Der Weisheit letzter Stuss

Schulbeginn. Und das heißt: Hektik breitet sich aus, Ranglisten-Wahn ergreift das Land. Pauken für Pisa! - Über eine besondere Form der Dumm- heit: unsere Wissenspolitik aus dem Ungeist des Rankings.

Bildungspolitik heute ist durch ei- nen einfachen Satz zu beschrei ben: Sie erschöpft sich im Schie len auf die Ranglisten. Solch eine Bemerkung ist alles andere als polemisch, denn sie kann auf eine geradezu erschreckende Evidenz verweisen. Alle relevanten und auch in der Öffentlichkeit heftig diskutierten bildungspolitischen Entscheidungen der vergangenen Jahre sind entweder durch einen schlechten Listenplatz motiviert oder geboren aus dem Wunsch, einen besseren Listenplatz zu erreichen. Ob Schulreformen initiiert, pädagogische Programme lanciert oder Eliteuniversitäten und Exzellenzzentren gefordert werden - das Argument ist immer das gleiche: Der Platz auf einer Rangliste muss verbessert werden. Die Standortfrage, selbst ideologischer Ausdruck einer Ökonomie der Erpressung, gewinnt in der Bildungspolitik eine zusätzliche, mitunter unfreiwillig komische Bedeutung. Die Attraktivität eines Bildungsstandortes ergibt sich aus dem Listenplatz, den dieser bei diversen Rankings einnimmt.

Am sinnfälligsten wurde die Ersetzung des Denkens durch das Abzählen einer Rangliste wohl am Beispiel von Pisa. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich das "Programme for International Student Assessment" der OECD, das es sich zur Aufga-be gemacht hat, in Dreijahresabständen zentrale Kompetenzen bei 15- Jährigen im internationalen Vergleich zu überprüfen. Dass beim ersten Test Deutschland, beim zweiten Deutschland und Österreich eher schlecht abschnitten, hat dann auch neben einer in Bildungsfragen sonst selten zu beobachtenden kollektiven Depression zu völlig neuen Orientierungen in der Bildungspolitik geführt, mit dem erklärten Ziel, beim nächsten Pisa-Test besser abzuschneiden. Anstelle der Bildungsziele der Aufklärung (Autonomie, Selbstbewusstsein und die geistige Durchdringung der Welt), anstelle der Bildungsziele der Reformpädagogiken (Lebensnähe, soziale Kompetenz und Freude am Ler-nen), anstelle der Bildungsziele der neoliberalen Bildungsideologen (Flexibilität, Mobilität und Beschäftigungsfähigkeit) ist ein einziges Bildungsziel getreten: Pisa bestehen! Signifikanter zeigt sich Unbildung in keinem Zentrum vermeintlicher Bildung.

Was an Pisa erstaunt, sind allerdings kaum die Ergebnisse dieser Studie. Dass ein ziemlich mittelmäßiges Land wie etwa Österreich bei einem ziemlich mittelmäßig konstruierten Test ziemlich mittelmäßig abschneidet, muss wahrlich nicht weiter verwundern. Sehr wohl verwunderlich allerdings waren die Reaktionen auf diesen Sachverhalt. Von Schock war da die Rede und von Bildungskatastrophe, Krisengipfel wurden einberufen, eine Zukunftskommission, deren Vorsitzender auch gleich die Pisa-Tests in Österreich organisiert, wurde gegründet, damit endlich, nach Jahren des Reformfurors, alles grundlegend reformiert werden kann. Nach und vor jedem Pisa-Test ergreift nun Hysterie das Land, und Hektik breitet sich aus. Natürlich will niemand schuld an schlechten Ergebnissen sein, aber selbstverständlich haben alle anderen alles falsch gemacht. Und jeder weiß, wie es besser geht.

