"The Walking Dead": Mit 15.000 Zombie-Fans im Madison Square Garden

awa
  • Drucken

American Times, Episode 5. In dem ich mit Zombie-Fans den Madison Square Garden belagerte - und mich bei der neuen "Walking Dead"-Folge dennoch nicht fürchtete.

Am Wochenende fand ich mich unter Zombies - oder eigentlich: Zombie-Fans - wieder und fürchtete mich dennoch kein bisschen. Dazu waren zu viele, nämlich 15.000 Menschen im New Yorker Madison Square Garden - und der Großteil von ihnen war in edlen Abendroben gekommen anstatt blutverklebt, mit aufgemalten Wunden und in zerrissenen Kleidern den Halloween-Abend zu generalproben. Kurz gesagt: In New York war Fan-Premiere der neuen und sechsten Staffel von "The Walking Dead".

Denkbar einfach war die oberste Spielregel für dieses Spektakel: Wer nicht folgt, der fliegt. Wer es also wagte, während der auf drei große Leinwände projizierten ersten Folge aus Staffel 6 sein Smartphone oder ein anderes blinkendes Gerät aus der Tasche zu ziehen, wurde von einem der nervös auf und ab gehenden Aufseher streng und laut verwarnt und bei wiederholter Auffälligkeit unsanft aus der Veranstaltungshalle geworfen. Das zumindest wurde angedroht. Mein Vorhaben, mir auf meinem Mobiltelefon Notizen zu machen, strich ich also schüchtern und konfliktscheu wie ich bin. Der besonders gut aufgelegten Moderatorin Yvette Nicole Brown hatte ich ihr kryptisches "If you ruin the episode, we will find you" zu Beginn nicht abnehmen wollen, doch bei den Herren mit Knopf im Ohr und Muskeln unter engem Sakkostoff knickte ich sofort ein. Erst nach der Ausstrahlung der ersten Folge Sonntagabend (in Europa: Montagabend auf Fox bei Sky, danach auf Sky Go und Sky Online abrufbar) dürfe gepostet, getweetet und geinstagramt werden, hatte die Moderatorin das Publikum aufgeklärt. Das wiederum hätte sie eigentlich nicht extra erwähnen müssen. (Die Links zu kurzen Mitschnitten, die Ungehorsame kurz nach der Ausstrahlung doch online stellten, wurden aber schnell gelöscht, wie der ebenso anwesende Kollege von Sueddeutsche.de, Hakan Tanriverdi, gut beobachtet hat.) 

awa

Wenn es nach dem Sender AMC und Serienproduzentin Gale Anne Hurd geht, wurde am Freitag sogar Geschichte geschrieben. Ihres Wissens nach sei dies der größte (Gratis!-)Fan-Event einer TV-Show bisher, und die erste Serienpremiere im New Yorker Madison Square Garden überhaupt. Der Veranstaltungsort wurde zu einem kleinen Fan-Paradies umgestaltet: Es gab nicht nur Stände mit Fanartikeln, sondern auch Motto-Speisen wie "The Walking Bread" oder "aPOPcalyptic Popcorn" an den Snack-Bars. Dankenswerterweise sahen die Hot Dogs immer noch aus wie Würstel im Sandwich und nicht wie abgetrennte, blutige Finger. Halloween kommt ja erst in drei Wochen. 

awa

Es gab allerdings reichlich Futter für Social-Media-Süchtige, nämlich gaaaaanz viel Selfie-Motiv-Material. Die Doppeltüre mit dem Schriftzug "Don't Open, Dead Inside" hinter der Hauptfigur Rick Grimes (dargestellt von Andrew Lincoln) in der allerallerersten Folge die ersten Untoten bemerkt, stand ebenso als Fotokulisse bereit, wie die bekanntesten Figuren aus Wachs und in Lebensgröße. Die längste Schlange bildete sich bei der Figur von "Walking-Dead"-Oberliebling Daryl Dixon und seinem Motorrad. Seine Beliebtheit war auch während der Ausstrahlung der 90 Minuten langen Folge "First Time Again" zu bemerken.

awa

Denn den lautesten Applaus, das kräftigste Gejohle erhielt Schauspieler Norman Reedus, der Dixon verkörpert (siehe Bild unten). Als nach dem Screening 13 der Hauptdarsteller auf der Bühne Platz nahmen, um über die neue Staffel zu sprechen, hatte er eindeutig den spektakulärsten Auftritt: Auf dem Motorrad raste er quer durch die Halle auf die Bühne. Das Publikum erteilte ihm sogar Standing Ovations. Später erzählte er, er sei mit seinem Sohn Mingus gekommen, der heute Geburtstag habe, weshalb es wundervoll wäre, wenn die Halle ein Geburtstagsständchen für ihn singen würde. Gebeten, getan. 15.000 Menschen sangen also "Happy Birthday, Mingus!". Was für ein Name.  

