ORF-"Elefantenrunde": "Ich bin nicht der Wahlkampfmanager der ÖVP"

Die EU-Spitzenkandidaten bei der "Elefantenrunde" im ORF, 23. Mai 2019
Die EU-Spitzenkandidaten bei der "Elefantenrunde" im ORF, 23. Mai 2019(c) APA/ORF
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Wer lieferte sich den hitzigsten Schlagabtausch, wer harmonierte und wer konnte (nicht) punkten? Fragen und Antworten zur EU-„Elefantenrunde“ im ORF.

Sechs Tage nach „Ibiza“, drei Tage vor „Straßburg“: Am Donnerstagabend kamen die sechs Spitzenkandidaten für die EU-Wahl im „ORF“ zu einer letzten Diskussionsrunde vor dem Urnengang zusammen. Die Fragen stellte dabei Moderatorin Claudia Reiterer, die (nicht) dazu passenden Antworten gaben Othmar Karas (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ), Harald Vilimsky (FPÖ), Claudia Gamon (Neos), Werner Kogler (Grüne) und Johannes Voggenhuber (Initiative 1 Europa).

Was war das Konzept? Zurück zum Ursprung schien das Motto des ORF zu lauten. Mit keinen Einspielern von Bürgern, keinen Fragen aus dem Publikum und keinen Taferln, um auf Fragen mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten, wurden die Kandidaten konfrontiert. Stattdessen standen die sechs Listenersten im Halbkreis entlang einer weiß-gläsernen Theke, hinter ihnen saßen stumme Zuseher an kleinen, runden Tischen und vor ihnen stand Moderatorin Reiterer, deren Fragen es zu beantworten galt. Erst im letzten Drittel der Sendung wurde es ein bisschen kreativer: Jedem Kandidaten wurden zwei Länder genannt, aus denen sie eines wählen und dazu eine konkrete Frage gestellt bekamen (Vilimsky hatte etwa die Wahl zwischen Russland und Israel, Kogler zwischen Äthiopien und der Türkei - beide entschieden sich für Land Nummer zwei).

Was war das dominierende Thema? Offiziell wurden die ersten 30 Minuten der Sendung nationalen Themen gewidmet (dem „Ibiza-Video“, dem Aus der türkis-blauen Koalition, dem drohenden Misstrauensantrag gegen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz). Die übrige Sendezeit galt es, europäische Inhalte durchzudeklinieren – tatsächlich war die Innenpolitik aber permanent greifbar. Ganz gleich, ob eine europaweite Finanztransaktionssteuer, Waffenexporte nach Saudiarabien, eine EU-Armee oder Maßnahmen gegen die Erderwärmung angesprochen wurden – den Kandidaten gelang es stets, den Bogen nach Wien zu spannen.

Wer fiel auf - und wer nicht? Voggenhuber begann dynamisch („Strache wurde bei einem Geständnis gefilmt“, meinte er in puncto „Ibiza-Affäre. Kurz brauchte diesen „offiziellen Landesverrat“, um die Koalition mit der FPÖ aufzukündigen, wetterte er.), um mit fortschreitender Sendezeit in langatmige Erläuterungen zu verfallen („Wir haben schon vor zwanzig Jahren….“) und letztlich kaum noch etwas zu sagen. Nahezu permanent präsent hingegen waren Karas und Vilimsky, die keine Gelegenheit ausließen, um sich gegenseitig verbal anzugreifen. So versuchten sich Karas („Ich bin nicht der Wahlkampfmanager der Volkspartei“) und Vilimsky („Nicht jeder, der für ein subsidiäres Europa eintritt, ist ein Extremist.“) mehrfach den schwarzen Peter zuzuschieben, wenn es darum ging, wer denn nun für das Zerwürfnis der beiden Parteien auf Bundesebene verantwortlich sei.

Wer lieferte sich den hitzigsten Schlagabtausch? Auf diesen Titel gibt es gleich mehrere Anwärter. Zum einen Vilimsky und Voggenhuber beim Thema „Ibiza“: Der Ex-Grüne monierte, dass Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor laufender Kamera illegale Parteienfinanzierung eingestanden habe. Vilimsky rief auf: „Falsch, falsch, falsch.“ Voggenhuber weiter: „Die FPÖ ist kein Einzelfall“, es gebe EU-weit 13 rechtspopulistische Parteien in Regierungen, die „ausnahmslos in schwere Betrugsverfahren“ verwickelt seien. Darauf Vilimsky: „Das ist ja völliger Holler“, verwies er auf die Unschuldsvermutung. Abermals Voggenhuber: „Ich erbringe gerne den Wahrheitsbeweis.“

Zum anderen bewarben sich Kogler, Schieder und Karas um den „Hitzigkeits“-Award: So warfen der Grüne und der Rote dem ÖVP-Kandidaten mehrfach vor, die Linie seiner eigenen Partei nicht zu kennen: „Wer die ÖVP will, darf nicht Karas wählen“, stichelte Kogler. Und: „Recherchieren können wir besser als die ÖVP.“ Schieder setzte nach: „Sie sind ein Ablenkungsmanöver von der gesamten ÖVP-Politik.“ Karas konterte: Er kenne die Politik von ÖVP und EVP sehr genau.

Wer harmonierte? Gamon und Schieder waren sich einig, dass Kurzstreckenflüge nicht billiger sein dürften als Zugtickets, denn gerade beim Starten und Landen der Maschinen würde das meiste CO2 ausgestoßen. Ein Ausbau der Zugverbindungen sei daher notwendig. Im Gegensatz zu Gamon konnte Schieder bei diesem Thema überdies mit einer Pointe aufwarten, die so manchem im Publikum ein Grinsen abrang: „Die FPÖ hätte sich gefreut, wenn die Flüge nach Ibiza (eine Kurzstrecke, von Österreich aus gesehen, Anm.) verboten wären“, meinte er.

Versprecher des Abends: „Dann stehen Sie ohne Straße auf der Auto“, sagte Moderatorin Reiterer, um das Thema Klimapolitik einzuleiten. Gemeint war aber sicherlich, dass Kogler – an den die Einleitung gerichtet war – ohne fahrbaren Untersatz auf der Straße stehen würde.

Hoppala des Abends: In den letzten Minuten der Sendung sollten die Kandidaten europäische Grundwerte aufzählen. Gamon nannte die Meinungsfreiheit, woraufhin Reiterer sie belehrte, dass diese nicht in der Auflistung der Grundwerte zu finden sei. Gamon versuchte die Situation zu retten, indem sie meinte, sie persönlich zähle die Meinungsfreiheit sehr wohl zu den europäischen Grundwerten.

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