Auch wenn Pisa nicht den Bildungsstand einer Schülerpopulation messen kann, eines vermag dieser Test sehr wohl: Er zeigt, wo die Bildungsexperten in einem Lande wohnen. Man könnte sich allerdings auch einmal fragen, ob das, was mit dem Pisa-Test gemes-sen wird, überhaupt zu den Hauptlernzielen der Schulen zählt. War es nicht sehr modern, in den vergangenen Jahren Lesen, Rechnen, Schreiben und Denken ("Problemlösungskompetenz" heißt das nun hochtrabend) als antiquierte Fähigkeiten zu denunzieren und durch Medienkompetenz, Teamfähigkeit, Soziales Lernen und Kommunikationsbereitschaft zu ersetzen? Wo sind denn die progressiven Didaktiker plötzlich, die uns jahrelang weismachen woll-ten, dass Lesen auch die Fähigkeit enthalte, rasche Bilderfolgen aufnehmen zu können, und dass darin unsere Jugendlichen viel kompetenter als Erwachsene seien, genauso wie im Umgang mit dem Computer, der bekanntlich das Rechnen überflüssig macht? Warum wirft eigentlich niemand den Konstrukteuren von Pisa altmodische Vorstellungen von Wissen vor? Einsam und ganz allein und ohne Computer und ohne Bilder sollen Halbwüchsige komplexe Texte lesen und sogar verstehen? Welcher Schulpädagoge wagte dies heute noch zu fordern?

Es gibt, auch bei Pisa, so etwas wie die List der Vernunft und die Paradoxie der Weltgeschichte. Was konservative Pädagogen seit Jahren nur noch hinter vorgehaltener Hand zu äußern wagten, ist nach ein, zwei Tests plötzlich wieder der Weisheit letzter Schluss. Dass die Fähigkeit, schwierigere Texte zu lesen, und die Möglichkeit, sich in einer Sprache differenziert zu artikulieren, einen Wert darstellen könnte - darauf sind manche Menschen ganz ohne Pisa auch schon gekommen. Wer immer in den letzten Jahren allerdings konstatierte, dass es mit der Lesefähigkeit des Nachwuchses nicht zum Besten bestellt sei, wer immer auch forderte, dass sich die Schule auf die Vermittlung zentraler kognitiver Fähigkeit konzentrieren sollte, statt unter dem Diktat eines mutwillig vom Zaun gebrochenen virtuellen Wettbewerbs mit Lustbarkeitsangeboten aller Art zu werben, wurde als Kulturpessimist, als rückständig und reaktionär gebrandmarkt. Solche Warnungen lösten keinen Schock aus, wurden mit dem Hinweis auf die "moderne Schule" und das "neue Denken" schnell beiseitegeschoben. Nach Pisa aber ist alles anders. Jetzt darf plötzlich wieder Lesen auf dem Lehrplan stehen und auch Rechnen und vielleicht sogar Denken. Und warum dieser Sinneswandel?

Die Antwort ist einfach. Nicht aus Einsicht in eine bildungspolitische Notwendigkeit, sondern weil es sich bei Pisa um eine OECD-Statistik handelt und weil sich diese als eine internationale Rangordnungsliste präsentiert, wie wir sie von den Medaillenspiegeln der Olympischen Spiele kennen. Es geht schlicht um eine Nationenwertung. Ohne diese wäre Pisa eine Sache von Experten geblieben. Der Schock über die vermeintliche Bildungskatastrophe speist sich aus dem Ungeist der Sportberichterstattung und bestätigt so das, was er beklagt. Die aus diesem Kontext bekannten Formulierungen, mit denen solche Rankings kommentiert werden, sind kein Zufall. Wer heute Kommentare zur Bildungs- und Wissenschaftspolitik liest, weiß auf Anhieb nicht, ob er sich nicht im Genre geirrt hat: Es wim-melt in diesen Kommentaren nur so von Weltklasse und Spitzenleistungen, von Elitemannschaften und Ausnahmekönnern, von Begabungsreserven und wie man sie unter die Top Ten bringt. Dort, wo es angeblich um den Geist gehen soll, verrät die Geistlosigkeit der Sprache die wahren Verhältnisse.

