So super könnte der Schulstart sein

Mit der dienstags besiegelten Schulautonomie sollten Direktoren nicht nur bestimmen, wer in ihren Schulen arbeitet, sie sollen auch entscheiden, wann die tägliche Arbeit beginnen soll. Eine Chance?

Vogelgezwitscher, das durch das Fenster sanft auf mein Kopfkissen getragen wird, drängt die eben noch überflogenen Traumwiesen und Wunschfreunde in ihre Fiktionalität zurück, der Duft nach frisch gebohnertem Arabica-Kaffee streichelt mir auf dem Weg ins Badezimmer die Geruchsrezeptoren und vor dem Spiegel begegne ich einem Menschen, der mir frohen Mutes „Guten Morgen!“ ins Gesicht wirft und ausnahmsweise mal nicht schlecht gelaunt ist: Das wird ein super Tag – so ausgeschlafen wie ich bin!

Nach der erfrischenden Morgenhygiene wird bei einem freizügig gelachsten und ausgiebig befruchteten Frühstück noch die Nacht, der Tag und die Woche beplaudert, bevor ich in vollem (Orangen-)Saft meinen Weg durch die dickgrünen Wiener Parks in die Schule antrete. Dort treffe ich auf frische Kollegen und knackige Schüler, die es alle kaum erwarten können, den Ablativus absolutus unterrichten und über das hydrodynamische Paradoxon lernen zu dürfen.

Wie toll es doch ist, dass die Schule jetzt um 8:30 Uhr beginnt! Schüler und Lehrer sind wesentlich entspannter und somit auch glücklicher – was wiederum zu einem besseren Lernklima führen soll und somit die Entscheidungsträger begeistert. Unter diesen Umständen kann man endlich arbeiten! So kann Schule!

Der Wunschschulstart ist leider genauso grau

Das Problem bei dem gerade gemalten Bild ist, dass es sich dabei um eine Wunschvorstellung handelt, die sich nach ihrer Umsetzung wohl als doch nicht so wahr enttarnen wird.

Wieso ich das „prophezeien“ kann? Weil mein Schultag schon seit Jahren um 8:30 Uhr beginnt. Und glauben Sie mir: Mehr Zeit in der Früh zu haben, bedeutet nicht, dass man tatsächlich mehr Zeit hat – das gilt für Schüler und Lehrer gleichermaßen. Es heißt bloß, dass Schüler und Lehrer genauso gestresst sein werden wie zuvor – nur eben eine halbe Stunde später.

Unter diesen Vorzeichen bleibt von dem super Wurf eines späteren Schulbeginns dann bloß noch eines übrig: Die Erkenntnis, dass auch dieser die Qualität des Unterrichts nicht verbessern wird und dass es erst wieder an uns Lehrern liegt, die Schule und den Unterricht besser zu machen. Ich hoffe, dass unsere Regierung das auch irgendwann begreift, und die nötigen Rahmenbedingen dafür schafft.

Vielleicht sollte sie – die Regierung – später zu arbeite beginnen...

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