Ein Stoßgebet hilft - ein wenig jedenfalls!

So schön kann ein Irrtum sein: Die überwiegende Mehrheit der Kärntner hatten es endlich doch satt. Die ersten drei Lehren aus den Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten.

Am Tag vor den Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten habe ich mir in der Kolumne „Quergeschrieben" in der Printausgabe der „Presse" sehnlich gewünscht, zu irren. Ich habe nämlich befürchtet, dass den Kärntnern doch alles zugemutet werden kann und ihre Reaktion auf die Entwicklung des Landes in den letzten drei Jahren doch nicht eindeutig ausfallen könnte. Fein, dass das ein Irrtum war wie das Ergebnis der Landtagswahl und der historische Absturz einer Partei (FPK) von 45 Prozent auf 17 Prozent gezeigt hat.

Die Kärntner haben keine „Freibrief" für eine Politik, in der alles erlaubt ist und nichts Konsequenzen hat,ausgestellt. Es hat zwar lange gedauert, aber in dieser Zeitspanne liegen auch ein paar Botschaften für alle anderen Parteien, vor allem für jene in Opposition.
1. Hartnäckige Kontrolle zahlt sich aus und ist ein Dienst an der demokratiepolitischen Hygiene eines Landes. Man darf sich erinnern: Alle Machenschaften rund um den Verkauf der Hypo Alpe Adria und das ominöse Birnbacher-Gutachten konnten im Untersuchungsausschuss des Landtages nicht zur Gänze aufgearbeitet werden und waren von der Justiz bereits zur Seite gelegt worden. Daraus ergibt sich für die Grünen: Entweder Rolf Holub arbeitete in Kärnten seriöser als Peter Pilz im Bund oder er hat den längeren Atem. Pilz ist ein Meister der Eskalation, aber bis zum letzten schlagenden Beweis für seine Vorwürfe hält er selten durch. Merks: U-Ausschüsse im Nationalrat.
2. Langfristig zahlt sich bedingungslose Kooperation mit der regierenden Partei weder für den jeweiligen „Partner", noch für die Opposition aus, deren eigentliche Aufgabe die Kontrolle wäre. Das haben die Grünen in Niederösterreich am Sonntag erfahren müssen. Wie Ulrike Weiser von der „Presse" in der ATV-Diskussion am Sonntag so richtig bemerkte: Wer sich wie Madeleine Petrovic in einem Interview vor der Landtagswahl mit den Worten, Pröll bekomme ohnehin die absolute Mehrheit, bereits geschlagen gibt, versteht seine Rolle in der Politik nicht richtig.
3. In Abwandlung eines berühmte Zitats von Abraham Lincoln („Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen und das ganze Volk einen Teil der Zeit. Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen") sollten auch jene Politiker, die sich in ihren Machtpositionen sicher führen (Merks: Erwin Pröll) wissen: Man kann den in einer Demokratie übermäßigen Einsatz von Macht und Fehlentscheidungen wie Verschwendung von Steuergeld eine Zeit lang vertuschen und die Wähler hinters Licht führen, aber kann nicht die ganze Zeit alles verheimlichen uns sich jeden Druck auf Unbotmäßige leisten. Irgendwann - und dauert es noch so lang wie in Kärnten oder bei den Machenschaften in der Telekom - kommt alles ans Licht. Die Zeiten haben sich geändert.


Bedauerlicherweise ist der zweite Teil meines Wunsches nach einem Irrtum nicht in Erfüllung gegangen: Das Abschneiden des Team Stronach in Niederösterreich und Kärnten hat bewiesen, dass es in der Tat völlig gleichgültig ist, was ein Vertreter dieses Teams vom Parteigründer abwärts sagt. Frust macht offenbar taub. Zehn Prozent der Wähler da wie dort haben sich entschieden, nicht hinzuhören und einfach etwas „anderes" zu wählen. Dabei wiegt das Ergebnis in Niederösterreich schwerer als in Kärnten, weil dort mit Gerhard Köfer wenigstens eine regional bekannte Person die Liste angeführt hat. In Niederösterreich aber haben der Erfolg des Teams Stronach plus Regierungssitz nicht das Geringste mit der Realität dieser Gruppe zu tun. Es genügte offenbar schon ein auf beiden Seiten gut inszenierter Schaukampf zweier betagter Männer.
Auf den Reality Check, ob sich die Annahme, die Landtagswahlen könnten Vorboten einer schwierigen Regierungsbildung im Herbst nach der Nationalratswahl sein, muss ich noch warten. Prognosen sind, wie man spätestens seit 2006 wissen kann, völlig wertlos geworden. Das Team Stronach kann sich bis dahin noch selbst in die Luft sprengen, gezündet vom völlig unberechenbaren Parteigründer. Oder es können die Medien ihre Faszination mit dem angeblichen „Phänomen" ablegen und den investigativen Blick in seine Richtung lenken. Wie das Interview mit Corinna Milborn auf Puls 4 gezeigt hat, bleibt Stronach so viele Antworten schuldig, dass ein ungutes Gefühl unvermeidlich ist.
Der beachtliche Erfolg der Stronach-Truppe in Kärnten und Niederösterreich wird sie - hoffentlich - auch interessanter für kritische Betrachtungen machen.
Deshalb sei schließlich noch ein Stoßgebet nachgereicht: Dass wir in den Medien aus unseren Fehlern mit Jörg Haider gelernt haben - und ich von jetzt bis Herbst keine Titelseiten mit „So will Stronach den Ballhausplatz erobern" oder „Stronach lehrt anderen das Fürchten" oder "Stronachs Geheimplan" oder gar „Stronach lässt die Puppen tanzen". Ihn und seine Untergebenen zum Phänomen hochzustilisieren ist schon über der Grenze des Erträglichen für viele. Mich eingeschlossen.

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