Stimmungstief im AUA-Cockpit

In den letzten Tagen hat ein junger AUA-Pilot per Email sehr emotional seine Reaktion auf den laufenden Arbeitskonflikt bei der Fluglinie dargestellt; hat eine AUA-Mitarbeiterin nochmals die Position der Belegschaft dargestellt. Beide sind der Meinung, die AUA-Belegschaft werde von den Medien nicht objektiv behandelt. Deshalb hier ihre Mails, nur unwesentlich gekürzt im Wortlaut.

Das erste Mail eines jungen AUA-Piloten mit geringfügigen Kürzungen bezüglich des Arbeitskonflikts bei der Fluglinie:

Liebe Kolleginnen und Kollegen.

Werte Vorstände.

(...)Nachdem ich die letzten Wochen und Monate über die Medien erfahren durfte, welche Unsummen ich verdiene, welche horrenden Ansprüche mir aus Titeln wie Abfertigung und Pension zustehen, wie wenig ich arbeite, wie viele Wochen Urlaub ich habe, welch Kostenfaktor ich bin, dass ohnehin alles der Autopilot für mich erledigt, muss ich Sie, werte Vorstände, jetzt leider enttäuschen.

Ich bin immer noch stolz. Ich bin stolzer denn je.

Ich sehe meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Cockpit, aus der Kabine, vom Dispatch, von Crew Control, von der Flugleitzentrale, von Hub Control, von der Planung, vom Flugbetrieb generell und denke mir jeden Tag "Was für eine großartige Mannschaft, was für ein Teamgeist, was für ein bemerkenswertes Arbeitsumfeld!"

Ich sehe Kollegen, viele davon Freunde, die selbst in einer Situation, wie sie über die letzten Monate einseitig provoziert wurde, erhobenen Hauptes, freundlich und vor allem sicher ihre oftmals fordernde Arbeit versehen. Die selbst in der Kabine Zeitungen verteilen müssen, Blätter, die großformatig mit dem Untergang der AUA oder den unverschämten Privilegien der AUA Bord-Mitarbeiter titeln. Erst vor kurzem durfte ich wieder von den "top- verdienenden Altpiloten" lesen, die "ohne Rücksicht auf Verluste ihre Privilegien verteidigen". Nach kurzer Fassungslosigkeit wurde mir schlagartig wieder einmal bewusst, dass ich wohl auch einer dieser starrköpfigen, unflexiblen und realitätsfernen Herren bin.

Ich sehe meine Kollegen, die nach wie vor in der Kabine die Werte der AUA hochhalten. Professionalität, Freundlichkeit, österreichischer Charme, Flexibilität und voller Einsatz sind immer noch Dinge, die hervorstechen, die uns von anderen Airlines im positivsten Sinn unterscheiden. Trotz aller Widrigkeiten, die im tagtäglichen Einsatz aufgrund der derzeitigen Situation leider gegeben sind.

Ich sehe Kollegen, wie etwa jene von Crew Control, die in der gegenwärtigen Situation nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht und trotzdem immer freundlich und sachlich bleiben.

Ich sehe Kollegen aus dem Cockpit, die von ihrem eigenen Vorstand via Fernsehen ausgerichtet bekommen, dass ihr etwaiger Abgang "locker" gesehen wird, dass sie ohne Weiteres ersetzbar sind.

Ich sehe einen Pressesprecher, der seine Kontakte zu den Medien zur Stimmungsmache gegen die eigene Belegschaft nutzt, für mich in dieser extremen Form ein Novum und unverständlich, nicht nachvollziehbar.
Ein Pressesprecher, der erst seit wenigen Monaten in diesem Unternehmen tätig ist und keine Gelegenheit auslässt, nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondern eine ganze Belegschaft, zu verunsichern und vor den Kopf zu stoßen.

Herr Pressesprecher Peter Thier. Ich möchte Sie kurz zitieren. "Austrian bleibt Austrian. Es wird sich nichts ändern. Wir fliegen auch heute mit der Triple 7 nach Peking." Abgesehen von einer vielleicht noch verständlichen Verwechslung, muss ich Sie fragen, ob Sie das wirklich glauben? Glauben Sie wirklich, dass bei einem Verlust von Know How, von Leistungsfähigkeit und von Identifikation mit unserer AUA eben diese AUA die selbe bleiben wird?

Ich sehe Kollegen, die sich plötzlich in einem Zwist mit den Kollegen der eigenen Tochterfirma sehen. Auch das vom eigenen Vorstand initiiert und provoziert.

