Clowns im Spital: „Rendezvous mit dem Leben“

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Symbolbild(c) Teresa Zötl
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Rote Nasen Clowndoctors: Kinder und Senioren in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen profitieren sehr von einem Besuch der „humorvollen Therapeuten“: raschere Genesung, mehr Lebensqualität, weniger Schmerzen.

Ein grauer, kalter, nebliger Wintertag. Die Stimmung in der Kinderabteilung des Landesklinikums Mödling ist vorerst ein bisschen wie das Wetter draußen. Doch dann plötzlich: Kinder glucksen vor Lachen, Augen strahlen, viel Bunt im Grau des Spitalalltags. Der zehnjährige Nils hat seine Operationsschmerzen komplett vergessen, blödelt mit den Rote Nasen Clowndoctors um die Wette, freut sich und ist vergnügt.

Spaß mit Fingerspitzengefühl

Vergnügt ist schier die ganze Abteilung, die Fröhlichkeit steckt auch anwesende Besucher und Kinderkrankenschwester Katja Pipek an. Die hat – wie vor jedem Clownauftritt – die Roten Nasen über den seelischen und körperlichen Zustand aller Kinder informiert. „Es gibt niemanden, dem die Clownvisite nicht gefällt“, weiß sie aus langjähriger Erfahrung. Und: „Das trägt sicher zur rascheren Genesung bei.“

„Wir werden aber auch eingesetzt, wenn Kindern eine unangenehme Untersuchung oder Operation bevorsteht“, erklärt Ilka Kotal, die als Dr. Thereschen vordergründig ihre Späße macht und hintergründig sehr wohl auch auf Probleme und Bedürfnisse einzelner kleiner Patienten eingeht. Viel Humor mit viel Fingerspitzengefühl.

„Wir profitieren auch pflegerisch und medizinisch von den Clowns“, erwähnt Robert Birnbacher, Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Landeskrankenhaus Villach. „Nach so einer lustigen Visite sind die Kinder andere. Untersuchungen fallen leichter, viele Ängste fallen weg.“

„Fast wie ein Medikament“

„Was mich immer noch bewegt, obwohl ich das schon seit 13 Jahren mache“, sagt die gelernte Schauspielerin Kotal, „sobald man ins Clownkostüm geschlüpft ist, hat man sofort und problemlos zu jedem gleich Kontakt, zu Patienten, Eltern, Pflegepersonal, Ärzten. Die Menschen nehmen Clowns mit einer erstaunlichen Offenheit an, die im Alltag oft nicht gegeben ist.“ Und auch sie selbst, so Ilka Kotal, sei in einer anderen Stimmung sobald sie Dr. Thereschen spiele, „wie eine zweite Biografie“.

Die Biografie vieler Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Neurologischen Zentrum Rosenhügel ist oft eine traurige. Vorstand Ralf Gößler: „Für die meist angeschlagene Psyche unserer Patienten ist ein Besuch der Clowndoktoren äußerst positiv. Die Kinder, die Missbrauch, Disziplinierungsmaßnahmen oder viel an Abwertung erlebt haben, lachen, freuen sich, können vergessen, sich entspannen, und das ist psychisch sehr wertvoll, das ist fast wie ein Medikament.“

Gegen trostlose Ausweglosigkeit

Die Roten Nasen, die einmal pro Woche zu den Kindern kommen, sind auch in das „Theater der Gefühle“, einem Gemeinschaftsprojekt von Pflege- und pädagogischem Personal am Rosenhügel involviert. „Über das Theaterspielen wollen wir Emotionen transportieren, die Gefühlswelt der Kinder ordnen, sie sollen auch spielerisch lernen, Gefühle anderer zu erkennen, wir nennen das auch Emotions- und Empathietraining“, schildert Florian Lechner, Krankenpfleger und Initiator des Theaters der Gefühle, das mit Improvisationstheater, Übungen aus der Theaterpädagogik und gruppentherapeutischen Methoden arbeitet. Kinder und Jugendliche entdecken so neue Wege, wie sie ihre Gefühle, Emotionen und Bedürfnisse besser ausdrücken und mit den Gefühlen anderer umgehen können.

„Was war das für ein erhebendes Gefühl“, erzählt Martin Kotal alias Dr. Stoppl „als jene alte Dame, die seit zwei Jahren kaum mehr ein Wort gesprochen hat, bei unserer zweiten Visite gelacht und gesungen hat.“ Alte Menschen, so Kotal, bringe ein Clownbesuch oft aus ihrer Lethargie, aus einer Art trostlosen Ausweglosigkeit. Dr. Stoppl und seinesgleichen fördern aber auch die Mobilität bei Senioren; sie vermitteln wieder Freude an der Bewegung.

Clowns helfen auch Dementen

Das kann die Ärztin Eva Fuchswans, leitende Direktorin am Geriatriezentrum am Wienerwald nur bestätigen: „Die Patienten lachen wieder – sie lachen wirklich herzhaft und vergessen für zwei bis drei Stunden ihre Beschwerden, ihre Krankheit, ihre Ängste, ihren Leidensdruck. Sie sind viel fröhlicher, ja mitunter regelrecht ausgelassen, müde Augen beginnen wieder zu leuchten. Die Stimmung auf der ganzen Abteilung ist total anders, wenn die Roten Nasen kommen.“ Mehr noch: Bei dementen Patienten kann die fröhliche Intervention die zeitliche Orientierungsfähigkeit verbessern. „Sie wissen wieder, dass heute Freitag ist, der Tag also, an dem die Roten Nasen kommen. Und sie freuen sich im Vorhinein darauf und reden oft auch noch ein bis zwei Tage danach“, so Fuchswans.

Sie erinnern sich also, sind wieder geordneter. Lachen fördert schließlich die Flexibilität im Gehirn und häufig sind die Menschen auch ruhiger; sie brauchen weniger Schlafmittel, weniger Beruhigungsmittel.

Und noch eine interessante Entdeckung hat die Ärztin gemacht: „Viele alte Leute finden sich wieder in ihrer Rolle als Mann und Frau. Männer schäkern mit weiblichen Clowns, Frauen wollen mit männlichen Clowns tanzen.“ All das trage sehr zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Und das halte auch nach der Clownvisite noch an. „Ein Rendezvous mit dem Leben“, sagte einmal eine Heimbewohnerin.

Lustige Pille für Seele und Körper

Lachen und Fröhlichkeit sind ja bekannterweise Medizin für Leib und Seele. Lachen ist ja nicht nur eine äußerliche Erscheinung, es bewegt auch innerlich viel Positives, ist Pille für Seele und Körper. Eine Pille, die sicher alle öfter als einmal die Woche haben möchten.

Aber das geht aus finanziellen Gründen nicht – die Clowns finanzieren sich aus Spenden (Bawag P.S.K, Kontonummer: 90 990 900, BLZ 60000). Mit dem nötigen Kleingeld könnten alte, vereinsamte Menschen vielleicht öfter ein aufbauendes Rendezvous mit dem Leben haben.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER
www.rotenasen.at

Auf einen Blick

Rote Nasen Clowndoctors: speziell geschulte Künstler, die auf Visite in Spitäler sowie Geriatriezentren gehen. Sie bringen kranke Kinder und Senioren zum Lachen, holen alte Menschen aus ihrer Lethargie und steigern deren Lebensqualität.
Ihre wirksame Medizin ist der Humor, den sie – auf wissenschaftlichen Grundlagen basierend – erfolgreich einsetzen.

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