In Kürze

Ersticken im System. Sie war wohl nicht auszuhalten, die DDR-Provinz in den achtziger Jahren. Vor allem nicht für Less ("Seine Eltern waren technokratischer Landadel der ersten Generation"), den etwas dandyhaften Helden von Andr© Kubiczeks Roman Junge Talente. Doch auch die kulturelle Gegenszene des Prenzlauer Bergs in Ostberlin mit bärtigen Liedermachern, ästhetischen Großschwätzern und Ost-Punks laboriert an der Stickigkeit des Systems. Da muß sich bald etwas ändern, merkt Less, wenn er auch nicht genau weiß, daß seine Hoffnungen bald in Erfüllung gehen werden (224 S., geb., € 17,40; Rowohlt Berlin Verlag, Berlin).

Landnahme Amerikas. Der historische Ruf der rauhen Gesellen ist nicht der allerbeste. Aber der norwegische Autor und Journalist Knut Lindh schildert in seinem historischen Roman Wikinger - Die Entdecker Amerikas, gestützt auf nordische Sagen und Ausgrabungen norwegischer Ar- chäologen auf Neufundland, die erste europäische Landnahme auf dem westlichen Kontinent - 500 Jahre vor Kolumbus (Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs, 230 S., geb., € 19,50; Piper Verlag, München).

Gammeln in der Provinz. Polen scheint ein unerschöpfliches Reservoire von Satirikern zu sein. Einer von ihnen: der 1954 geborene Marek Lawrynowicz. In dem neuen Band Lehrjahre des Gammelns beschreibt er voll Witz die Langeweile von Heranwachsenden in einer polnischen Kleinstadt der sechziger Jahre, die Verschrobenheit mancher ihrer Einwohner und die zwischen Suff und Aufmüpfigkeit schwankenden Gegenstrategien der Jugendlichen (Aus dem Polnischen von Renate Schmidtgall, 156 S., geb., € 17; C. H. Beck Verlag, München).

Rauchermord. Er habe "das ständige Rauchen Pollhammers während der Pausen des gemeinsam besuchten Wifi-Kurses nicht mehr ausgehalten" und Pollhammer deshalb erschossen, gab Kastenberger nach der Festnahme zu Protokoll. So steht's im Kapitel "Die Flucht des Räubers" im Arbeitsmanuskript des Martin Prinz. Solche und ähnlich kräftige Lebenszeichen junger österreichischer Literatur finden sich in Heft 155 der stets lesenswerten "Zeitschrift für Literatur" manuskripte (148 S., brosch., € 10; Literaturverein manuskripte, Graz).

Österreichische Nation. Gibt es einen Ethnonationalismus ohne Ethnie? Im Land unbegrenzter Unmöglichkeiten - warum nicht? Gestörte Identitäten heißt der Band, der anläßlich des 65. Geburtstags des Historikers Moritz Cs¡ky von Lutz Musner, Gotthart Wunberg und Eva Cescutti herausgegeben wurde. Er enthält eine kompakte Zwischenbilanz der österreichischen Nationsbildung in der Zweiten Republik. Für Ernst Hanisch ein Problem der "Reaustrifizierung", die bis heute ambivalent geblieben ist: Mußte doch eine nationale Identität auf einer nicht scharf definierbaren Ethnie aufgebaut werden (102 S., brosch., € 12; Studien Verlag, Innsbruck).

50 Romane vor 1900. Von "Gargantua und Pantagruel", "Don Quijote" und "Tristram Shan- dy" bis zu "Alice im Wunderland" und "Effi Briest": Nach dem im Vorjahr herausgekommenen Band 50 Klassiker - Romane des 20. Jahrhunderts präsentieren Joachim Scholl und Barbara Sichtermann nun in gleicher Ausstattung 50 Klassiker - Romane vor 1900. In reichbebilderten Kurzessays werden die Werke vorgestellt sowie ihre Bedeutung und Wirkung erläutert; Zitate von Kritikern - Verrisse und Lobreden - sind graphisch durch Kästen hervorgehoben. All dies: sehr anschaulich gemacht (280 S., geb., € 20,60; Gerstenberg Verlag, Hildesheim).

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