Wen haben Sie gewählt, Herr Professor?

Die Frage nach jeder Wahl ist immer die gleiche: „Wen haben Sie gewählt, Herr Professor?“ Und meine Überlegung auch: Warum wollen Schüler das wissen? Und wie antwortet man richtig?

Es ist schon erstaunlich, wie viel politisches Interesse unsere Schüler am Montag nach einer Wahl regelmäßig an den Tag legen. Dabei wollen sie jedoch nicht so sehr über Inhalte, Wahlmotive oder Wählerströme diskutieren. Was sie am meisten zu interessieren scheint ist nämlich, wo das Kreuzerl ihres Lehrers gelandet ist.

Warum ist das so?

Auf die Schnelle fallen mir vier mögliche Szenarien ein: Entweder wollen Schüler sehen, welche Noten ihr Lehrer den politischen Kandidaten gegeben hat, beziehungsweise wer durchgefallen ist und wer zum Aufstieg berechtigt ist. Das kennen sie, das entspricht ihnen, das ist kurz und schmerzlos.

Oder sie wollen überprüfen, ob das Bild, das sie von Anfang an von ihren Lehrern hatten, noch intakt ist: Der Biologielehrer – vorausgesetzt er hat nichts gegen Raucher – muss Van der Bellen wählen. Der Geschichtelehrer – vorausgesetzt er ist Wiener – Hundstorfer. Die Geografielehrerin – vorausgesetzt sie ist eine Frau – Griss usw. Hat er das gleiche gewählt wie ich (gewählt hätte), dann mag ich ihn. Wenn nicht, dann eben nicht.

Es könnte aber auch sein, dass der Lehrer solch ein Ansehen bei seinen Schülern genießt, dass seine Meinung tatsächlich zählt und als eine Orientierungshilfe auf der eigenen politischen Landkarte dienen soll. Der Lehrer wird dadurch zum Wahlhelfer - aber nicht so sehr für die Kandidaten als für die Schüler.

Oder die Schüler versuchen einfach nur Zeit zu schinden. Ja, auch das sollte in den besten Schulen vorkommen.

Und wie antwortet man auf diese Frage richtig?

Wenn man seine Benotung der Kandidaten offen legen, die (Vor-)Urteilskraft der Schüler bestätigen beziehungsweise abstrafen, Schülern bei der Bildung ihrer politischen Meinung unter die Arme greifen oder die Zeit verstreichen lassen will, dann soll man halt dazu stehen, dass man Lugner gewählt hat. Oder Khol. Oder Hofer. (Im Sinne der Gleichberechtigung: Hab ich nun alle genannt?)

Wenn man das jedoch nicht will, weil man aus einer ganz anderen Motivation als aus Wahlhelferambitionen vor einer Klasse steht, dann ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten. Helfen Sie mir bitte. Was würden Sie tun?

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