„Silicon Valley“ Staffel zwei: Schlauer als „Big Bang Theory“

Sie sind Pied Piper:  Donald 'Jared' Dunn (Zach Woods), Erlich Bachman (T.J. Miller), Richard Hendricks (Thomas Middleditch), Dinesh Chugtai (Kumail Nanjiani) und  Bertram Gilfoyle (Martin Starr)
Sie sind Pied Piper: Donald 'Jared' Dunn (Zach Woods), Erlich Bachman (T.J. Miller), Richard Hendricks (Thomas Middleditch), Dinesh Chugtai (Kumail Nanjiani) und Bertram Gilfoyle (Martin Starr)(c) HBO
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Die zweite Staffel der Tech-Comedy von HBO macht süchtig, wird aber zu wenig gewürdigt. Dabei hätte die Serie das Potential, das bessere „Big Bang Theory“ zu sein.

In einer der besten Szenen in der zweiten Staffel der HBO-Comedy „Silicon Valley“ überlegen die ewig miteinander konkurrierenden Programmierer Dinesh (Kumail Nanjiani) und Gilfoyle (Martin Starr), was passieren würde, wenn sie den drohenden Tod des Stuntfahrers Blaine nicht verhindern würden. Denn dieser hat die Flugbahn für seinen Stunt falsch berechnet. Warum die beiden überlegen, Blaine das nicht zu sagen? Erstens verhält er sich ziemlich arrogant, und zweitens ist er mit der hübschen Gina zusammen. „Let Blaine Die“ steht daher auf einem riesigen Board, auf dem die beiden penibel die möglichen Vorteile, Risiken und Nachteile aufgelistet haben. „Ein Blaine weniger auf der Welt“ und „Gina muss getröstet werden“, steht bei den Vorteilen, und bei den Nachteilen: „Wir können ihn nur einmal sterben sehen“. Nicht sehr nett. Als Blaine selbst dann aber bei ihnen auftaucht und sich für sein Fehlverhalten entschuldigt, wird es interessant. In gängigen Comedys würde Blaine die Tafel nicht entdecken, dieses „Arschloch-Verhalten“ nicht aufgedeckt. Die Figuren würden ein schlechten Gewissen bekommen und geläutert werden. Ein bisschen zumindest. Nicht so in „Silicon Valley“. Blaine sieht die Tafel – und jagt die beiden hochkant raus.

Das ist hochkomisch – und zeigt auch eine Stärke der Serie: Die Figuren sind zwar hochgradig exzentrisch, oft auch gar unsympathisch, aber sie bleiben trotzdem menschlich, denn ihr Handeln hat Konsequenzen. „Silicon Valley“ hängt nicht wie viele andere Comedy-Formate in einer Zeitschleife fest, in der sich nichts ändert. Hier tut sich viel – und ständig passieren Fehler.

Insgesamt hat „Silicon Valley“ jedenfalls das Potential, das schlauere „Big Bang Theory“ zu sein, weil die Serie Entwicklungen zulässt – sowohl in den Figuren, als auch bei der Handlung. Zwar hat „Big Bang Theory“ den Weg für Nerds als Helden geebnet, aber in den vergangenen Jahren hat die Sitcom einiges an Verve verloren. Früher fand ich Sheldon Cooper (Jim Parsons) den lustigsten der vier Physiker, inzwischen nervt er mich ein wenig. Die Figur wird hauptsächlich über ihre Neurosen und Ticks porträtiert. Im Ringen Sheldon vs. Normalität hat Sheldon nun ständig die Oberhand – das ist nur begrenzt lustig.

Die Welt verbessern? Das dürfen nur wir

„Silicon Valley“ ist zudem eine schlaue Satire auf die Scheinheiligkeit in der Tech-Industrie, in der Konkurrenz- und Zeitdruck immens sind. Schön bringt das Gavin Belson (Matt Ross), CEO des fiktiven, an Google angelehnten Internet-Riesen Hooli, auf den Punkt: „I don't want to live in a world where someone else makes the world a better place better than we do“, sagt er einmal. Die Welt verbessern? Ja, gerne, aber das dürfen bitte nur wir.

Auf Handlungsebene geht der Kampf David gegen Goliath mit harten Bandagen weiter: Das Startup Pied Piper der Hauptfigur Richard Hendricks (Thomas Middleditch) muss sich gegen den übermächtigen Goliath-Konzern Hooli durchsetzen. Eine Klage von Hooli bringt die anfängliche Erfolgsgeschichte von Pied Piper ins Stottern, wie sonst nur Richard, wenn er aufgeregt ist. Das Finale der zweiten Staffel ist jedenfalls so spannend, ich habe die letzten vier Folgen in einem Zug gesehen – bis spät in die Nacht.

Dass die zweite Staffel „Silicon Valley“ so gut gelungen ist, muss man den Serienmachern Mike Judge, John Altschuler und Dave Krinsky hoch anrechnen. Denn noch während der Dreharbeiten zur ersten Staffel starb einer der wichtigen Darsteller, Christopher Evan Welch, an Krebs. Er spielte den schrulligen Tech-Milliardär Peter Gregory. Eine fantastische Figur, der seine Nachfolgerin Laurie Bream (Suzanne Cryer) bislang nicht ganz das Wasser reichen kann.

Staffel drei startet im April

Insgesamt wird „Silicon Valley“ noch zu wenig gewürdigt, aber schön langsam ändert sich das: Heuer war die Serie für einen Golden Globe im Rennen, und auch bei den Emmys war sie nominiert. Die Preise blieben bislang noch aus – vielleicht ändert Staffel drei (ab April im US-TV) das.

Massentauglich wie „Big Bang Theory“ wird „Silicon Valley“ nie sein, dafür ist die Serie einfach zu politisch unkorrekt. Die eine ist eben eine HBO-Nischenproduktion, die andere eine leicht verdauliche Comedy, der nach neun Staffeln verständlicherweise die Ideen ausgehen. Im Massenfernsehen hätten Dinesh und Gilfoyle jedenfalls immer ein schlechtes Gewissen gehabt – und es hätte die „Let Blaine Die“-Tafel so nie gegeben.

"Silicon Valley", auf Sky Atlantic, DVD oder (kostenpflichtig) auf Amazon Prime

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