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Post vom Küniglberg

Am Wochenende bekam ich Post vom Küniglberg. Der frisch ernannte
Chefredakteur Fritz Dittlbacher und einige seiner Kollegen waren mit
meinem...

Am Wochenende bekam ich Post vom Küniglberg. Der frisch ernannte Chefredakteur Fritz Dittlbacher und einige seiner Kollegen waren mit meinem Leitartikel zur Beurlaubung von Informationsdirektor Elmar Oberhauser nicht einverstanden. Herr Dittlbacher schickte seinen Brief an mich auch an alle Mitarbeiter der aktuellen Fernseh-Information. Ich fasse ihn also als offenen Brief auf, weshalb ich mir erlaube, ihn an dieser Stelle zu beantworten.

Sehr geehrter Herr Fleischhacker,
Sehr geehrter Herr Dittlbacher, zunächst Glückwunsch zur neuen Funktion, wie immer Sie in diese  gekommen sein mögen.

Auch wenn ich mich zu Entwicklungen im ORF grundsätzlich nicht öffentlich äußere, verlangt Ihr heutiger Kommentar in der Tageszeitung "Die Presse" doch zwei Klarstellungen.

Erstens: Die Mitarbeiter des aktuellen Dienstes Fernsehen sind ausnahmslos politisch unabhängige Profis und keine Gesinnungsjournalisten.
Es freut mich sehr zu sehen, dass Sie Humor haben. Ich hoffe, Sie können sich ihn im Lauf der Jahre bewahren.

Worauf sich Ihre Behauptung einer internen Zweidrittelmehrheit für Rotgrün gründet, ist mir schleierhaft. Derartige Polemiken erwarte ich mir höchstens in anonymen Kampfpostings, in einer renommierten Tageszeitung habe ich dergleichen noch nie gelesen.
Unsere Sendungen belegen täglich unsere Unabhängigkeit, Ausgewogenheit und Professionalität. Ich lade Sie aber gerne zum regelmäßigen Konsum dieser Sendungen ein, auch Fernsehen kann bilden.
Nun, diese meine Einschätzung ist tatsächlich ein Ergebnis des regelmäßigen Konsums von ORF-Sendungen (obwohl ich sicher bin, dass z.B. auch die Wahlergebnisse bei AK-Wahlen die Vermutung gut bestätigen könnten). Das reicht von der Auswahl der Themen bis zur Auswahl der Gesprächspartner und zur Besetzung sogenannter Diskussionssendungen. Von Objektivität kann keine Rede sein, alles was nur aus der Ferne nach "bürgerlich" oder in ökonomischen Zusammenhängen "liberal" riecht, kommt im ORF wenn, dann nur als abschreckendes Beispiel einer reaktionären, menschenverachtenden Gesinnung vor. Schlimmer als im ORF-Fernsehen ist das nur im so genannten Qualitätssender Ö1, der außerhalb seines Musikprogramms je nach Geschmack ein Skandal oder ein kurioses Ideologiemuseum ist, in dem die ausgestopften 68er-Saurier nachts ihre Sendungen aufzeichnen. Wirtschaftssendungen wie "Saldo" oder auch ökonomische Beiträge im Radiokolleg wären zum Lachen, wenn sie nicht zum Weinen wären. Aber das Radio ist ja nicht Ihr Bier, da kümmert sich jetzt der Kollege Amon mit Herrn Ströbitzer drum.

Und zweitens, zum Vorwurf der "journalistischen Bauchlage", in der ich dem Generaldirektor des ORF begegnen würde: Es stimmt, dass ich mich gefreut habe, als Alexander Wrabetz gewählt wurde - und ich freue mich heute noch.
Ich möchte Ihnen Ihre Freude nicht nehmen, wie man sieht, freut ja auch er sich, dass Sie sich immer noch freuen. Das passt schon, es gibt ja ohnehin zu wenig Freude in der Welt. Es war halt ein bisserl unappetitlich anzusehen, wie ein politisch unabhängiger Profi, weit weg von jedem Gesinnungsjournalismus, seinem gerade von einer Koalition aus SPÖ, Grünen, BZÖ und FPÖ inthronisierten Generaldirektor mit jubelstarrem Gesicht das Mikrofon entgegenhält. Armin Wolf hat auch einen Leserbrief geschrieben, in dem er es ausschließt, dass Sie jemals ein Interview "in journalistischer Bauchlage" geführt hätten. Über solche Begriffe kann man natürlich streiten - vielleicht schauen wir es uns einfach mal gemeinsam an? Wird ja sicher noch wo in den gut gehüteten Archivbeständen sein, das Band.

Ein wenig stutzig gemacht hat mich nur die folgende Passage aus dem Brief des guten Kollegen Bornemann:

Sie werfen Dittlbacher pauschal menschliche und journalistisch Unfähigkeit vor. Das Gegenteil ist der Fall. Ja, Dittlbacher war vor seinem Eintritt in den ORF im Jahr 1992 AZ-Redakteur. Ihn deswegen als Gesinnungs-Journalisten zu denunzieren ist untergriffig und faktisch falsch - dafür hätten Sie nur seine Arbeit der letzten Jahre verfolgen müssen. Nicht jeder politische Kopf denkt auch partei-politisch.
Auch ORF-RedakteurInnen haben ein Recht auf politische Meinung - von rechts bis links. Auf Sendung gehen allerdings Recherche und unabhängiger Journalismus. Ganz so wie ein Chirurg, der den Schnitt präzise setzt und möglichst gut operiert - unabhängig davon, ob ihm der Patient sympathisch ist oder nicht.
Wenn ich Ihre AZ-Vergangenheit irgendwo erwähnt und aus dieser Vergangenheit irgend etwas abgeleitet hätte, könnte ich versuchen, zu verstehen, was Herr Bornemann meint. Vielleicht reden Sie mal mit ihm? Mir gefällt nämlich sein chirurgisches Bild als Illustration für die Arbeitsweise von Journalisten mit klarer politischer Position, die per Unternehmensauftrag zur Objektivität verpflichtet sind, nicht schlecht. Bloß möchte ich angesichts seiner diagnostischen Fähigkeiten nicht einmal dann unter sein Messer, wenn er ein hervorragender Chirurg wäre. Es hilft einem ja nur begrenzt, von einem Profi tadellos die Niere entfernt zu bekommen, wenn man eigentlich nur seine Mandeln loswerden möchte.
Doch zurück zu Ihrem eigenen Brief, dessen Schluss mich zugleich erbaut, berührt und beschämt:

Aber ich kann Ihnen eines versichern: Ich weiß zwar nicht, in welcher Stellung Sie Ihren Chefs in Presse und Styria-Verlag begegnen, ich jedenfalls pflege bei meinen Vorgesetzten stets eine tadellos aufrechte Haltung.
Ach wissen Sie, ich glaube, da bin ich nicht so ein Held wie Sie: Wenn ich was von meinen Vorständen brauche, einen Vertrag zum Beispiel, bin ich schon mal freundlicher als sonst. Aber ich werde mir ab jetzt an Ihnen und Ihrer tadellos aufrechten Haltung ein Beispiel nehmen. 

Mit freundlichen Grüßen,
Machen Sie's gut,

Fritz Dittlbacher
Michael Fleischhacker

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