Ohne Gold fließt auch kein Öl

Gold gegen Öl, Öl gegen Gold - so war das schon immer. Das amerikanische "Ölwunder" hat dem Goldpreis einen Schlag versetzt. Aber Wunder gibt es nicht.

"Gold and oil can never flow in the same direction."

Versuchen Sie mal, sich in einen saudischen Ölscheich zu versetzen. Ein herausforderndes Gedankenexperiment, zugegeben. Aber ein hilfreiches. Sie besitzen also alle Macht und alles Geld, das sie sich wünschen können. Sie leben in absolutem Überfluss, was auch immer Sie wollen, Sie bekommen es. Und dann ist da noch das Öl, der Grundstein ihres Reichtums. Bloß: Öl ist eine endliche Ressource, oder? Irgendwann versiegt auch die tiefste Quelle.

Nun ist dieses schmierige Zeugs nicht irgendein Rohstoff. Es ist der Rohstoff - die Grundlage der rapiden Entwicklung von Mensch und Wirtschaft in den letzten hundert Jahren. Und Sie haben am meisten davon! Sie schwimmen im Öl. Herrlich, nicht?

Eigentlich haben Sie nur zwei Sorgen, zwei Fragen, die Sie sich immer wieder stellen. Erstens: Wie halte ich mein Volk zumindest so weit bei Laune, dass es mich nicht aufknüpft? Und zweitens: Wie stelle ich sicher, dass ich, meine Familie und mein Volk noch vom Ölreichtum profitieren, wenn das schmierige Zeug tatsächlich einmal zur Neige geht?

Der US-Dollar, die Ölwährung

Es ist allgemein akzeptiert, dass der US-Dollar seine Stärke (ja, seine gesamte Daseinsberechtigung) daraus bezieht, dass er die einzige Ölhandelswährung ist. Der Dollar ist also, flapsig formuliert, "durch Öl gedeckt". Es ist (zumindest im Westen) genauso allgemein akzeptiert, dass Gold ein "barbarisches Relikt" ist - ein Überbleibsel aus grauer Vorzeit, das ausschließlich Freaks interessiert, die nicht ganz dicht sein können. 

Dass ausgerechnet die Zentralbanken dieses Westens (EU+USA) gemeinsam rund 18.000 Tonnen des "barbarischen Relikts" halten wird genauso geflissentlich ignoriert, wie die vielen anderen Hinweise darauf, dass Gold sehr wohl noch eine Rolle spielt im internationalen Finanzgefüge.

Und nicht die unwichtigste, wenn ich das hinzufügen darf.

Als Gold und Öl gebunden waren

Im Nachkriegs-Geldgefüge namens "Bretton Woods" war der Dollar an Gold gebunden - und via Dollar auch praktisch der Ölpreis. Anders gesagt: Öl war in Gold mehr oder weniger stabil. Die Scheichs nahmen die Dollar aus Washington, schickten ihr Öl in die andere Richtung und dann? Dann wurden Sie wieder bei der Fed vorstellig und tauschten ihre Dollar in Gold. Simple as that. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden Ölzahlungen meist in Pound Sterling oder direkt in Gold abgewickelt.

oilingold
oilingold

Warum Gold? Nun, sagen wir so: in der Arabischen Welt, in Saudi Arabien, Dubai, Abu Dhabi usw. werden die "Paperbugs" so belächelt, wie bei uns die "Goldbugs". Oder, um es mit der chinesischen Goldkäuferin aus dem letztens zitierten Welt-Artikel auszudrücken: 

"Gold ist sehr viel werthaltiger als Geld. Zur Not kann man es immer liegen lassen, es wird ja nicht schlecht."

20.000 Tonnen

Für die USA war das auch ein herrlicher Deal! Das billige Öl war Garantie für wirtschaftliches Wachstum - und solange das Land einen Handelsbilanzüberschuss verzeichnen konnte, wuchsen auch die Goldreserven. 1957 hatte man mehr als 20.000 Tonnen von dem "barbarischen Relikt" angehäuft. Dann ging es bergab. 1972 waren noch 8.000 Tonnen übrig - die wurden seither nicht angetastet.

Die "einfachen" Zeiten des Bretton-Woods-Systems sind freilich längst vorbei. Und jetzt frage ich Sie: glauben Sie, dass die Scheichs nachdem Nixon die Eintauschbarkeit des Dollars in Gold "vorübergehend" suspendiert hat, einfach gesagt haben: "Ok, kein Problem. Dann lagern wir einfach die grünen Papierschnipsel und verlassen uns auf die gute alte Fed, sie nie zu entwerten." Klingt ein wenig unrealistisch, nicht?

