Keine guten Tage für Frauen in der Politik - und anderswo

Wenn Ministerinnen Bürger für dumm verkaufen wollen, schadet das der Sache der Frauen in der Politik und ganz allgemein mehr als wenn Minister das versuchen: Eine grausame Zusammenschau der letzten Tage.

Irgendwie tut man sich als Journalist(in) mit partieller Aufmerksamkeit leichter als mit der eher unangenehmen Angewohnheit, überall und jeder Zeit irgendwelchen Zusammenhängen aufzuspüren zu müssen. In den letzten Tagen war dieser Hang zur Zusammenschau besonders unangenehm. Verschiedene Ereignisse und Wortspenden von Ministerinnen führten unweigerlich zur Erkenntnis: Das sind (waren) keine guten Tage für Frauen. Es bewahrheitet sich nämlich der Spruch, dass Frauen der Sache der Frauen im öffentlichen Bereich mehr schaden können als noch so viele Männer.
Unsinnige Behauptungen von weiblichen Regierungsmitgliedern schmerzen aus diesem Grund oft mehr als jene ihrer männlichen Kollegen. Wenn Politikerinnen versuchen, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen, in dem sie aus durchsichtigen Gründen um wahltaktischer Vorteile willen ihre Position ändern und so tun als hätten sie nie andere eingenommen, so tut die Beobachtung solcher Verrenkungen einfach weh. Wenn sie sich aus ebenso durchsichtigen Gründen um des eigenen Vorteils willen auf Posten hieven lassen, für die sie nicht die geringste Qualifikation mitbringen und auf denen man den „Missbrauch" ihrer Person mit freien Auge erkennen kann, ebenso.
Hier die Beispiele der letzten Zeit:
Unterrichtsministerin Claudia Schmied meinte in Verteidigung der Ganztagsschule doch allen Ernstes in einem „Presse" Interview (http://diepresse.com/home/bildung/schule/1312288), dass nicht jede Schule ein Konferenzzimmer benötige und sich die Lehrkräfte auch in der "Aula oder im Gemeindesaal" zur Konferenz treffen könnten. Dass dies nur dann sinnvoll wäre, wenn - wie in manch anderen Staaten - Schüler von Klassenzimmer zu Klassenzimmer, also zur jeweiligen Lehrkraft, zum Unterricht pilgern, verschweigt sie; dass dies noch mehr bauliche Veränderungen und daher Geld benötigen würde, ebenso. Was sollen Jugendliche von einer solchen Minister-Aussage halten? Hier will uns jemand auf den Arm nehmen, wahrscheinlich. Das ist gerade bei Jugendlichen und ihrem ohnehin gestörten Verhältnis zur etablierten Politik zur Zeit besonders schlimm.
Schmied ist aber nicht allein. Die beiden ÖVP-Ministerinnen Johanna Mikl-Leitner und Maria Fekter sprangen ihr da zur Seite. Schlimm genug, dass die Innenministerin seit ihrem Ausbruch als ÖAAB-Chefin gegen die Reichen mehr oder weniger offen als „Zaster-Hanni" firmiert und die Finanzministerin seit ewigen Zeiten auch als „Schotter-Mitzi" bekannt ist. So grausam kann Zusammenschau auch sein!
Mikl-Leitners Auftritt in der ZIB 2 am Montag vergangener Woche war vom Schlimmsten. Auf die wiederholte Frage, woher denn das zusätzliche Geld für das neue Modell der Pendlerpauschale kommen soll, wiederholte sie zuerst gebetsmühlartig, dass sie es Finanzministerin Fekter „überlasse", das zu erklären. Und dann machte sie doch einen Vorgriff auf die Erklärung Fekters: Weil Österreich „weiterhin das Tripel A" habe und „weniger Zinsen zu zahlen sind ist das ein Topf, aus dem es (das Geld) kommen kann." Weil sich Österreich also Zinsen erspare, kann man das ersparte Geld woanders einfach wieder ausgeben. Das ist die Logik der Wirtschaftspartei ÖVP, die immer von der „SPÖ Schuldenpartei" spricht? Da fiel dann die Unbedarftheit Mikl-Leitners bei der Frage nach der Logik des neuen Pendlerpauschale schon gar nicht mehr ins Gewicht: „Selbstverständlich haben wir das Modell durchgedacht". Frage: Aber wo sei die Logik, die Autofahrten der Pendler zu subventionieren statt aus ökologischen Gründen den öffentlichen Verkehr zu forcieren? Mikl-Leitner: „Selbstverständlich haben wir das genau angedacht". Und in dieser Art ging es weiter. Was der Moderator offenbar nicht „angedacht" hat: Die Logik liegt in der Landtagswahl in Niederösterreich im März 2013 und in der Tatsache, dass Mikl-Leitner mit noch mehr Schulden kein Problem haben kann, kommt sie doch aus einem der höchst verschuldeten Bundesländern - eben Niederösterreich. So grausam kann politische Sozialisierung sein.
Aber Mikl-Leitner hat am Montag nur vorgebetet, was Finanzministerin Fekter am Dienstag nach dem Ministerrat im Mittagsjournal im Ö 1 Radio zu den mehr als 100 Millionen Euro, die für Pendler zusätzlich durch weniger Steuerzahlungen bereit gestellt werden, mit der eigenen Logik der Sparpartei ÖVP von sich gab: „Wir haben für unser Tripel A niedrigere Zinsen als eingepreist, das heißt, da haben wir ein bisschen einen Puffer". Das heißt, daher kann das Geld mit beiden Händen ausgegeben statt Schulden abgebaut werden. Was sollen Bürger, die von der ÖVP immer wieder auf Sparen eingeschworen werden, von solchen Ministerinnen-Aussagen halten? Hier will uns jemand auf den Arm nehmen, sicherlich! Sparen heißt weniger ausgeben, nicht mehr - anderswo. Aussagen wie jene Fekters sind ein solcher Angriff auf die Intelligenz. Und wieder schadet eine Frau in der Politik den Frauen allgemein.
Und erst Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner: Montag wird in der Wiener Hofburg das internationale König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog eröffnet , finanziert von Saudi Arabien. Bandion-Ortner wird Vize-Generalsekretärin. Ob sie die verschiedenen Strömungen im Islam überhaupt kennt? Ist sie jemandem bisher als Expertin in Religion aufgefallen? Aber vielleicht hat sich Bandion-Ortner in den paar Monaten, die sie in der Anti-Korruptions-Akademie in Laxenburg versorgt worden ist, ja so richtig eingelesen. Es geht ihr doch sicher nicht nur um die saudi-arabisch finanzierte Gage statt ihres früheren Richterbezugs.