Ich sehe Kollegen, die sich künftig mit der Tatsache auseinander setzen müssen, dass ihre Verträge nicht mehr sicher und nichts mehr wert sind, die damit rechnen müssen, dass weitere Vertragsänderungen jederzeit und willkürlich folgen werden. Selektionsprozesse sind plötzlich nicht mehr in gewohnter und bewährter Form notwendig, sogar Leihpersonal ist plötzlich ein Thema. Der von der AUA gewohnte Standard wird, wie ich lese, auch dann selbstverständlich gewährt sein. Wie das funktionieren soll, ist mir allerdings ein großes Rätsel.

Ich sehe Kollegen, die immer den Ernst einer Situation erkennen und jederzeit für die Firma ihr Bestes geben. Auch und vor allem in schwierigen Zeiten. Auch und gerade in Zeiten wie diesen.

Werte Vorstände. Ich werde nie vergessen, wie Sie mit meinen Freunden, meinen Kollegen, mit Ihren Mitarbeitern umgegangen sind. Wie Sie mit ihrem Pressesprecher und mit weiteren Verantwortlichen einen regelrechten Feldzug gegen uns und unsere Werte gestartet haben. Wie Sie versucht haben, uns nicht nur Geld und Zeit, sondern auch unseren Stolz zu nehmen. Ich weiß, dass Sie auch meine Gedanken nicht berühren werden, aber Sie sollten wissen, dass wir die Werte unserer AUA nach wie vor hoch halten. Wir selbst sind die größten Werte der AUA!

Herr Direktor Albrecht. Sie waren selbst einmal Pilot. Sie wissen selbst genau, dass es unerlässlich ist, im Cockpit mit klarem Kopf, mit wachem Verstand, mit gezieltem Fokus zu arbeiten. Was wir in den letzten Monaten an Unruhe und Unfrieden mit an unseren Arbeitsplatz genommen haben, lässt an ein Wunder grenzen, dass wir genau diese notwendige Konzentration und fliegerische Sicherheit immer noch gezeigt haben und nach wie vor zeigen.

Jetzt haben Sie den Betriebsübergang eingeleitet, demnach werden wir in Zukunft auch noch mit Ungerechtigkeiten zu rechnen haben, mit Auseinandersetzungen, die wir nie erahnt und erwartet haben. Sie haben jetzt aber nach wie vor die Chance, ein für alle Mal für Gerechtigkeit, für Sicherheit und vor allem für bleibenden Frieden innerhalb der verschiedenen Gruppen in unserem Unternehmen zu sorgen. Bitte lassen Sie diese einmalige Chance nicht ungenutzt verstreichen.

Sie werden immer wieder mit wirtschaftlichen Erfordernissen argumentieren, sehen aber scheinbar immer noch nicht die Gefahren, die rechtliche Ungewissheit und die nicht absehbaren Folgen für die AUA und Ihre Mitarbeiter und ihre Familien.

Abgesehen davon wissen Sie ohnehin bereits, dass wir selbstverständlich bereit sind, für unsere AUA Opfer zu bringen, aber nicht zu jedem Preis und vor allem nicht in der Art und Weise, die Sie gerade ohne Rücksicht auf Verluste vorantreiben. Wir waren und sind bereit, der wirtschaftlichen Lage Rechnung zu tragen. Wir wollen alle an einem Strang ziehen, erfolgreich sein, wenn man uns nur lässt und wenn man uns endlich das entsprechende Umfeld zur Verfügung stellen würde. Damit meine ich aber nicht den eingeleiteten Betriebsübergang.

Erkennen Sie endlich, dass Sie bereits Diamanten vor sich haben! Die Anzahl dieser Diamanten wird sich allerdings ohne Ihr Einlenken schnell und drastisch reduzieren.

Liebe Kollegen aus der Kabine. Ich bin stolz auf Euch, es ist mir eine Freude und eine Ehre, mit Euch arbeiten zu können. Ich würde das auch gerne weiterhin tun.

Jene, die in den letzten Tagen leider den Schlussstrich unter das Kapitel AUA gesetzt haben, werde ich, so wie viele andere auch, vermissen. Ich weiß, dass es Euch sehr schwer gefallen ist, ich wünsche Euch von Herzen Alles Gute!

Das zweite Mail dieses Piloten, ebenfalls mit geringen Kürzungen:

Innerhalb weniger Tage durfte ich hunderte Mails lesen, nicht ein einziges davon war in irgendeiner Form negativ, pessimistisch oder kritikbehaftet. Die meisten waren voll der Hoffnung, voll des Optimismus, getragen von wesentlichen, ja, unverzichtbaren Werten wie Respekt, gegenseitiger Wertschätzung und Menschlichkeit. Natürlich musste ich auch erfahren, dass viele von uns sehr traurig, enttäuscht und wütend sind. Das bin ich auch. Zeiten wie diese können an uns allen nicht spurlos vorüber ziehen.
Sie hinterlassen Wunden. Und das tut uns und unseren Familien weh.

