The buck stops - im Büro Brandstetters

Der Tod des U-Häftlings Rachat Alijew wirf ein besonders grelles Schlaglicht auf die Zustände in den Haftanstalten. Und "the bucks stops" im Büro des Justizministers. Das heißt: Die Verantwortung für diese Zustände liegt bei ihm.

Ein 14jähriger wird in der Strafanstalt Josefstadt in Wien im Sommer 2013 vergewaltigt, ein Häftling in Niederösterreich völlig vernachlässigt, ein 19jähriger begeht in der Strafanstalt Josefstadt Selbstmord,  ein Justizwachebeamter steht wegen sexueller Nötigung vor Gericht, ein Spanier verbrennt in einer Zelle in Villach – und gestern begeht der  ehemaligen Botschafters von Kasachstan, Rachat Alijew, als U-Häftling angeblich Selbstmord in der Strafanstalt Josefstadt: Zufälle, Einzelfälle,wie immer offiziell behauptet wird?

Gefängnisse seien eben kein „Paradies“ sagte im Sommer 2013 die damalige Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP).  „Das System ist krank“, sagte ihr Nachfolger Wolfgang Brandstetter nach einem weiteren Vorfall im Sommer 2014.  Es gab eine Kommission, es gab einen Beschluss des Nationalrats im Dezember 2014, es gibt den „Strafvollzug neu“, zuständig ist nun das Generalsekretariat des Justizministerium.

Und jetzt gibt es den Fall Alijew.  Sein früherer Strafverteidiger und zeitweise Unterkunftgeber in Niederösterreich: Justizminister Wolfgang Brandstetter.

Ein Justizminister soll beruhigend wirken. Brandstetter tut es. Er soll gelassen wirken.  Brandstetter ist es.  Nach der nervösen, unsicheren und ungeschickten Beatrix Karl und der parteipolitischen Maria Berger (SPÖ) eine Erleichterung. Aber genügt das?

Brandstetter hat an dem umstrittenen Hypo-Gesetz seines Freundes Michael Spindelegger mitgewirkt. Er hat den einen oder anderen gesellschaftspolitischen Vorstoß und bei der Abschaffung des Weisungsrechts für den Justizminister einen Rückzieher gemacht. Durch besonderen justizpolitischen Gestaltungswillen ist er nicht aufgefallen.

Soll sein! Tatsache ist aber auch, dass seit Brandstetters  Erkenntnis  im Juni 2014, das System des Strafvollzugs sei jahrelang „vernachlässigt“ worden,  die Vorfälle in Österreichs Haftanstalten nicht weniger geworden sind. Im Gegenteil: Subjektiv besteht der Eindruck, sie häufen sich. Was also wurde wirklich gegen das "vernachläsigte" System unternommen. Wo ist die Untersuchung zu den Wurzeln der Systemfehler? Wo ist die Analyse der Personalauswahl in den Gefängnissen?

Die ständig neuen Vorfälle sind kein Zufall und sie sind keine Einzelfälle. Und jetzt der Fall Alijew, der wegen seiner Prominenz ein besonders grelles Scheinwerferlicht auf die Zustände in den Haftanstalten  richten wird. Wie immer man es im Justizministerium drehen und wenden will, ob es Selbstmord war oder nicht – es hätte einfach nicht passieren dürfen. Bei der Suche nach Verantwortlichen muss jedoch jetzt eines klar sein: „The buck stops“ im Büro des Justizministers, was so viel heißt wie: Die Verantwortung liegt beim Minister. Punktum. US-Präsident Harry Truman (1945-1953)  wurde damit berühmt.

Berühmt wird Brandstetter nicht mehr, aber wenn er sich darüber im Klaren ist, kann er seine bisherige politische Lethargie aufgeben. Oder wir alle zur Erkenntnis kommen, dass er als Minister, der kein Politiker sein will, einfach nicht so gut ist wie alle bei seiner Berufung getan haben. 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.