Eines kann man Bandion-Ortner aber nicht absprechen: Sie ist wenigstens konsequent: Hat sich die Ex-Richterin im Bawag-Prozess doch schon bei der Übernahme des Justizressorts kräftig selbst überschätzt (und schließlich übernommen), so dürfte ihr der Mangel an Qualifikation auch jetzt keine Probleme bereiten. Die Hoffnung, Frauen hätten eine realistischere Sicht ihrer Fähigkeiten als Männer, erweist sich eben als trügerisch. Allein, jedes Urteil „Sie kann es eben nicht" ist ein weiterer Rückschlag für Frauen. Bei Männern wird es erstens nicht so oft gefällt und fällt zweitens weniger auf.
Von Justizministerin Beatrix Karl, die dringend neue Beratung benötigt, um zu erkennen, dass aufgerissene Augen und Schmollmund bei öffentlichen Auftritten noch lange nicht Kompetenz signalisieren, soll hier gar nicht erst die Schreibe sein. Das wäre echt zu viel.
Was hier wahrscheinlich als Frauenfeindlichkeit oder Zickenkrieg daher kommt, ist eigentlich nur Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit: Wie oft schon habe ich über Jahrzehnte hinweg das Thema „Frauen schaden Frauen" in der Politik schon aufgegriffen? Wozu eigentlich?

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