Introducing: "Paper Gold"

PaperGold
PaperGold

Ein Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1967, hier gibt es noch viel mehr davon

In dieser Zeit taucht auch der Begriff "Papiergold" erstmals auf. Kurz gesagt war es ein Plan, der einen steten Fluss an Öl in die eine und einen Fluss an Gold in die andere Richtung garantieren sollte. Die Zentralbanken garantierten die "Papiergold"-Produkte der Banken mit ihrem Gold (Leasing) - ohne allzu viel ihres eigenen Goldes wirklich "einzusetzen" - verstärkte Minenproduktion sollte für "frisches" Gold sorgen. Die Araber waren zufrieden, solange der Goldfluss nicht versiegte. Die Westler waren es auch, solange der Ölfluss nicht austrocknete.

Und bis 1999 ging das gut. Seitdem fuhren die Zentralbanken ihre Goldleasinggeschäfte zurück und stellten die Verkäufe überhaupt ein. Und was machten die Banken? Das, was Banken immer machen. Sie inflationierten das Angebot an Papiergold immer weiter - was den Anstieg des Goldpreises seitdem zwar drosselte, aber nicht aufhalten konnte. Das ist heute der Unterschied zwischen Gold und "Papiergold". Derselbe Unterschied wie jener zwischen Gold und jeder über ihre Goldbasis hinaus inflationierten Währung in der Geschichte. "Gold" ist heute eine Fiatwährung, die am wenigsten vermehrbare vielleicht, aber das macht nur einen graduellen Unterschied. 

Gold und Öl: Hand in Hand

Sehen Sie sich diese Grafik genau an, den dazugehörigen (sehr empfehlenswerten) Artikel von Eric Jaszen finden sie hier.

Gold und Öl: sie gehen Hand in Hand. Und wenn sie den Text rechts in der Grafik gelesen haben, dann wissen sie schon: die Ölgeschichte bietet auch eine ziemlich stichhaltige Erklärung für den Rückgang des Goldpreises in den letzten Monaten: die USA importieren weniger Öl!

Grund eins: die Rezession. Und Grund zwei: die Revolution.

Das Revolutiönchen

Die Energierevolution! Und nein, ich spreche nicht von Solarzellen und Windrädern. Ich spreche weiterhin von Öl, vom amerikanischen Öl. Bis 2020, so der Narrativ, wird die USA mehr Öl produzieren als Saudi Arabien. Klingt wundervoll, nicht? In jedem Fall ist die dramatisch steigende Inlandsproduktion plus Nachfragerückgang durch die Rezession ein ziemlich guter Grund für fallende Goldpreise. Wenn die USA wirklich bis 2020 "mehr Öl als Saudi-Arabien" produzieren sollten, die Gold-Skeptiker würden wohl recht behalten.

Aber! Der Trend zu teurem Öl ist ungebrochen und mit ihm der Trend zu höheren Goldpreisen. Der "US-Schock" ist vorhanden, ja. Aber er wird wohl vorübergehend bleiben. "Mehr Öl als Saudi Arabien"? You wish!

oil
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Wenn Sie sich diese zweite Grafik ganz, ganz genau ansehen - dann sehen Sie auch, was wirklich passiert. Die Regierung hat die Ölproduktion unheimlich anheizen lassen. Das war 2008, die Produktion pro Quelle stieg dramatisch an (rote Linie). Gleichzeitig ging die Nachfrage wegen der Krise zurück. Ein Jahr später ging der "Boom" los (grüne Linie) und die Gesamtproduktion (blaue Linie) sah eine Trendumkehr. Aber sehen Sie sich die rote Linie Post-2009 an. Der Trend ist in meinen Augen eindeutig. Die USA haben nicht "mehr Öl". Sie verbrauchen das vorhandene nur schneller.

Amerikanisches Ölwunder? Wunder gibt es nicht.

Weiterführende Literatur (Update):

Black Gold - The End of Bretton Woods and the Oil-Price-Shocks of the 1970s

Und... dieser Artikel ... um Öl/Gold geht es vor allem ab dem zweiten Zwischentitel "Background"

Und: Eric Janszen - The Post-Market-Economy Part 1 (hieraus stammen die Grafiken)


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