Prölls wunschloses Unglück mit Spindelegger

Erwin Pröll wollte offenbar mit der Wehrpflicht seine Landtagswahl im März 2013 schlagen und sicher keine Volksbefragung im Jänner. Jetzt kann er sich ein neues Thema suchen. Kein Wunder, dass die "Niederösterreichischen Nachrichten" Spindelegger scharf kritisieren.

Von jungen Journalisten bekommt man immer wieder zu hören, früher sei alles viel einfacher gewesen. Stimmt! In der Innenpolitik zum Beispiel war es viel leichter, sich einen Überblick zu verschaffen. Da gab es die besonders guten Pressesprecher, von denen man zuerst die offizielle Version eines Geschehens bekam und danach die Information darüber, „was wirklich los" war. Das erleichterte die Einschätzung gewisser Entwicklungen und Geschehnisse enorm.
Früher, da konnte man mit Gesprächspartnern mehrstufige Vereinbarungen treffen, an die sich beide Teile hielten: Was konnte man zitieren? Was konnte man wissen und auch veröffentlichen, aber nicht diesem Gesprächspartner (es gilt auch immer die weibliche Form) zuschreiben? Und was musste absolut vertraulich behandelt werden? Letzteres diente oft auch der richtigen Einordnung.
Davon ist jetzt nicht mehr viel übrig geblieben, wie es scheint.

Am Beispiel des internen Supergaus der ÖVP rund um die Allgemeine Wehrpflicht und die angedachte Personalrochade lässt sich das unschwer nachweisen. Allerorts wurde Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll als jener mächtige Mann beschrieben, der ÖVP-Chef Michael Spindelegger vor sich her zur Volksbefragung über das Bundesheer getrieben hat. Dann konnte man aber erfahren, dass in Wahrheit Pröll die Wehrpflicht als Turbo für seine Landtagswahl im März 2013 verwenden wollte. Einer Volksbefragung im Jänner kann er gar nichts abgewinnen. Das Thema wird im Landtagswahlkampf „gegessen" sein. Die niederösterreichische ÖVP muss sich ein neues suchen. Pröll soll wütend sein.
Woher will man wissen, dass dieses Gerücht in der ÖVP stimmen muss? Nun, man stolpert über einen Kommentar vom 10.September in den „Niederösterreichischen Nachrichten" (NÖN), die nicht dafür bekannt sind, dass sie schreiben, was Pröll NICHT denkt. Und dort steht unter dem Titel „Ein politisches Eigentor" unter anderem folgendes zu lesen:

"ÖVP-TURBULENZEN Anstatt die Wehrpflichtdebatte für einen politischen Schub zu nutzen, schlitterte die Bundes-ÖVP in schlimme Personaldiskussionen.

Mit der Volksbefragung zur Wehrpflicht hatte Landeshauptmann Erwin Pröll der Bundes-VP eigentlich ein Thema aufgelegt, welches das rot-grüne Kokettieren von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und Grünen-Bundesobfrau Eva Glawischnig genauso in den Hintergrund treten ließ wie die Politikersuche von Frank Stronach. Die Bundespartei schaffte es allerdings, den politischen Elfmeter ins eigene Tor zu schießen....

Noch schlimmer wurde es, als dann die Heeres-Debatte von einer Personaldebatte überschattet wurde....
Tatsächlich dürfte Michael Spindelegger von sich aus damit spekuliert haben, den Wechsel im Staatssekretariat zu einer größeren Umbildung zu nutzen. Dazu kam es nicht, weil alles schlecht vorbereitet war....Wobei es in NÖ ein offenes Geheimnis ist, dass man den Wechsel von Klubobmann Karlheinz Kopf gerne gesehen hätte, weil man mit dessen Arbeit unzufrieden ist."
Also bei so viel Durcheinander kann niemand von Journalisten verlangen, dass sie den Überblick behalten. Und von Jungjournalisten schon gar nicht.

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