Denn sie wissen nicht, was sie reden? Oh, doch!

Politiker, die nicht überlegen, was sie sagen/schreiben, sind nicht lustig. Schon gar nicht, wenn sie "Fehler" im Nachhinein klein reden wie Andreas Mölzer von der FPÖ.

Etwas viel, was es da zu Wochenbeginn an eigenartigen Äußerungen im Minimundus der österreichischen Innenpolitik zusammen gekommen ist. Beim ersten Hinhören oder -sehen musste die Frage auftauchen: Wissen sie überhaupt, was sie reden? Oder wird das Seltsame allmählich zur politischen Kategorie? Unter Stress kann schon mal das eine oder andere passieren, heißt es oft relativierend. Kann! Aber darf es?

Und wie groß war denn der Stress, der Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am Dienstag veranlasste, auf die Frage eines Journalisten mit der Gegenfrage „Wollen Sie mi jetzt da irgendwie pflanzen?" zu reagieren? Oder Peter Pilz zu twittern „Spindi ist tot". Von Andreas Mölzers „Negerkonlomerat" alias EU ganz zu schweigen - oder später noch einmal darauf zurück zu kommen.
Allen drei Politikern gemeinsam ist, dass sie dabei irgendwie authentisch wirken, diese Art von Auslassungen also persönlichkeitskonform zu sein scheinen. Reinhold Mitterlehner reagiert auf kritische Frage meist ungehalten, so als würde er belästigt werden. Man kann ihm den aufsteigenden Ärger förmlich vom Gesicht ablesen. Manchmal scheint er alle Beherrschung aufbringen zu müssen. Mitterlehner, den Oberösterreicher, würde man in Wien ein „Häferl" nennen.
Das bekam der Journalist am Dienstag zu sehen, der nach der Online-Petition zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fragte. Diese sollte ja ursprünglich am Dienstag von den Regierungsparteien hätte „abgedreht" werden. Mitterlehner fühlte sich aus welchem Grund immer „gepflanzt", was zu folgender sinnarmen Antwort führte: „Gibt's da irgendwelche Werte oder sonst irgendetwas, die das vorsehen? Petitionen sind übliche Vorgangsweisen. In dem Bereich ist nicht einmal geklärt, ob die Leute, die da unterschreiben nicht dreifach unterschreiben oder fünffach. Wird nicht geprüft. Es gibt eine unendliche Anzahl von Petitionen und die wird man behandeln wie alle Petitionen auch". Alles klar?


Peter Pilz von den Grünen wiederum dürfte mitunter schneller twittern als er denkt. Immerhin kann man Pilz in Sitzungen des Nationalrats beobachten wie er in einer ungeheuren Geschwindigkeit mit zwei Fingern oft stundenlang völlig entrückt auf seinen Laptop einhakt. Am Dienstag dürften ihm die Finger wieder davon gelaufen sein. Unter dem Titel „Spindi tot" stand da eine zeit lang zu lesen: „Michael Spindelegger ist politisch tot, aber nicht dumm. Er weiß, dass die Banken alles von ihm wollten, 100 Prozent Steuergeld, null Mitverantwortung, keinen U-Ausschuss und damit letztlich sein politisches Leben. Die Banken haben Spindelegger klar gemacht: Er kann gegen sie oder mit ihnen untergehen. Spindelegger ist der Frage, wie die Banken ihn exekutiert hätten, jetzt zuvorgekommen: Er lässt sich freiwillig ans Giebelkreuz nageln."
Nach heftigen Protesten aus der Parteizentrale der ÖVP entschuldigte Pilz sich und änderte auf „Spindelegger am Ende".
Die ÖVP hatte den Grünen vorgeworfen, Pilz sei mindestens so geschmacklos wie Andreas Mölzer, Spitzenkandidat der FPÖ bei der EU-Wahl im Mai, mit seiner Qualifizierung der EU als „Negerkonglomerat" und seiner Feststellung bei einer Diskussion, das Dritte Reich sei „formloser und liberaler" gewesen, hätte weniger Ge- und Verbote gehabt als die EU. Im ZIB 2-Interview mit Armin Wolf war Mölzer wie immer: Er habe nur die Quantität der Vorschriften, nicht deren Inhalt, gemeint, das „Negerkonglomerat" ziehe er zurück etc. Das kennt man von Mölzer seit Jahrzehnten  - seit dem Begriff „Umvolkung". Ja, er provoziere eben gern. So ein Pech auch, da passierten eben Fehler - und überhaupt der Stress. Er habe „Negerkonglomerat" nicht absichtlich gesagt, obwohl er auf der Tonbandaufnahme mit „ich sage das jetzt bewusst politisch unkorrekt" zu hören ist. Provozieren, Signale an das einschlägige Lager, Entschuldigung, und merkbare Freude über die Wirkung.
Auch dieses Mal sind wieder alle in Mölzers Falle getappt. So oft wie sein Name am Mittwoch in der Sitzung des Nationalrats gefallen ist, wird er in Brüssel sicher nie erwähnt. Kostenlose Werbung wieder. Zumindest Mölzer weiß ganz genau, was er sagt.

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