Erschütternder als das Ergebnis von Pisa ist die Gläubigkeit, mit der heute Rankings angebetet werden. Vorab kann die nahezu neurotische Fixierung auf Ranglisten aller Art als Rache der modernen Mediengesellschaft an den egalitären Prinzipien der Demokratie interpretiert werden. Wenn von Natur aus alle gleich sind, aber keiner den anderen gleichen will, müssen Unterschiede konstruiert werden. Der Siegeszug, den Ranglisten aller Art in den vergangenen Jahren in den Medien angetreten haben, speist sich vorab aus dieser Lust am Unterschied. Eine durchnummerierte Reihung verbindet den Gestus der Objektivität und Unbestechlichkeit mit einer unschlagbaren Weltorientierung: wissen, wo die Besten sind. Die Rangliste bestätigt das Urvertrauen in eine hierarchische Weltordnung, das durch keine Revolution erschüttert werden konnte.

Selbst ist die Rangliste allerdings darin vom demokratischen Geist durchdrungen, dass sie treuherzig suggeriert, dass keine Reihung unveränderlich sei. Während die gottgewollten Ordnungen der Vergangenheit ihre Hierarchien in alle Ewigkeit an wenige Parameter und ausgewählte Personengruppen und Institutionen zu koppeln trachteten, ist nun Bewegung in die Sache gekommen. Zumindest ihrer Ideologie nach verkündet die Rangliste, dass jeder es schaffen könnte, die Nummer eins zu werden oder zumindest, wie das Mantra der neuen Religion lautet, im internationalen Spitzenfeld zu landen. Vor allem aber hat sich im Ranglistenwahn ein egalitäres Prinzip in seiner pervertierten Form erhalten: Es gibt nichts, was nicht gereiht werden kann. Vor der Rangliste sind alle gleich. Und so wird gereiht, inbrünstig und nach Herzenslust: Rechtsanwälte und Herzspezialisten, Junggesellen und Gymnasien, Universitäten und Hotels, Restaurants und Kindergärten, Forschungsinstitute und Manager, Banken und Versicherungen, Schönheiten und ihre Chirurgen.

Als entscheidendes Motiv für die generelle Verehrung von Ranglisten dürfte so eine Grundkonfiguration einer fingierten Wettbewerbsgesellschaft figurieren: der Sieger. Es sind die Pisa-Sieger und die Sieger der internationalen Hochschulrankings, die den Ranglisten ihre Aura verleihen und den schlechter Gereihten den entscheidenden Ansporn geben sollen: von den Siegern lernen und diese, wenn alles klappt, überholen. Der Verweis auf einen Ranglistenplatz, den man verfehlt hat oder den man erreichen möchte, erübrigt dann auch in der Regel jedes zusätzliche Argument. Wer sich mit dem Satz "Ich sage nur Pisa!" jeder weiteren Diskussion zu entziehen vermag, hätte sich in einer Welt, die sich auch nur einen Funken Reflexionsvermögen bewahrt hat, hoffnungslos blamiert. Heute gilt er als Experte. Jenseits aller realen Bedürfnisse und Möglichkeiten fungiert die Rangliste als Steuerungsinstrument, mit dem eine Wissenspolitik betrieben wird, die sich zunehmend an externen, wissensfernen, äußerlichen und willkürlichen Kriterien orientiert.

Reihen heißt bewerten. Die Pointe aller Rankings besteht darin, dass Dinge, die kaum jemand in einem unmittelbaren Zusammenhang gesehen hätte, nun auf eine Reihe gebracht werden. Souveränität heute besitzt, wer die Macht hat, solch eine Reihung zu veranstalten. Wohl gebietet es die Simulation von Objektivität, dass solche Reihungen nur in Ausnahmefällen von Einzelnen vorgenommen werden dürfen. Die Auswahl der zehn besten deutschen Romane kann man wohl noch dem unfehlbaren Urteil eines sogenannten Kritikerpapstes überlassen, für die 50 besten Filme aller Zeiten empfiehlt sich aber schon eine Jury von Filmjournalisten, die Liste der Top-Zahnärzte lässt sich zur Not auch von zuvor selbst gereihten Top-Patienten erstellen, und wo diese Mischungen aus subjektiver Willkür und selbsternanntem Gruppenrichtertum versagen, empfiehlt sich die Professionalisierung des Geschäfts: Die Stunde der Rating- und Bewertungsagenturen hat geschlagen. Diese erstellen die unumstößlichen Ranglisten aufgrund mehr oder weniger plausibler Kriterien, manchmal mit Hilfe von Testreihen und Evaluationsverfahren, manchmal eher nach Gefühl und Geschmack der Schätzer, aber immer um gutes Geld.

