Das neue Skopje: die Stadt der Monumente

Über den Zwischenstopp Zagreb haben wir den Flughafen „Alexander der Große“ in Skopje, der Hauptstadt Mazedoniens, erreicht. Dieser Name ist nicht unumstritten und trägt Brisanz in sich.

Auf einem muskulösen Pferd sitzt ein golden glänzender Mann mit Mittelscheitel. In seiner rechten Hand hält er ein spitzes Schwert und reckt es gen Himmel empor. Getragen werden er und sein Pferd von einer Steinplatte, darunter von einer Säule, die mit heroischen Figuren und Kämpfern aus der mazedonischen Antike verziert ist. Mit einer Höhe von über 22 Metern überblickt die Statue „Krieger hoch zu Ross“ den Hauptplatz von Skopje und schaut auf das gegenüberliegende Ufer des Flusses Vardar, der die Hauptstadt in zwei Teile spaltet. 

Neben dem überdimensionierten Monument finden sich in unmittelbarer Nähe Baustellen prunkvoll anmutender Gebäude, Brücken und weitere Statuen. All diese Bauten sind im neobarocken Stil gehalten. Sie sehen aus, als wären sie Ende des 19. Jahrhunderts erbaut worden und würden gerade restauriert werden. Doch der Eindruck täuscht, denn sie alle sind neu, nicht zu übersehen und muten mitunter mehr als kitschig an. Hintergrund dafür ist das kontroverse Bauprojekt „Skopje 2014“ der mazedonischen Regierung, die mit eindrucksvollen Konstruktionen den wichtigsten Ereignissen und Persönlichkeiten der mazedonischen Geschichte gedenken und einen neuen nationalen Stolz fördern will.

Alexander der Große
Alexander der Große(c) Sebastian Wedl

Die Statue „Krieger hoch zu Ross“ steht symbolisch für die politische Brisanz dieses Projekts. Denn auch wenn die Regierung es vermieden hat, ihn so zu nennen: Es ist ein offenes Geheimnis, dass es sich bei ihm um „Alexander den Großen“ handelt, um dessen kulturelles Erbe sowohl die Griechen als auch die Mazedonier streiten. Immerhin wollte Mazedoniens Regierungschef Nikola Gruevski, dessen nationale Partei VMRO-DPMNE „Skopje 2014“ initiiert hat, keine weitere Eskalation in den Beziehungen zu Griechenland zu riskieren. Alexander, der Name des berühmten Feldherrn und makedonischen Königs, steht sinnbildlich für den Konflikt zwischen den beiden Ländern und musste in der Vergangenheit schon des Öfteren für gegenseitige Provokationen herhalten. Und das auf teilweise kuriose Weise. So haben die Mazedonier etwa, nachdem die Griechen ihren Flughafen in Thessaloniki „Makedonia Airport“ getauft haben, ihren Flughafen in Skopje „Alexander der Große“ benannt.

Die
Die "Baustelle" Skopje(c) Sebastian Wedl

Die Griechen erkennen den Namen Mazedonien als offizielle Staatsbezeichnung nicht an, da sie dahinter Gebietsansprüche der Mazedonier befürchten. Schließlich erstreckt sich die historische Region Makedonien bis über Thessaloniki hinaus weit nach Griechenland hinein. Noch müssen sich die Mazedonier daher mit dem Namen FYROM – Former Yugoslavian Republic of Macedonia begnügen. Eine Einigung im jahrelang andauernden Namensstreit ist nicht in Sicht. Dieser Konflikt ist auch der Grund, warum Griechenland das Vorankommen der Mazedonier im EU-, und NATO-Aufnahmeprozess blockiert.

Widerstand gegen „Skopje 2014“ kommt aber auch aus dem eigenen Land. Kritiker werfen der mazedonischen Regierung vor, durch monoethische Bauten nationalistisches Gedankengut zu fördern.Die albanische Volksgruppe in Mazedonien, die immerhin rund ein Viertel der Einwohner ausmacht, fühlt sich bei dem Projekt ausgeschlossen. Sie finden ihre eigene Historie in den Monumenten nicht wieder. Innenministerin Gordana Jankulovski von der Regierungspartei VMRO-DPMNE kann den Vorwurf, dass das Projekt monoethnisch sei, nicht nachvollziehen. „Wir alle teilen die selbe Geschichte in dieser Region und diese gehört nicht einer einzelnen ethnischen Gruppe sondern allen“, meint Jankulovski und ergänzt: „Diese Bauten trennen die ethnischen Gruppen nicht, sondern vereinen sie.“ Auch Dejan, ein etwa 40-jähriger Staatsbediensteter, befürwortet „Skopje 2014“. Er sagt, das Projekt werde nicht nur der vielschichtigen Geschichte der mazedonischen Region gerecht, sondern schaffe auch Arbeitsplätze. Bei einer Arbeitslosenquote von offiziell 31,5 Prozent im Jahr 2011 ist der Wunsch nach mehr Arbeitsplätzen in der Bevölkerung nachvollziehbar. Ob die Jobs erhalten bleiben, wenn die Bauvorhaben vollendet sind, ist offen. Dass dem Stadtteil rund um den Platz „Makedonja“, dem Hauptplatz Skopjes, eine optische Aufwertung prinzipiell nicht schadet, steht außer Frage. Ob Neubauten, die Geschichtstracht vortäuschen sollen, das richtige Mittel sind, sei allerdings dahingestellt. Kritiker sagen, dass die vielen Millionen Euro, allein die Statue „Krieger zu hohem Ross“ hat mehr als fünf Millionen Euro gekostet, anderweitig sinnvoller investiert wären.

Wirklich geeint sind alle Volksgruppen in Mazedonien zumindest in der europäischen Frage. Ein baldiger EU-Beitritt soll Märkte öffnen, mehr Investoren ins Land bringen und damit für einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung sorgen. Wie realistisch ein rascher EU-Beitritt Mazedoniens aber ist, steht in den Sternen. Seit nunmehr sieben Jahren hat es keinen wirklichen Fortschritt mehr in den mazedonischen EU-Beitrittsbemühungen gegeben: Weil Griechenland blockiert, wegen des Namensstreits und des Konflikts um das historische makedonische Erbe und um Alexander den Großen.

Neue Monumente für alte Helden: Philip von Makedonien
Neue Monumente für alte Helden: Philip von Makedonien (c) Sebastian Wedl

Gegenüber des „Kriegers zu hohem Ross“, auf der anderen Seite des Vardars, steht die nicht minder eindrucksvolle Statue eines starken Mannes, der seine linke Hand zum Kampf bereit auf seinem Schwertergurt liegen hat. Seine rechte Hand hat der bärtige Mann zur Faust geballt und streckt sie stolz nach vorne. Der Mann ist Alexanders Vater Philip von Makedonien und auch die Statue trägt offiziell seinen Namen. Bei ihm wurde auf Sensibilität gegenüber Griechenland verzichtet. 

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