Es geht um's Verstehen, nicht um's Verdienen

Nachrufe auf Gold gibt es immer wieder. Aber Unze bleibt Unze. Und sowohl "Paperbugs" als auch "Goldbugs" übersehen, wie "pragmatisch" das Geldsystem heute ist.

Angst und Euphorie sind keine guten Ratgeber. Weder im Leben noch bei Investments.

Und ich? Ich auch nicht.

Wer bin ich schon, um Ihnen zu sagen, was sie mit Ihrem hart verdienten Nettoeinkommen machen sollen? Wer auf der Suche nach Investmenttipps ist und "schnelles Geld" machen will, findet im Internet und am Kiosk ohnehin zuhauf "gute" Tipps, nicht? Eben.

Ich bin weder ein Bank- noch ein Anlageberater. Ich bin Journalist, zuständig dafür, die Realität zu beobachten, zu interpretieren und sie nach bestem Wissen und Gewissen zu beschreiben. Dieses Blog soll zum Verständnis der (auf den ersten Blick chaotischen) Vorgänge im Geldsystem beitragen - wer Tipps für "das schnelle Geld" sucht, ist anderswo sicher besser aufgehoben. Darum geht es hier nicht. Es geht um's Verstehen, nicht um's Verdienen.

Ich weiß nicht, wohin der Goldpreis geht. Ich kann die Robustheit des "Papiergold"-Marktes (der den "Preis" bestimmt) nicht letztgültig beurteilen. Ich kann "schwache Hände" nur warnen: die Achterbahnfahrt hat wahrscheinlich erst begonnen. Im absoluten Extremfall ist es möglich, dass wir einen "Goldpreis" von 200 Dollar pro Unze in der Zeitung sehen werden.

Dann würden auch die Goldhasser im übetragenen Sinne "auf der Straße tanzen" - wie sie es schon beim kürzlichen Preiseinbruch getan haben. Aber wieder wären die Nachrufe auf das gelbe Metall verfrüht. Denn ein solcher Zusammenbruch des Derivate-Marktes würde eine Neubestimmung des Preises für "physisches" Gold erzwingen.

Das muss nicht einmal "der Markt" alleine machen - auch die Zentralbanken haben daran ein handfestes Interesse, sie halten die "Kleinigkeit" von 31.000 Tonnen, rund 19 Prozent allen Goldes.

Jaja, das Geldsystem ist "pragmatischer", als die Ideologen beider Lager wahrhaben wollen.

Gold ist der Weg, nicht das Ziel

Es ist nämlich so:

Die "Paperbugs" beschweren sich (zu recht und schlüssig) über die Nachteile von "Gold als Geld" und sind dann frustriert, dass der Rest der Welt nicht so "rational" denkt wie sie.

Die "Goldbugs" beschweren sich (zu recht und schlüssig) über die Nachteile von "Papier als Geld" und sind dann genauso frustriert, dass der Rest der Welt nicht so "rational" denkt wie sie.

Und beide haben recht :)

Gold (physisch, "in der Hand") ist heute viel mehr der Weg als das Ziel, der Aussichtspunkt auf das (Jammer)tal Geldsystem. Und der einzige einigermaßen verläßliche langfristige "Referenzpunkt" für andere Werte.

Als staatliche Währung hat das Metall längst ausgedient. Als kaufkraftstabiles Zahlungsmittel funktioniert der Euro tatsächlich viel besser als Gold, das eher als "Store of Value" dient - und zwar als extrem langfristiger. Ich spreche hier von Jahrzehnten, vom Erbe für die Enkelkinder - eben nicht vom "schnellen Geld".

Anders gesagt: Wenn etwas in "der Wirtschaft" sicher ist, dann das:

Eine Unze Gold war vor hundert Jahren eine Unze Gold und wird in hundert Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer noch eine Unze Gold sein.

Gold, kein Standard

Der damalige Weltbankpräsident Robert Zoellick hat schon 2010 vorgeschlagen, Gold als "Reference Point" für das Währungssystem zu etablieren. Er wurde damals von vielen als Befürworter eines Goldstandards interpretiert, weshalb er sich zu einer Klarstellung gezwungen sah.

"What I suggested is that gold serves as a key reference point to allow people to assess the relations between different currencies," Zoellick told the press here at the end of his meeting with French President Nicolas Sarkozy in the Elysee Palace.

"It's an approach that we can take, others also estimate that we can establish a benchmark against prices of principal commodities," the World Bank president said in response to a journalist's question.

"I didn't propose a gold standard, which is an important distinction because it would directly link currency to gold," said Zoellick, denying reports that he had called for a return to the " gold standard" to modify the present monetary system, which he called "Bretton Woods II." (Quelle)

Der entscheidende Unterschied zwischen dem "klassischen Goldstandard" und der von Zoellick angeregten Etablierung von Gold "in der Mitte" des Geldsystems ist, dass im "klassichen Goldstandard" die Währungen fix an Gold gebunden sind - ein derartiges System ist inflexibel und von Regierungen leicht zu suspendieren.

Europa, Schweiz und BRICS haben das von Zoellick vorgeschlagene System vorweg genommen - indem sie die von ihnen gehaltenen Goldreserven vier mal jährlich nach Marktwert bewerten - und so in der Bilanz führen. Pfund und Dollar hinken da noch hinterher. Die Zentralbanken sind zudem nach der Krise 2008 wieder Netto-Käufer von Gold - so wie in den Jahren 1845 bis 1968 (dem Ende von Bretton Woods).

Kurz gesagt

Das Geldsystem verändert sich - und die Bewegung ist noch nicht abgeschlossen. Die Hinweise darauf, dass Gold wieder eine bedeutendere Rolle als in den vergangenen 42 Jahren einnimmt, verdichten sich. Nachrufe auf das Metall sind in jedem Fall verfrüht.

Sehr kurz gesagt

Don't panic! :)

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