Wer einmal dem Mechanismus der Reihung verfallen ist, entwickelt dann auch rasch Symptome, die an den aus der Psychoanalyse bekannten Zwangscharakter erinnern. Was immer unter den Blick kommt, muss sofort in eine Reihung gebracht werden. So wie manche Neurotiker gezwungen sind, in jedem Bad, das sie betreten, die Fliesen abzuzählen, ist der Bildungsexperte der Gegenwart gezwungen, die Antwort auf jede Frage, mit der er konfrontiert wird, in Form einer gereihten Liste zu geben. Was bedeutet Qualität im Unterricht? Testen und reihen! Was ist eine gute Universität? Evaluieren und reihen! Worin erweist sich wissenschaftliche Dignität? Publikationsorgane reihen! Welche Forschungsprojekte sollen verfolgt werden? Gutachten einholen und reihen! Nie ist die Sache selbst Gegenstand einer Betrachtung oder Reflexion, immer nur der Platz, den sie auf einer ominösen Liste einnimmt.

Die Fetischisierung der Rangliste ist Ausdruck und Symptom einer spezifischen Erscheinungsform von Unbildung: mangelnder Urteilskraft. In seiner "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" von 1798 hatte Immanuel Kant fehlende Urteilskraft eine Form der Dummheit genannt. Tatsächlich ersetzt jede Reihung ein qualifiziertes Urteil, da sie besessen ist von der falschen Vorstellung, Urteilen hieße Quantifizieren. Je mehr an einer Universität oder Schule von Qualitätssicherung die Rede ist, desto weniger geht es um Qualitäten, sondern einzig darum, Qualitäten in Quantitäten aufzulösen. Was immer an spezifischen Gegebenheiten, Leistungen und auch Mängeln an solch einer Institution und den in ihr agierenden Menschen festgestellt werden könnte, wird durch die Zahlen, in die alles gegossen werden soll, zum Verschwinden gebracht. Da sich niemand der Mühe unterziehen will, einen Aufsatz, den er beurteilen soll, zu lesen, ist es gut zu wissen, in welcher Zeitschrift dieser Aufsatz erschienen ist, mit welchem Impact-Faktor diese Zeitschrift ausgestattet wurde und welche Punkteanzahl deshalb diesem Aufsatz gegeben werden kann. Multipliziert man dann die Anzahl von Publikationen mit dem Impact-Faktoren der Publikationsorgane, ergibt sich eine wunderschöne Zahl, nach der man jährlich die Wissenschaftler reihen kann. Man hat ein sicheres Qualitätsmerkmal und muss nie mehr auch nur eine Zeile von dem lesen, was die Forscher geschrieben haben. - Die Verweigerung von Bewertungs- und Qualitätssicherungs- agenturen, auch wenn sie an den Universitäten selbst angesiedelt sind, sich auch nur dem Anflug einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu stellen, verrät alles darüber, was gegenwärtig unter Qualität verstanden wird: reine, nackte und simple Quantifizierbarkeit. Dass diese, schon ihrem Begriffe nach, der Qualität widerspricht und Qualitäten schon aus begriffslogischen Gründen nicht einfach in Quantitäten übergeführt werden können, hat ein Konzept von Qualitätssicherung, das selbst die einfachsten Grundbegriffe der Logik nicht beherrscht, längst vergessen. Allerdings: Gerade auf dieser Dummheit beruht die Faszination von Rankings, denn diesen erscheinen Qualitäten nur mehr als Relation von Quantitäten. Es geht nur noch darum, durch Platzziffern auszudrücken, wer besser und wer schlechter ist.

Nun ist die Relation, in der Dinge zueinander stehen können, nicht ohne Bedeutung, und die Lust am Vergleichen und Bewerten der menschlichen Vernunft als Grundvermögen eingeschrieben. Aber um dieser Lust angemessen frönen zu können, bedarf es einer Urteilskraft, die einerseits die Fähigkeit hat, sich auf Dinge erst einmal einzulassen, und andererseits imstande ist, überhaupt zu erkennen, wie Kant es formulierte, um was für einen Fall es sich handelt.

