"The Americans": Mitgefühl für den KGB

Als neues "Homeland" wurde "The Americans" anfangs gefeiert. Dabei hat das packende Spionagedrama viel mehr mit "Mad Men" gemeinsam. Und die Serie wird immer besser.

''The Americans'': Keri Russell als Elizabeth Jennings, Matthew Rhys als Philip Jennings
''The Americans'': Keri Russell als Elizabeth Jennings, Matthew Rhys als Philip Jennings(c) FX

Feiertagsbedingt fällt in den USA "Game of Thrones" diese Woche aus. Darum hier kein Episodenblog, sondern ein ausdrücklicher Tipp für eine Serie, mit der man das verlängerte Wochenende verbringen kann: "The Americans", dessen Finale der zweiten Staffel in den USA gerade ausgestrahlt wurde.

Ausgangsposition ist ein amerikanischer Albtraum, der schon mehrfach Stoff für Filmgeschichten wurde: Die Angst vor den Schläfern von Nebenan.

In "Little Nikita" erfuhr der junge River Phoenix, dass seine Eltern eigentlich KGB-Agenten sind. In "The Americans" steht das Schläfer-Paar selbst im Zentrum. Philip und Elizabeth Jennings leben Anfang der 1980er mit ihren unwissenden, aber nicht ganz ahnungslosen Kindern Paige und Henry in einer Vorstadt von Washington, D.C. Sie betreiben ein Reisebüro und Spionage für den KGB. In Folge eins entführen sie einen abtrünnig gewordenen KGB-Agenten, können ihn aber nicht wie geplant abliefern. Während dieser im Kofferraum ihrer Familienkutsche auf seinen Abtransport Richtung Sowjetunion wartet, zieht nebenan ein FBI-Agent ein. Zufall oder wurden sie aufgedeckt?

"The Americans" wird immer besser

Zu Beginn kommt der Pilot etwa noch gar grell daher, mit einer expliziten Sex-Szene und einer wilden Verfolgungsjagd, die dank der alten Karosserien an Filme aus den 1970ern und 1980ern erinnert. Überzeugt hat mich die Spannung und dieses seltsame Verhältnis zwischen Philip und Elizabeth. Ist ihre Ehe nur Schein oder durchleben sie gerade eine Ehekrise? Wie nah sind sie sich wirklich? Vertrauen sie einander?

Die Schlüsselszene zu diesen Fragen im Piloten untermalten die Macher der Serie selbstbewusst mit Phil Collins' Hit "In the Air Tonight" ("Miami Vice"!). Eine Ansage, die durchaus ihre Berechtigung hat. Denn mit zunehmender Dauer wird die Serie immer besser.

Das liegt auch an den Hauptfiguren, großartig und facettenreich verkörpert von Keri Russell und Matthew Rhys. Stereotype Rollenmuster wurden umgedreht: Elizabeth ist die Harte, die Distanzierte, die sich schwer damit tut, ihren "Glauben" an das Mutterland und den Kommunismus nicht ausleben zu dürfen. Philip der scheinbar Sanfte, Anpassungsfähige, fühlt sich in den USA hingegen weit wohler als er sollte.

Spionagegeschichten geben die Grundkoordinaten vor, wobei die Serie (Serierfinder Joseph Weisberg war selbst bei der CIA) dem Genre noch etwas Neues abgewinnt. Handlungen, bei denen man einen bestimmten Verlauf erwartet, entwickeln sich völlig anders als gedacht. Das gelingt ohne vordergründige, logisch nicht haltbare Plot-Twists. An denen laborierte etwa "Homeland", mit der die Serie anfangs verglichen wurde.

"Motherland" oder Familie?

"The Americans" ist schlau konstruiert. Über jeder Folge liegt ein Thema. Vergnüglich, wie sich die Figuren oft (manchmal auch sprichwörtlich) spiegeln. Schein, Schauspielerei und Manipulation spinnen die Geschichten. Auf eine verdrehte Art kann man "The Americans" auch als ein Drama über die Unterhaltungsbranche selbst verstehen, als Albtraumfabrik-Äquivalent.

Im Grunde genommen geht es in "The Americans" um Partnerschaft und Familie. Wem sind die Agenten treu? Dem Staat? Sich? Oder den ihren? Damit liegt die Serie näher bei "Mad Men", diesem großen Drama vor historischer Kulisse, das gerade in seine Finale siebte Staffel geht.

 ''The Americans'': Matthew Rhys als Philip Jennings, Keri Russell als Elizabeth Jennings
''The Americans'': Matthew Rhys als Philip Jennings, Keri Russell als Elizabeth Jennings(c) FX

"The Americans" testet auch die Loyalität der Zuseher. Die Serie feierte im Frühling 2013 Premiere, bevor man wusste, dass der Kalte Krieg nicht ganz so erkaltet war wie gedacht. Durch die Ukrainekrise wirkt die Serie aktueller, und fragwürdiger. Obwohl Philip und Elizabeth auf der Seite der "Bösen" stehen, fiebert man als Zuseher mit ihnen mit - und fühlt sich beinahe schuldig.

Wenn man (neben den unglaubwürdigen Verjüngungen der Hauptfiguren in Rückblenden) etwas kritisieren möchte, dann, dass die Ideale, die kommunistischen Vorzeichen, bislang wenig herausgearbeitete wurde. Das mag noch kommen, Staffel drei ist fixiert. Vielleicht wird Ideologie darin ein noch stärkeres Thema.

"The Americans", FX, auf DVD

>> Zu den historischen Details ein hübscher Link (Spoiler): www.vanityfair.com/vf-hollywood/the-americans-real?mbid=social_twitter

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