Madrid bietet die höchste Rendite

Markttrends. Trotz drohender Zinswende in den USA dürfte die starke Nachfrage auf den europäischen Immobilienmärkten anhalten. Auch Österreich profitiert davon.

Aufgrund der ultralockeren Zinspolitik der europäischen Zentralbank (EZB), des Mangels an Anlagealternativen und des Zustroms internationalen Kapitals haben die Investments in europäische Büroimmobilien zum Halbjahr 2015 spürbar angezogen. „Die anstehende Erhöhung der Zinsen in den USA wird zwar das Ende der globalen Nullzinspolitik einläuten, dürfte unserer Meinung nach aber nicht zu einem Abflauen der Investorennachfrage für hiesige Gewerbeimmobilien führen“, sagt Frank Pörschke, CEO von JLL Germany.

Starkes Halbjahr

Beim Blick auf die Entwicklungen der Büroimmobilienmärkte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind eindeutige Parallelen zu 2007 zu erkennen. Während laut einer Prognose von JLL die Transaktionen in Amerika und Asien-Pazifik Ende 2015 bereits über den Niveaus von 2007 (vor Ausbruch der Finanzkrise) liegen dürften, reichen die Transaktionsvolumina in Europa (Emea) noch nicht an die Boomjahre 2006 und 2007 heran. Gleichwohl konnte das Volumen zum Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 16 Prozent auf 102,3 Mrd. Euro gesteigert werden – das sind somit die stärksten sechs Monate seit 2007. Die größten Steigerungsraten wurden in Südeuropa ( plus 73 Prozent auf 8,5 Mrd. Euro) und Großbritannien (plus 32 Prozent auf 41,9 Mrd. Euro) verzeichnet. Die stärksten Einbrüche gab es laut dem Immobilenberatungsunternehmen Savills hingegen in Griechenland (minus 95 Prozent), Polen (minus 43 Prozent), Dänemark (minus 40 Prozent) und Frankreich mit einem Minus von 31 Prozent.

Europaweit dürften in diesem Jahr rund 235 Mrd. Euro in Gewerbe- und Wohnimmobilien investiert werden, sagt Thomas Beyerle, Head of Research bei Catella, „wobei allein auf den deutschen Markt 65 Mrd. entfallen dürften“. Zur Verfügung stünde den Investoren aber mit 505 Mrd. Euro mehr als doppelt so viel Kapital als sie werden allozieren können. Im Vergleich dazu hat das Transaktionsvolumen im Rekordjahr 2007 nur 226 Mrd. Euro betragen. Damals sind den internationalen Anlegern 250 Mrd. Euro zur Verfügung gestanden.

Boomzentren florieren weiter

Laut Beyerle bietet der Büromarkt in Madrid, wo für Topprodukte bis 2019 mit einem jährlichen Wachstum der Gesamtrendite um 18 Prozent zu rechnen ist, die besten Wachstumsaussichten. Gute Renditeperspektiven böten auch Standorte wie Luxemburg, London, Amsterdam und Brüssel. Hier können Investoren von einer Gesamtrendite (Total Return) von jährlich acht bis zehn Prozent ausgehen. Beim Mietpreiswachstum hingegen erwartet JLL die stärksten Anstiege in den kommenden Quartalen in Manchester, Edinburgh, Amsterdam und Luxemburg sowie in der Londoner City und Westend, wenngleich London in dem Mietzyklus schon weit fortgeschritten ist. Insgesamt dürften Anleger ihre Investments auch mittelfristig vorwiegend auf die Kernmärkte Großbritannien, Deutschland und Frankreich konzentrieren. Neben den Kernmärkten steigt das Interesse momentan stark an Investments in Ländern wie beispielsweise Spanien und Italien. „Auch Österreich wird mit zumindest drei Mrd. Euro dieses Jahr wohl das stärkste Investmentvolumen der Geschichte verzeichnen“, sagt Andreas Ridder, CEE-Chairman bei CBRE in Österreich. Es seien auch nicht mehr vor allem deutsche Fonds an Österreich interessiert, sondern auch Anleger aus einigen asiatischen Ländern, was für unseren Markt neu sei, fügt der Experte hinzu hinzu.

Sinkende Renditen

Da zusehends mehr Investoren in diesen Markt strömen, sind nach Erhebungen von Savills auch die Renditen in den Zentren der europäischen Metropolen im zweiten Quartal im Durchschnitt auf 4,6 Prozent gesunken.

In Deutschland etwa sind die Spitzenrenditen im Verlauf der vergangenen drei Monate laut JLL in der Aggregation aller Big-sieben-Standorte – dazu gehören unter anderem Berlin, Hamburg, München und Köln – auf 4,30 Prozent gesunken. Wie tief sie in den Hochburgen inzwischen gefallen sind, zeigt sich in München, wo die Nettoanfangsrendite zum Halbjahr erstmals unterhalb die Vierprozentmarke auf 3,85 Prozent gefallen ist.

Die Preise in den Core-Märkten werden jedenfalls weiter steigen, weil die Differenz zwischen dem Ertrag aus risikoloser Veranlagung in Bundesanleihen und Immobilien trotz steigender Preise weiterhin sehr hoch ist. „Solang die Zinsen in Europa nicht steigen, werden weiterhin enorme Geldmengen in die Immobilienveranlagung drängen und für weitere Preissteigerungen sorgen“, betont Ridder.

INFO

Die Investmentvolumina auf den europäischen Immobilienmärkten nähern sich dem Rekordstand von 2006/2007. Die besten Aussichten verspricht der Büromarkt in Madrid, wo bis 2019 mit einem jährlichen Wachstum der Gesamtrendite von 18 Prozent gerechnet wird. Für Österreich wird 2015 ein Investmentvolumen von drei Mrd. Euro prognostiziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2015)

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