Universitätsleitungen zum Beispiel, die nun, angesteckt durch den allgemeinen Ranking-Wahn, dazu übergehen, Reihungen von geisteswissenschaftlichen Verlagen vorzunehmen, um den Wert von Publikationen leichter beurteilen zu können, verkennen nicht nur die Realität, sondern haben, ob intendiert oder nicht, den impliziten normativen Anspruch, die Buntheit einer durch den ökonomischen Druck ohnehin schon stark beeinträchtigten Verlagslandschaft vollends in das einförmige Grau einer Liste überzuführen. Dadurch wird letztlich die Frage, was man schreibt, ersetzt durch die Frage, ob man bei einem geranktem Verlag publiziert. Durch solche Vorgaben werden in letzter Instanz inhaltliche Akzente gesetzt. Die Freiheit der Forschung wird um ein weiteres Segment beschnit-ten, Energie und Kraft, die man zum Denken benötigte, fließen in die Bemühun-gen, bei einem der vorgegebenen Top-Verlage unterzukommen. Was in der Ideologie des Rankings als empirische Bestandsaufnahme vorhandener Qualitäten und Defizite aufscheint, hat bei genauerer Betrachtung so einen durchwegs normativen Charakter.

Bedenklicher als der Leistungsabfall der Jugendlichen ist auch an Pisa der verborgene Anspruch, der sich hinter solchen Tests verbirgt. Was sich nach den ersten Testreihen unter der Hand abzeichnete, ist nun, bei der dritten Testreihe, schon zum offiziösen Programm geworden: Die Schulen hatten sich besser auf Pisa vorzubereiten, die Lehrer sollten ihre Schüler auf die zu erwartenden Aufgaben trainieren, ungeachtet dessen, ob das mit den geltenden Lehrplänen vereinbar ist oder nicht. Die Schulen, wie immer sie organisiert sein mögen und wie immer das Milieu aussieht, in dem sie agieren, werden damit zu Trainingsstätten für die heimlichen Lehrpläne der OECD-Ideologen. Dass kaum ein europäisches Land den Mut hatte, die Entwicklung der eigenen pädagogischen Kultur ungeachtet der Pisa-Ergebnisse für vorrangig zu halten, zeigt, welch normativer Druck von solchen Tests ausgeht, auch wenn diese Normativität nicht intendiert gewesen sein mag. Aber schon einige Grundkenntnisse angewandter Soziologie hätten genügt, um zu wissen, dass eine empirische Bestandsaufnahme, die sich in Zeiten der Wettbewerbsmanie in einer Rangliste manifestiert, nicht mehr Ausdruck einer Leistungsmessung, sondern Artikulation eines Imperativs sein wird.

Man kann durchaus die These riskieren, dass die normative Gewalt der Ranglisten ihre eigentliche Funktion darstellt. Rankings fungieren als ziemlich primitive, aber höchst wirksame Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen, die dem Bildungsbereich noch das letzte Quäntchen Freiheit austreiben sollen, das ihm als Relikt humanistischer Ideale verblieben sein mag. Es sind im Wesentlichen diese Ranglisten, nach deren Entstehungsbedingungen, sind sie einmal veröffentlicht, kaum jemand zu fragen wagt, die nicht nur die Debatten über den Wert und die Qualität von Bildungseinrichtungen bestimmen, sondern auch die bildungspolitischen, organisatorischen und finanziellen Maßnahmen in Bewegung setzen, die uns seit geraumer Zeit in Atem halten.

Hinter dem Weihrauch von Bewertungsritualen und Qualitätskontrolle kommt allmählich eine Umstrukturierung der Bildungslandschaft zum Vorschein, die eindeutig nicht mehr der Erkenntnis, der wissenschaftlichen Neugier und der akademischen Freiheit, sondern den Phantasmen der Effizienz, der Verwertbarkeit, der Kontrolle, der Spitzenleistung und der Anpassung verpflichtet ist: Gestalten der Unbildung allesamt.

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