Es schmerzt, wenn man aus der Vorstandsetage mit eiskalten Worten eine Hiobsbotschaft nach der anderen erhält. Wenn man die Wertschätzung, die jeder von uns verdient hat, die sich jeder von uns hart erarbeitet hat, die jeder von uns mit einer Selbstverständlichkeit dem nächsten zukommen lässt, nicht mehr erfährt. Wenn man plötzlich bemerkt, dass man als Altlast und Kostenfaktor gesehen wird. Wenn man noch dazu als der einzige von hundert "Partnern" dargestellt wird, der nicht bereit ist, auf seine Ansprüche und Pfründe zu verzichten. Wenn das Alles noch dazu medial genüsslich ausgebreitet wird.

Mittlerweile müssen wir uns bei diversen Veranstaltungen leider auch von manchen Kollegen aus dem Angestelltenbereich, aus den Büros, anfeinden und ausbuhen lassen. Kollegen, die leider nicht sehen, dass wir bereit sind, historisch einmalige Zugeständnisse zu machen, die leider noch nicht erkennen, dass sie wohl die nächsten Opfer dieses traurigen Einsparungsprozesses sein werden.
Ich wünsche ihnen allen, dass sie dann wenigstens besser behandelt werden als wir. Die mediale Ausschlachtung und die öffentliche Diskreditierung dürften ihnen immerhin erspart bleiben.

Ich merke auch an mir selbst, wenn ich solche Zeilen schreibe, wie die Wut und die Enttäuschung in mir aufsteigen. Die unter Euch, die mich kennen, wissen, dass das keine Wesenszüge sind, die mir ansonsten so zugeschrieben werden. Aber wenn ich mir ansehe, was wir bereits angeboten haben, worauf wir bereit waren zu verzichten, was wir an Einbußen finanzieller und zeittechnischer Natur bereit waren zu akzeptieren, werde sogar ich emotional, aber leider nicht im positiven Sinn. Immer noch wird uns ausgerichtet, direkt oder über die Medien, dass es nicht genug ist, dass wir nicht schell genug unterschrieben haben, dass wir wieder ein Ultimatum ungenutzt verstreichen haben lassen, dass wir noch nicht genug gelitten haben, dass das alles unsere Schuld sei.
Zur Strafe müssen wir jetzt in Richtung Plan B marschieren, den Betriebsübergang als vermeintlich unvermeidbares Ziel vor Augen.

Einen Betriebsübergang, der, wie ein geschätzter Kollege sehr treffend formuliert hat, zum Betriebsuntergang führen könnte.
Die Folgen eines Schritts in diese Richtung wären in vielerlei Hinsicht unabsehbar und dramatisch. Abwanderung vieler Kolleginnen und Kollegen, damit verbundene operationelle Einschränkungen und finanzielle Einbußen, unnötige Prozesse bei Gericht und entsprechende rechtliche Unsicherheit, Unfrieden und Unruhe in Cockpit und Kabine, einhergehende Sicherheitsrisken und vieles mehr. Wer übrigens immer noch der Meinung ist, dass bei Anwendung des AVRAG nur das Gehalt eingefroren wird und der jeweils gültige KV der Tyrolean Airways zur Anwendung kommt, sollte dringend Kontakt mit einem Juristen oder mit unserem Betriebsrat aufnehmen. Ich jedenfalls wage zu behaupten, dass Schlagwörter wie Änderungskündigung und Einzelvertrag im Falle des Betriebsübergangs demnächst zu unserem Wortschatz gehören werden. Andererseits werden schöne Wörter wie etwa Sicherheit, Seniorität und soziale Gerechtigkeit wohl eher solche aus
der Vergangenheit sein.

An dieser Stelle ist es mir ein großes Anliegen zu betonen, dass ich die Damen und Herren von Cockpit und Kabine bei Tyrolean Airways respektiere und schätze. Ich weiß, dass sie zum großen Teil unsere Argumente und Bedenken verstehen. Dass sie sich in uns hineinversetzen können und zum Schluss kommen müssen, dass dieser Weg nicht der richtige sein kann. Ein Konzernkollektivvertrag allerdings muss und wird in Zukunft ein Thema sein, das ist für mich und für viele andere selbstverständlich und unerlässlich.

