In der Ära nach dem Erlagschein

Baugeschichte. Mit dem Raiffeisen Forum Mödling bauten x42 Architektur eine Bank mit viel Kundenfrequenz. Sie ist Markthalle, Veranstaltungraum, Café – und Kundenzentrum.

Die einen schließen reihenweise ihre Filialen, die anderen bauen ihren Standort aus. Manche machen daraus ein architektonisches Statement, das mehrere Auszeichnungen bekommt, wie etwa jüngst als „vorbildlicher Bau Niederösterreichs 2015“. Dabei hat der Neu- und Umbau des Raiffeisen Forums Mödling durch die in Wien ansässige x42 Architektur ZT GmbH durchaus polarisiert. Mancher Passant hat sich von einer Bank eher das Branchenübliche erwartet: einen coolen Kasten mit viel Glas. Oder Tradiertes, das fast ganz im gründerzeitlichen Umfeld aufgeht. Die Mehrheit aber war höchst angetan von einem Bankbau, der Repräsentationsgesten verweigert, sondern bei aller Originalität Understatement und bei aller Massivität auch Offenheit vermittelt.

Kompakt wirkt dieser niedrige, nach hinten lang gestreckte Baukörper, ein konventioneller Bau hätte hier die ungünstigen Proportionen laut Bebauungsplan nur betont. Dieser aber passt sich in den städtischen Umraum ein, weil er wie aus einem Guss wirkt: ein Monolith, dessen Dach und Gebäudehülle eins sind. Ein Material bedeckt alle Flächen: Keramikplatten, hinter denen sich eine Dämmung aus umweltfreundlicher Steinwolle befindet. Für die Fassade gibt es Erfahrungswerte, für den Einsatz des Materials auf dem Dach noch nicht, die Architekten entwickelten ein eigenes System dazu.

Idee eines Forums

Drinnen ist die Bank aufgebaut wie eine Basilika, eine Markthalle. Das Mittelschiff über die volle Höhe geöffnet. Hier befindet sich ein großes Forum, in dem man erkennt, wie sehr sich die moderne Bank verändert hat. In offener Atmosphäre befinden sich hier ein Reisebüro, ein Immobilienbüro, ein Foyer mit den Bankinggeräten, eine Begegnungszone, weiter hinten, einen Halbstock höher, schließt ein kleines Cafè an, an dieses wiederum ein großer, von den Mödlingern oft frequentierter Veranstaltungsraum. Auch ein kleiner Bereich für Kinder findet Platz in der Bank – mit einem großen Aquarium zur Abwechslung. „Alle machen Internetbanking, keiner geht in die Filiale. Man muss Ideen anbieten, damit die Leute in eine Bank kommen“, erklärt Architekt Marko Jell-Paradeiser. Das kann im Fall der Raiffeisen Mödling dann schon einmal der Kaffee sein, bei dem man seine Kontoauszüge durchschaut.

Pflanzenwand und Roboter

Und das eigentliche Kernbusiness, Bankgeschäft, Beratung, Kundenverkehr? Das erkennt man, sobald man das Gebäude betritt. „Wir haben es vertikal geöffnet, damit man sieht, wie hier gearbeitet wird“, erklärt Matthias Brandstetter von x42 Architektur vor Ort. Zugleich wird die Privatheit, die Gespräche über Geld brauchen, gewahrt. Durch Räume, die nicht abgeschottet, aber auch nicht transparent sind, durch Vorhänge, durch Möbeleinbauten, die die Architekten für die Bank entworfen haben.

Lichtdurchflutet ist der Eindruck. Die Gebäudelängsseite wird durch schmale, hohe Fensterbänder durchbrochen. Im oberen Geschoß sind Terrassen eingeschnitten, die man kaum erkennt, weil sie mit der Hülle, den changierenden Platten, fast verschmelzen. Für das frische Raumklima, eine unterstützende Kühlung im Sommer und Schallschutz drinnen sorgt eine 14 Meter hohe lebende Wand voller Pflanzen.

Ganz privat ist der Kunde im Raum mit den Schließfächern, durch hohe Sicherheitsvorkehrungen hat er dazu rund um die Uhr Zugang. In den Tresorraum kommt niemand – außer der Roboter, denn manchmal braucht es in der Bank von heute auch noch Bargeld.

Info

Die x42 Architektur ZT GmbH hat in Kooperation mit Architekt Lothar Jell-Paradeiser mehrere Banken ge- und umgebaut, etwa in St. Veit/Glan. Für das Projekt in Mödling haben sie auch die Möblierung entworfen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf hochwertigem Wohnbau.

Das Raiffeisen Forum Mödling wurde 2014 eröffnet. Vor Kurzem wurde es als „vorbildlicher Bau in NÖ 2015“, davor mit dem dritten Platz beim Baupreis Niederösterreich ausgezeichnet.

www.x42.at

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