"Wie kann es sein?" Von Unvereinbarkeiten und anderen Schlampereien

Eine aufmerksame "Presse"-Leserin fragt, wie eine Beamtin ihren Ehemann für eine offizielle Veranstaltung engagieren kann. Warum der Staat sich teure Doppelgleisigkeiten leistet. Der Versuch einer Antwort.

“Wie kann es sein, dass die Leiterin der Öffentlichkeitsabteilung für eine Veranstaltung Ihren Ehemann als Moderator engagiert? Wie kann es sein, dass Unsummen an Steuergeldern für Doppelgleisigkeiten ausgegeben werden ( 2 Öffentlichkeitsabteilungen in einem Ressort)?“  Diese Fragen einer aufmerksamen „Presse“-Leserin beziehen sich einerseits auf Aktivitäten der Kommunikationsabteilung im Wissenschaftsministerium, andrerseits auf zwei parallel bestehende Öffentlichkeitsabteilungen, eine für Wissenschaft, eine für Wirtschaft, weil die beiden Ministerien ja bei der letzten Regierungsbildung fusioniert worden sind. Chef beider: Vizekanzler und designierter ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner.

Die Fragen beziehen sich auch auf den sogenannten „Science Talk“ kommenden Montag in der Aula der Wissenschaften zum Thema „25 Jahre Mauerfall – Ende der Ideologien – moderiert von Andreas Schwarz, dem Ehemann der zuständigen Abteilungsleiterin im Wissenschaftsministerium, Martha Brinek.

Der Leserin kann geholfen werden. Es kann nämlich so sein: Die Sektion, der diese Abteilung untersteht, ist führungslos. Ein Fall von Bilokation, also gleichzeitiger Anwesenheit an zwei Orten, dürfte nicht vorliegen. Die Leiterin der Sektion Öffentlichkeitsarbeit-Wissenschaftssektion, Elisabeth Freismuth, ist jetzt nämlich Rektorin der KunstUni Graz und dort auch als solche ausgewiesen. Gleichzeitig findet sie sich aber nach wie vor in der Geschäftseinteilung des Wissenschaftsministeriums als Sektionschefin wieder.  Eine(n) Vize-Sektionschef(in) gibt es auch nicht. Da ist das Engagement eines Ehemanns wahrscheinlich noch das geringste Problem. Denn an und für sich dürfen Abteilungsleiter keine Aufträge über 15.000 Euro ohne Unterschrift der Sektionsleitung vergeben, wie es aus dem Ministerium heißt. Nur wenn es keine Sektionsleitung gibt, können derartige Regeln auch nicht eingehalten werden. Und Abteilungsleiter offenbar unkontrolliert agieren.

Zur zweiten Frage: Die Zusammenlegung von Ministerien wird immer mit Einsparungen argumentiert. Die Öffentlichkeitsabteilung des Wissenschaftsministeriums, führungslos wie sie ist, wurde aber nicht mit jener des Wirtschaftsministeriums fusioniert. Daher gibt es jetzt eben diese Doppelgleisigkeit. Das war aber auch schon früher so: Bei Unterricht und Wissenschaft während der schwarz-blauen Regierung unter Elisabeth Gehrer gab es der Erinnerung nach ebenfalls zwei Presseabteilungen. Doch jetzt spart man weder Sektionsleiterposten ein, noch besetzt man sie nach. Man lässt einfach den alten Namen stehen, obwohl die betreffende Person schon längst eine  andere Funktion ausfüllt.

Die Heuchelei mit der Einsparung – Abteilungen werden nicht aufgelöst, Personal wird nicht eingespart, Synergien offenbar erst gar nicht gesucht, nur neue Kosten verursacht durch den notwendigen  Austausch von Türschildern und Büromaterial -  kann aber auch eine ziemlich triste menschliche Komponente haben: Im total verlassenen Büro des früheren Wissenschaftsministers am Wiener Minoritenplatz sitzt eine Spitzenkraft ohne Aufgaben, ohne Auslastung, nur das leere Ministerzimmer bewachend, in das niemand mehr hineingeht.

Der Staat kann sich das alles ja leisten, nicht wahr?

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