Ab heute haben wir die Möglichkeit, den für alle betroffenen Gruppen des fliegenden Personals der AUA möglichst gerechten und ausgewogenen Vorschlag des Betriebsrats abzustimmen. Mit dem heutigen Tag haben wir die Chance, ein Zeichen zu setzen. (Die Abstimmung hat inzwischen stattgefunden) Wir haben die einmalige Gelegenheit, aufzuzeigen, dass wir eine Zukunft für unsere AUA und bei unserer AUA wollen, dass wir bereit sind, auf über viele Jahre erworbene Rechte und Ansprüche zu verzichten, dass wir unseren großen Teil zur Sanierung und zum Fortbestand unserer AUA beitragen wollen. Dass wir zu unverzichtbaren Werten wie Respekt, Vernunft, Aufrichtigkeit und vor allem zur Dialogfähigkeit stehen. Werte, die wir jeden Tag leben, die wir von anderer Seite leider in diesen Tagen vermissen. Wir können den ersten Schritt setzen, damit wir in Zukunft in Ruhe, in Frieden und endlich wieder mit Gelassenheit, mit freiem Kopf, ohne zermürbende Sorgen und Ängste, unseren fordernden Berufsalltag meistern können.

Ich möchte Euch im Sinne einer positiven Zukunft, im Sinne einer dringend notwendigen Kehrtwende der zur Zeit stattfindenden Prozesse, folgenden Vorschlag machen, ja, ich möchte Euch von Herzen bitten:

Lasst uns mit einem schallenden "JA" unsere Meinung zu unserem Unternehmen, zu unserem Betriebsrat,
zu uns selbst kundtun.

Und zwar so laut, dass man es auch in Frankfurt noch hören wird!

In uns schlägt ein AUA-Herz, wir sind das Herz der AUA, wir halten dieses Herz am Pumpen!
Wir werden zwar bluten, aber wir halten die AUA am Leben! Unsere AUA!


Information einer AUA-Mitarbeiterin:

Ich möchte gerne darauf hinweisen, dass das "fliegende Personal" nicht nur die 300 wirklich gut verdienden Piloten sind, sondern vor allem auch 1.600 Flugbegleiter, für die diese angedachten Maßnahmen zum Teil existenzbedrohend sind. Nach jeder Hiobsbotschaft der letzten Wochen sind die Krankmeldungen signifikant gestiegen .....die Leute sind z. T. echt am Ende. Und genau über diese Maßnahmen liest man im Detail auch nirgends, auch nicht wie geringschätzend mit dem Personal umgegangen wird.

Ich denke, nach allen Information, die ich so gesammelt habe, dass unser Konzern-Pressesprecher Peter Thier hier eine entscheidende Rolle als Obmann des Journallistenverbandes spielt. Ihm ist es möglich gewesen, ein ziemlich einseitiges Bild gegen die eigene Belegschaft in der Öffentlichkeit zu schaffen und Darstellungen der Gegenseite zu unterdrücken.

- Das Abfertigungsangebot ("Abschlagszahlung") für KV "alt" betrug 75% des Anspruches (darauf hätten wir uns sogar eingelassen). Ungesichert war allerdings die Versteuerung, diese hätte u. U. 46% betragen können

- Die Einzahlungen in die Pensionskasse wollte die Firma einkassieren - unabhängig einmal vom rechtlichen Anspruch

- Die Gehälter wären sofort um 15% gekürzt worden (existenzbedrohend für z. B. alleinerziehende Mütter, Kollegen mit monatlichen Rückzahlungen...),
- nach einem Jahr, also ab 1. 7. 2013 würden keine Überstunden mehr bezahlt (derzeit ab 72 Flugstunden, die Bereitschaft, diese Grenze zu erhöhen, wurde kommuniziert). D. h. bis zum gesetzlichen Limit (ca. 100 Flugstunden im Monat) fliegen, ohne einen Cent mehr, dies nachts, Sonn- und Feiertags ...... anzumerken ist, dass keine seriöse Fluglinie in Europa diese Grenze ausreizt, da dies einfach extrem unsafe wird (s. "unfit to fly"J).

- Einsatzpläne wie "Leibeigene", z. B. sechs Tage durchgehend Bereitschaftsdienste, Planänderungen jederzeit möglich usw. Dies zielt auf die Gruppe der "Älteren" mit Familienleben, das dann unplanbar würde .....

Und das waren die Gründe, warum die Belegschaft sich geeinigt hatte, dies nicht in kürzester Zeit abzusegnen, ohne darüber noch einmal zu verhandeln. Dies nahm man aber als Anlass, am 1. 5. den Betriebsübergang einzuleiten ..... was mit unseren Abfertigungsansprüchen (die Kabine KV alt bekommt ja keine 39 Gehälter, aber lt. Vertrag etwas mehr als gesetzlich) und Pensionsansprüchen ist, steht in den Sternen .... alles extrem verunsichernd.

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