Maria hilft nicht

Die Grünen haben sich in der Wiener Stadtregierung so einiges von der SPÖ abgeschaut.

Angeblich war das Timing für das Mariahilfer Straßen-Experiment am lebendigen Anrainer, Autofahrer und Fußgänger kurz vor der Wahl tatsächlich die Idee von Maria Vassilakou. Das war auf den ersten Blick dumm, auf den zweiten durchaus schlau. So können die Grünen nun jede Kritik am Chaos als Wahlkampf-Hysterie kleinreden und ignorieren. Die Grünen haben sich in der Wiener Stadtregierung so einiges von der SPÖ abgeschaut: Interessanterweise schaffen es die Sozialdemokraten, Arroganz gegenüber den Bürgern nach Jahrzehnten der Macht in der Öffentlichkeit meist gut und geschickt zu verbergen, die Grünen zeigen das hingegen ganz offen.

Jüngstes Beispiel: Susanne Jerusalem, Vize-Bezirksvorsteherin von Wien sechs und Beute-Mariahilferin, schlägt vor, nach dem Desaster auf der Mariahilfer Straße nun ein paar Gassen daneben mit der Umerziehung konsequent weiterzumachen. Die Gumpendorfer Straße soll zu einem Teil – Höhe Apollokino – zu einer Einbahn werden, um die Querung des Bezirks vom Gürtel bis zum Ring zu verhindern. Ganz offen nennt sie den Sinn und Zweck dieser Übung: Die Autofahrer sollen in ein kompliziertes Einbahn-System und Gassen geschickt werden, um dort so lange Nerven und Zeit zu verlieren, bis sie auf die Autofahrt verzichten. Das ist ehrlich und unfassbar zugleich. Der kleine wirtschaftliche Schaden der Übung für jeden einzelnen oder die Gesellschaft? Völlig egal. Kollateralschäden. Wer ein hehres Ziel verfolgt, darf keine Skrupel haben.

Hat ein Flugzeug Verspätung, gerät ein Projekt, ein Bau in Verzug, hat der Kunde, der zahlt, Anspruch auf Entschädigung. Der Bürger zahlt Steuern. Aber wenn Lokalpolitiker Zeit und Nerven ihrer Bürger stehlen beziehungsweise strapazieren, passiert nichts. (Lokale Verkehrs-)Politiker können nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Frau Renate Brauner hilft ihrer Amtskollegin von den Grünen: Der Plan eines milliardenschweren U5-Baus wird sicher vom Fiasko ablenken.

Nur zur Transparenz und Vollständigkeit: Ich bin, wie diese Zeilen vermuten lassen, Bewohner des neuen Wiener Problembezirks.

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