US-Wahlhilfe auf österreichisch

Wahltag in New York: Jeder kann seinen Beitrag leisten. Ich fand mich als Hundehüterin vor Wahllokalen wieder. Hilfsbereit, aber unfreiwillig. Manche Besitzer waren so stolz auf die Ausübung ihres "demokratischen Rechts" wie auf ihren Hund - wahrscheinlich.

"Ich möchte wählen gehen. Können Sie meinen Hund halten?" "Aber ja, natürlich." Bella, der Hund, war jung, neugierig und ein Mischling, aber was, bitte, sollte das am Tag der US-Präsidentenwahl vor der Jean Arc Junior High School in der 93. Strasse West in New York City um 11 Uhr vormittags vor dem Wahllokal werden? Eigentlich wollte ich ja mit Leuten reden, die von der Turnhalle der High School wieder herauskamen; wollte sie fragen, ob es Probleme mit den Wahlmaschinen gegeben hat; wie die Organisation war und was die Präsidentenwahl 2012 für sie bedeutet.

Und jetzt stand ich da mit einem fremden Hund an der Leine. Es hätte Stunden dauern können, weil es für manche Wahlbezirke lange Schlangen gab. Aber so schlimm war es nicht. Nur, kaum waren Bella und ihre Besitzerin verschwunden, kam ein alter Mann und drückte mir die Leine seines schwarzen Labradors in die Hand. Weiß der Mann nicht, dass ich mich eigentlich vor großen Hunden fürchte? Er verschwand in das Schulgebäude, ich stand frierend an diesem glasklaren aber bitter kalten Wahltag mit einem fremden Hund da. Nach dem zweiten kam der dritte, den mir ein jüngerer Mann überließ, der aber offenbar wenig Vertrauen in meine Hundehaltung-Qualität hatte, denn wenig später stürmte er wieder heraus: Zu viele Leute, er komme späte wieder. Der nächste bitte - Hund natürlich.

Es zeigte sich aber bald, dass Hunde eigentlich die besten Freunde von Journalisten sein können, denn die Leute blieben stehen, redeten mit den Hunden - zuerst und dann auch mit mir. Manche beklagten die Organisation in der Turnhalle, andere wieder gar nicht. Manche fanden die Wahlbeteiligung generell in den USA auch bei Präsidentenwahlen skandalös gering. Die meisten glaubten nicht, dass es noch in der Nacht eine Entscheidung zwischen Barack Obama und Herausforderer Mitt Romney geben könnte.

Vor dem Wahllokal und auch drinnen in der Turnhalle ein Heer von Freiwilligen, von Wahlbeobachtern und Wahlhelfern. Wenn ein Mann im dunklen Business Suit mit einer Aktentasche durch die Reihen geht, kann es sich nur um einen der zahlreichen - von Republikanern oder Demokraten engagierten - Rechtsanwälte handeln, die aufpassen sollen, dass alles korrekt abläuft.

Und es dauerte auch nicht lange, etwa eine Stunde oder so, bis die ersten Gerüchte die Runde unter den Wartenden machten: Ob man schon gehört habe, dass Wahlmaschinen in Ohio, wo der Obama-Knopf gedrückt wurde, die Stimme Romney zugewiesen haben? Ob die ganze Prozedur wirklich so kompliziert sein müsse?

Das mit den "korrigierenden" Wahlmaschinen hat es schon 2000 gegeben. Deshalb steht im Wahllokal der Öffentlichen Schule Nr. 165 in der 109. Straße West, der Turnsaal auch hier, eine Gruppe von Freiwilligen von der Organisation "Jede Stimme zählt" und befragt Wähler, ob sie nicht für eine total Änderung der Wahlprozedur sind. Das jetzige System sei viel zu anfällig für Missbrauch, erzählte eine der Freiwilligen. Warum es denn nach dem Desaster 2000 bei der Wahl George W. Bush vs. Al Gore nicht geändert wurde. Im leisen verschwörerischen Ton flüstert sie: Weil es bei Wahlen in den USA nicht um die Wähler, sondern um Gruppen, die diese beeinflussen können, ginge.

Da hatten etliche Wähler(innen) in der 93.Straße eine ganz andere Meinung: Alle waren stolz auf die Wahl. Das sei der Moment, wo Demokratie funktioniere. Das sei der Moment, wo man daran teilhaben kann.

Vorne vor dem alten Schulgebäude auf der 109. Straße schreit sich ein Freiwilliger indes die Seele aus dem Leib: "Gehen Sie wählen, Stiegen rauf und rechts." Und ich steh plötzlich wieder mit einem Hund auf der Straße, mit Mia dieses Mal, schwarz-weiß und nicht so groß. Sobald die Besitzerin wieder da ist, mache ich mich auf und davon. Wahlhilfe ist ja gut, aber in der Eiskälte vielleicht bis sechs Uhr abends Hunde zu hüten, das wäre dann doch übertrieben. Außerdem stand eine lange Wahlnacht bevor.

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