Hofer und die Krone übernehmen Bildungsarbeit in Österreich

Wer hat gesagt, dass mit dem Tag, an dem sich die heimischen Schulpforten wieder öffnen, der Alltag in unser Land zurückkehren würde?

Während der eine Hofer sich in einer wahlkämpfenden Endlosschleife befindet, versucht sich der andere, der Diskonter nämlich, nun in der Schulpolitik: Er fühlt gemeinsam mit dem Buchclub der Jugend und dem Bundesministerium für Bildung und Frauen Kinder- und Jugendbüchern auf den Zahn und bietet zukünftig all jene, die den innerbetrieblichen PISA-Test bestehen, in seinen Filialen günstig zum Verkauf an. Denn: „Lesen zählt zu den wichtigsten Fertigkeiten der heutigen Zeit“, wie der Markt in seinem Prospekt zwischen Süßkartoffeln und Minus-L Milch verkündet.

Ob Österreichs Kinder in den nächsten Monaten deswegen mehr lesen, wird schwer nachzuvollziehen sein. Doch, wenn dem nicht so ist, dann ist das auch nicht so schlimm. Solange man neben frischen Semmeln dann auch Bücher verkauft, kann man ja nicht so viel falsch gemacht haben.

Knuddelhunde und Lerntypen

Jeder, dem das noch zu wenig Nachwuchsförderung ist, wird sich in den letzten Tagen über eine weitere Initiative gefreut haben – vorausgesetzt er oder sein Sushiwirt ums Eck ist Krone-Abonnent. Denn auch Österreichs Boulevardzeitung Nummer eins wollte mit einer Sondernummer zum Schulanfang sein Stückchen zu einer besseren Bildung in unserem Land beitragen. (Zumindest sah die Zeitung von außen wie eine Bildungsrevolution aus; beim Durchblättern gab es da noch ganz andere Schwerpunkte: wie man nun endlich zu Hause Haare färben, durch Kreuzung niedliche Knuddelhunde züchten, den Stoffwechsel durch physisches Training ankurbeln, mit Hirse Knochen, Gelenke und Haare elastischer machen, auf einem kleinen Kreuzfahrtschiff gleich drei Länder bereisen und nach 15 Jahren die Geschehnisse rund um 9/11 immer noch nicht vergessen kann.)

Dass man im Artikel zum Schulstart Kindern nahelegt, beim Lernen mehr Spaß zu haben* und ihnen versichert, dass alles gut werden würde, wenn sie bloß ihren Lerntyp fänden und bedienten, nehmen Kevin und Jaqueline der zitierten Lernpsychologin wohl kaum übel. Immerhin engagiert sie sich für eine bessere Schulbildung im Land, wenn schon von der Politik nichts zu erwarten ist.

Apropos Politik: Mehr als neun Monate wird sie bereits umgesetzt, die österreichische Bildungsreform. Was ist bisher geschehen? Naja. Hofer hat eben eine Buchinitiative gestartet und die Krone gibt Nachhilfe in Sachen Lernstrategien. Aber sonst?

Geben Sie mir noch eine Woche! Ich bin mir sicher, ich werde etwas finden.

* Dieser Tipp ist genauso sinnvoll, wie jemandem zu raten, keinen Unfall zu bauen.

** Die Forschung hat mittlerweile die Aussage, dass Lerner in bestimmte „Lerntypen“ einzuteilen seien, hinter sich gelassen und spricht heute von „Lernpräferenzen“, die jedoch nur zeigen, wie man lieber lernt und nicht wie man besser lernt. Diese Lernpräferenzen seien im Gegensatz zu den Typen veränderbar (und würden dadurch auch ein „growth mindset“ fördern) und man könne sich durch das gezielte Fördern jener Lernformen, die man ursprünglich nicht bevorzugt, flexibel auf unterschiedliche Lernsituationen (und Lehrer!) einstellen und somit erfolgreicher lernen.

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