Das Zinshaus bleibt höchst begehrt

Zinshausmarkt. Über das neu erwachte Interesse an der Brigittenau und das sinkende Gewicht von Renditen als alleinigem Kaufimpuls.

Auf dem Wiener Zinshausmarkt zeichnet sich ein Rekordjahr ab. Laut Otto Immobilien belief sich das Transaktionsvolumen – gemessen wurden ausschließlich Asset-Deals – in der ersten Jahreshälfte auf 435 Millionen Euro. Im Übrigen das beste Ergebnis, seitdem das Unternehmen 2008 begonnen hat, die Marktbewegungen aufzuzeichnen. „Auch die zweite Jahreshälfte hat sich sehr intensiv entwickelt“, bestätigt Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien und Zinshäuser bei Otto Immobilien. Er ist überzeugt, dass die Milliardengrenze heuer überschritten wird. In dieselbe Kerbe schlägt auch Herwig Peham, Head of Investment bei EHL Immobilien. „Wir erwarten, dass das Transaktionsvolumen 2015 den Vorjahreswert von 1,25 Milliarden Euro (inklusive Share-Deals) um fünf bis zehn Prozent übersteigen wird“. „Seit Ende August hat sich sehr viel getan auf dem Wiener Zinshausmarkt“, bestätigt Markus Arnold, Geschäftsführer Arnold Immobilien. Allein sein Unternehmen habe bislang Transaktionen in der Höhe von 150 Millionen Euro vermittelt. Bis zum Jahresende soll diese Zahl auf 180 Millionen Euro steigen.

Was steht hinter der starken Investorentätigkeit auf dem Wiener Zinshausmarkt? Als einen wesentlichen Treiber sehen die Experten das niedrige Zinsniveau und den Mangel an Alternativanlagen. „Die Verunsicherung in Bezug auf die Entwicklung der Weltwirtschaft treibt ebenfalls die Nachfrage nach Sachwerten“, erklärt Buxbaum. Aber auch steuerliche Änderungen, die Anfang 2016 wirksam werden – Stichwort: Immobilienertragssteuer – würden eine Rolle spielen. Michael Molnar, Geschäftsführer der S Real, spricht in diesem Zusammenhang von einem Vorzieheffekt. Was heißt: „Zinshausbesitzer, die konkret an einen Verkauf gedacht haben, wollen daher noch heuer verkaufen.“

Trendbezirk 1220

„Heuer haben wir zusätzliche Privatinvestoren – Family Offices, Stiftungen oder Gesellschaften – auf dem Markt gesehen, die bislang noch nicht so stark in Immobilien investiert waren“, so Peham. Den Ton geben aber nach wie vor erfahrene Anleger an. Insgesamt ist der Anteil der Privatinvestoren am Transaktionsvolumen heuer von 50 Prozent im Vorjahr leicht auf 55 Prozent angestiegen. Auch bei den Entwicklern zeigt sich ein leichter Aufwärtstrend. Sie zeichnen für knapp 40 Prozent der Deals (2014: 35 Prozent) verantwortlich. Auch institutionelle Investoren sind derzeit aktiv. „Sie haben aber nur einen Anteil von rund drei Prozent am Transaktionsvolumen – auch wenn sie tendenziell größere Objekte kaufen“, so Peham.

Was die Strategie der Käufer betrifft, machen die Experten zwei Gruppen aus – einerseits langfristig denkende Anleger, die einen konservativen Zugang verfolgen und sich auf gut etablierte Lagen in den Innenbezirken konzentrieren. Dazu kommen Entwickler, die über Parifizierung und Abverkauf auf kurzfristige Gewinne abzielen. Letztere würden laut Buxbaum derzeit in den Lagen Donaukanal, Nordbahnhof und Augarten im 20. Wiener Gemeindebezirk den Ton angeben. Die Brigittenau habe sich im Übrigen heuer als neuer Trendbezirk für Zinshausinvestoren erwiesen. „In der Vergangenheit war der Bezirk für die meisten Investoren nicht interessant genug, jetzt profitiert er aber vom Aufschwung der Leopoldstadt“, meint Buxbaum. Interessant sind für Investoren dort die „vernünftigen Preise“: sprich, der Quadratmeter für 1500 Euro und durchschnittliche Rendite von drei Prozent. „Normalerweise wird man innerhalb des Gürtels nichts unter 2000 Euro pro Quadratmeter finden.“
„Die Postleitzahl stört also nicht mehr so wie früher“, meint Arnold. Die Entwicklung zeigt, dass sich Investoren verstärkt über den Gürtel gewagt haben – vorausgesetzt die Mikrolage passt. Gefragt waren laut Arnold der 14., 15., 16. und 17. Bezirk. Die Renditen sieht er außerhalb des Gürtels bei reinen Wohnhäusern mit ausgebauten Dachböden und sanierten Wohnungen bei 3,5 Prozent, den Quadratmeterpreis bei mindestens 2000 Euro. „Für den Fall, dass sich im betreffenden Objekt ein Gewerbeanteil befindet, ist in diesen Lagen auch eine Rendite von vier oder 4,5 Prozent drin“, so Arnold.

Für Molnar sind weiterhin die Bezirke innerhalb des Gürtels unter Zinshausinvestoren am gefragtesten. „Besonders der erste und neunte, aber auch der dritte“. In der Inneren Stadt bewege sich laut Molnar der Quadratmeterpreis in einer Range von 4000 bis 9000 Euro, die Rendite zwischen 0,5 und zwei Prozent. Am Alsergrund kostet der Quadratmeter zwischen 1500 und 3500 Euro (Rendite: 1,9 bis drei Prozent).

Arnold sieht die durchschnittlichen Renditen innerhalb des Gürtels mit 2,5 bis 2,75 Prozent hingegen niedriger, den Quadratmeterpreis bei 3500 bis 4000 Euro. Insgesamt würden die Renditen auf dem Wiener Zinshausmarkt sinken, so der Tenor der Branche. Rendite ist für Investoren allerdings immer weniger das entscheidende Kriterium. „Mit einer professionellen Bewirtschaftung kann man mehr bewegen“, sagt Peham. Was die Preise betrifft, wären laut Buxbaum in Trendbezirken wie der Leopoldstadt und der Brigittenau durchaus noch Steigerungen möglich. „Aber nur in guten und sehr guten Lagen mit der entsprechenden Infrastruktur. Sonst stellen wir in Wien eher eine Seitwärtsbewegung fest.“

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