„Alle warten auf Amazon“

Logistikimmobilien. Während die spekulative Errichtung in den Nachbarländern boomt, fehlt vielen heimischen Entwicklern noch der Mut.

Die Branche boomt, die Nachfrage nach entsprechenden Immobilien auch: Der Logistikmarkt in Europa wird auf rund 930 Milliarden Euro (Stand 2013) geschätzt, und mit der stetig wachsenden Bedeutung des E-Commerce wird er auch nicht kleiner werden, ganz im Gegenteil.

Damit wächst auch der Bedarf an Logistikimmobilien, eine Entwicklung, der die Expo Real heuer mit diversen Veranstaltungen sowie der Verleihung des Logix Award der Initiative Logistikimmobilien Rechnung tragen wird (siehe Kasten).

Man traut sich nicht

Besonders boomt der Bau entsprechender Immobilien unter anderem in Polen und Deutschland. So beläuft sich das Neubauvolumen in Deutschland seit 2011 jährlich auf etwa drei Millionen Quadratmeter, in Polen waren laut einer Studie von Colliers International nur für den Großraum Warschau heuer im Frühling 3,5 Millionen Quadratmeter allein an Lagerflächen geplant. Ein Volumen, das Logistikimmobilien mittlerweile zu einer interessanten Alternative zum Segment von Büro- oder Einzelhandelsobjekten hat werden lassen.

Allein in Österreich ist der Boom noch nicht so wirklich angekommen, zumindest nicht bei den Entwicklern. „Viele warten auf Amazon und einen 15-Jahres-Vertrag, der nicht kommt“, bringt es Franz Pöltl, Geschäftsführer des Bereiches Investment Consulting bei EHL-Immobilien auf den Punkt. Denn anders als in den umliegenden Ländern traut sich in Österreich noch kaum jemand, rein spekulativ mit dem Bau eines Logistikzentrums zu beginnen. „Die Nachfrage wäre schon da, aber der Mut fehlt“, sieht auch Alexander Fenzl, Leiter Immobilienvermarktung Gewerbe bei Otto Immobilien, das Problem in der zögerlichen Haltung der Entwickler.

Dabei können die wenigen spekulativen Projekte durchaus eine Erfolgsgeschichte vorweisen, wie etwa das Logistikzentrum Wien-Nord in Hagenbrunn zeigt. Es kann inzwischen auf renommierte Mieter wie A1, Phoenix, Kühne & Nagel oder Schachinger verweisen. „Ein entsprechendes Angebot schafft auch Nachfrage“, ist Felix Zekely, Leiter des Bereichs Global Corporate Services bei CBRE überzeugt. „Die spekulative Errichtung ist ja in ganz Europas gang und gäbe, nur in Österreich noch nicht.“

Drängen ins Zentrum

Dabei ist die Nachfrage nach Umschlag- und Lager- und Distributionsimmobilien zunehmend auch innerhalb Wiens gegeben. Entwicklungen im E-Commerce wie etwa von der Next Day Delivery zur Same Say Delivery – also der Zustellung online bestellter Ware noch am selben Tag – lässt mehr und mehr Kunden auf der Suche nach Wettbewerbsfähigkeit in die Zentren streben. „Wir hatten sogar schon Anfragen nach entsprechenden Immobilien innerhalb der Gürtels“, berichtet Fenzl von einer Nachfrage, die aus dem Wunsch, immer näher am Kunden zu sein, entsteht – und derzeit selbst bei großer Zahlungswilligkeit unerfüllbar wäre. Aber auch am Stadtrand ist die Nachfrage nach entsprechenden Flächen derzeit größer als das Angebot. Gesucht werden moderne Anlagen, die 365 Tage im Jahr 24 Stunden erreichbar sind, eine Autobahnanbindung haben und – zumindest bei Umschlagimmobilien – einen Wenderadius von mindestens 35 Quadratmetern aufweisen. Eine Halle sollte außerdem über eine Größe von mindestens 10.000 Quadratmetern und zehn Metern Höhe verfügen, gut teilbar sein und genügend Tore aufweisen. Eine Ausstattung, für die sich nach Einschätzung der Experten aktuell zwischen 4,50 und fünf Euro pro Quadratmeter in der Miete erzielen lassen.

Was womöglich mehr Entwickler in Österreich in der nahen Zukunft dazu bewegen wird, ein gewisses Risiko einzugehen. „Der Investmentmarkt ist gut“, sagt Pöltl, und auch Zekely ist optimistisch, was die Zukunft von Logistikimmobilien angeht: „Es werden mehr und mehr Standorte spekulativ errichtet werden und sich etablieren. Und die Mieter werden das zu schätzen wissen“, prognostiziert er eine Annäherung an die Gegebenheiten, die es jetzt schon in den Nachbarländern gibt.

INFO

„Let's talk Logistics“ nennt sich ein Veranstaltungszyklus, der am Dienstag, 6. Oktober, am Stand 240 in der Halle C2 der Expo Real das Thema in den Mittelpunkt stellt. Diskutiert werden unter anderem die Entwicklung auf dem Gebiet des E-Commerce und ihre Auswirkungen auf Logistikimmobilien, der entsprechende Investmentmarkt sowie Innovationen im Logistiksektor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2015)

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