastung des Public-Domain-Projektes. Und weil alles wirklich noch ganz unkompliziert läuft, kann man bis zum 30.Juni noch Vorschläge für Präsentationen und Workshops einreichen und selbst Teil der WikiConvention werden.

Der Mensch ein Tier?

Das Philosophicum Lech befasst sich heuer unter dem Motto „Tiere. Der Mensch und seine Natur“ mit dem humanen Wesen. „Da es sich um eine interdisziplinäre Veranstaltung handelt, gibt es den klassischen Philosophicum-Besucher nicht. Vielmehr setzen sich die Teilnehmer aus spezifisch Interessierten (immer abhängig vom Thema), den Philosophieaffinen und den Allroundinteressierten zusammen“, erläutert Pressesprecherin Lisa-Maria Innerhofer. Das Treffen findet seit 15Jahren statt, gibt Philosophen und Vertretern benachbarter Disziplinen dabei die Möglichkeit, zentrale Fragestellungen der Gegenwart aus unterschiedlichen Perspektiven zu erörtern. Und das taten in der Vergangenheit namhafte Persönlichkeiten wie der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, der journalistische Aufdecker Günther Wallraff und heimische Kapazitäten von Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder bis zu Schriftsteller Michael Köhlmeier. Die beiden Letzteren werden heuer wieder Gäste beim Philosophicum sein.

Auf einen Blick

Internationales Wittgenstein-Symposium „Ethik – Gesellschaft– Politik“, Kirchberg am Wechsel, 5.bis 11.August
www.alws.at

Europäisches Forum Alpbach
„Erwartungen – Die Zukunft der Jugend“, 16.August bis 1.September
www.alpbach.org

WikiConvention
FH Vorarlberg/Dornbirn, 31.August bis 2.September
www.wikimedia.at

Philosophicum Lech
„Tiere. Der Mensch und sein Wesen“, 19. bis 23.September
www.philosophicum.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2012)

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