FLE

Das Geschäft der NGOs

Wenn man nicht sieht, dass die Caritas auch ein großes Unternehmen ist, das ein nachvollziehbares Interesse am Erhalt möglichst vieler seiner...

Ein guter Freund schrieb mir heute, als Reaktion auf meinen "Presse"-Leitartikel über die aktuelle Asyl- und Abschiebungsdebatte: "Da ist ja ein Holzhammer ein Skalpell im Vergleich. Unterstelle eine Extremposition, um sie dann mit Brachialzynismus in Grund und Boden zu rammen. Wo bleibt Deine feine Klinge?"

Meine Antwort lautete: "Weiß auch nicht, wo meine feine Klinge abgeblieben ist. Vielleicht wurde sie Opfer der selektiven Wahrnehmung: Ich selbst neige dazu, Positionen, die ich teile, subtil zu finden und solche, die ich nicht teile, primitiv. Vielleicht geht es ja anderen auch so..."

Ich bin überzeugt, dass es anderen auch so geht. Anders kann ich die Reaktionen nicht interpretieren, die dieser Text hervorrief. Den Großteil der teils wütenden Ablehnung (Abo-Abbestellung inklusive) verdanke ich zwei kleinen polemischen Einschüben: Zuerst nannte ich die Chefs von Caritas, Diakonie und amnesty international "Kapitäne der Menschlichkeitsindustrie". Und dann wies ich darauf hin, dass man, würde man über Asylwerber so sprechen, wie die genannten Herren (als "Hassprediger im Namen der Menschenliebe") über die Innenministerin sprechen, der Ächtung anheimfallen würde.

Ich glaube noch immer auf eine fast naive Weise, dass Zuspitzung und Polemik zum Hinterfragen unhinterfragter Positionen anregen können. Möglichweise irre ich mich aber. Zumindest legen das die Reaktionen im aktuellen Fall nahe: Da schien man meine kleine Polemik eher als Aufforderung zur Zementierung unhinterfragter Positionen zu interpretieren. Menschen, die die Caritas schon immer für die kirchliche Inkarnation des Karl Marx gehalten haben, jubeln.  Menschen, die der Caritas nahe stehen, schäumen.

Ich empfehle dennoch weiterhin, den Begriff "Menschlichkeitsindustrie" ernst zu nehmen: Wenn man nicht sieht, dass die Caritas auch ein großes Unternehmen ist, das ein nachvollziehbares Interesse am Erhalt möglichst vieler seiner Arbeitsplätze hat, erfasst man nicht die ganze Realität. Das gilt auch für viele andere NGOs (zB amnesty international).

Ich denke, es ist an der Zeit, die Debatte auf eine realistischere Basis zu stellen. Dass den einen (nämlich den NGOs) von vornherein ausschließlich lautere Moive unterstellt werden, während man die anderen (Behörden und Politiker) prinzipiell der moralischen Verkommenheit verdächtigt, wird durch die Wirklichkeit ganz einfach nicht gedeckt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.