AMC

Die vierstündige Premiere konnte in einer Sache sehr gut mithalten mit jenen Sportereignissen und Konzerten, die sonst im Madison Square Garden stattfinden: beim ohrenbetäubenden Lärmpegel. Die Moderatorin schrie alle Warnhinweise und Freudensbekundungen in die Arena, auch das Walking-Dead-Trivia-Spiel vor der gezeigten Folge ging laut über die Bühne und die Begrüßung der Stars danach ebenso. Schuld daran war freilich auch das aufgeweckte Publikum, das aus 49 Bundesstaaten und neun Ländern wie Argentinien, Deutschland und Finnland angereist war, wie die Veranstalter betonten. Beim Auftritt von Josh McDermitt als langsamer, aber gutmütiger Wunderling Eugen Porter? Lachten alle. Wenn wieder eine Gruppe Untoter zur Strecke gebracht war: Klatschte die Menge anerkennend. Als Rick Grimes seinem Wiedersacher in bester Western-Movie-Manier entgegnete: "Do you have any idea who you are talking to?": Geriet das Publikum außer Rand und Band vor Freude. Und als eine der Figuren von einem Zombie in die Wange gebissen wurde, das Blut spritzte, der Angegriffene gellend schrie: Wurde laut und lange gegrölt. (Welche Figur das war, trau ich mich nicht zu schreiben. Nicht aus Angst vor den muskelbepackten Aufpassern in der Halle, sondern aus Respekt vor den Fans, die noch nicht so weit sind.) 

Von Kritikern und Preisjurys wird sie zwar seit Jahren weitgehend ignoriert, aber das Publikum hält treu zur Zombie-Serie. Die finale Folge der fünften Staffel sahen im März über 17 Millionen Menschen. Der Reiz der Serie macht abgesehen von den immer gleich aussehenden, grau gekleideten und blut überströmten Untoten, die durch die Kulisse stolpern und die nur durch eine Kopfverletzung endgültig vernichtet werden können, auch der "Niemand-ist-sicher"-Effekt aus, der ebenso bei "Game of Thrones" von Anfang an zieht. So warnte das Produktionsteam auch am Premierenabend: "Lasst euch gesagt sein: No one is safe. No. One. Auch diesmal nicht." Lautes Aufjaulen des Publikums. Welcher ihrer Lieblinge wird es diesmal nicht weiter schaffen? 

Und was lässt sich über die neue Folge der sechsten Staffel sagen? Sie liefert jedenfalls noch mehr spektakuläre Bilder, da die Untoten nun in einen Steinbruch außerhalb von Alexandria zusammengeführt werden, um sie dort - erraten! - auf einen Schlag zu vernichten. Das erinnert in manchen Szenen an epische Filme wie "Der Herr der Ringe". Gleichzeitig wird die Geschichte zumindest in Folge eins in schwarz-weißen Rückblenden erzählt und wird es immer unklarer, ob Rick Grimes immer noch der gute Anführer ist oder durch den Wahnsinn langsam umgedreht wurde. Das Publikum war sich da auch nicht ganz sicher. Grimes bekam zwar bei fast jedem Auftritt, bei vielen seiner doch recht platten Sätze Applaus und Zustimmung, doch es mischten sich auch hörbar missmutige Töne über sein ungutes Führergehabe darunter. 

Beim anschließenden Gespräch mit den Stars gaben sich diese zwar völlig Publikums-vernarrt (Sie riefen ständig: "I love you! I love you too!" in die Menge.), aber was den Inhalt angeht, zugeknöpft. Die Sorge, zu viele Details aus dem Rest der neuen Staffel zu verraten, war offenbar groß. Sonst hätten die strengen Aufpasser aus dem Publikum glatt einen der Hauptdarsteller aus dem Zombie-Garten verbannen müssen. 

P.S.: Die Serienmacher haben sich noch was ausgedacht: Es gibt jetzt eigene Emoijs, darunter auch den Motorrad-fahrenden Daryl Dixon. Und wer den Namen der Serie twittert, bekommt automatisch das Standard-Emoji zur Serie (einen Walker, der aus einer blutroten Lacke stapft) angezeigt. Das ist allerdings ein bisschen aufdringlich. Frage an die Auskenner: Geht das weg oder kommt das jetzt immer automatisch mit? 

Staffel 6 von „The Walking Dead” läuft ab heute, 12. Oktober immer montags um 21 Uhr auf Fox bei Sky und ist im Anschluss auf Sky Go und Sky Online abrufbar.

Mehr lesen vom American Times-Blog:
>> Episode 1
>> Episode 2
>> Episode 3
>> Episode 4 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.