„Investoren beginnen wieder, spekulativ Flächen zu errichten“

Berlin. Der Gewerbeimmobilienmarkt boomt. Vor allem bei Büros übertrifft die Nachfrage das Angebot.

Berlin wächst und wächst. Jedes Jahr steigt die Einwohnerzahl um rund 50.000 Menschen – zum überwiegenden Teil durch Zuwanderung. Damit ist die derzeit rund 3,5 Millionen Einwohner zählende Spree-Metropole – rechnet man den Speckgürtel mit ein, so liegt diese Zahl bei etwa fünf Millionen – die am schnellsten wachsende Stadt Deutschlands. Die dynamische Bevölkerungsentwicklung soll sich in den kommenden Jahren fortsetzen: Laut Prognosen soll die Vier-Millionen-Einwohner-Grenze spätestens 2030 geknackt werden. „Junge Leute leben gern in Berlin“, nennt Rüdiger Thräne, Regional-Manager Berlin beim Immobilienberater Jones Lang LaSalle (JLL), einen der wesentlichen Gründe für die dynamische Bevölkerungsentwicklung, die stark international geprägt ist. „Die Mischung aus vergleichsweise günstigen Mieten und gutem Jobangebot, aber auch das pulsierende Nachtleben wirken sehr anziehend. Das macht Berlin letztlich auch zu einem begehrten Pflaster für Unternehmen, die auf der Suche nach den besten Köpfen sind.“

Starker Bürobereich

Die Rahmenbedingungen für den Berliner Immobilienmarkt könnten jedenfalls nicht besser sein: Die Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung ist robust, die Kaufkraft über das vorige Jahrzehnt deutlich gestiegen und die Mietpreise wachsen vor allem im Wohn- und Bürobereich stetig. Besonders stark entwickelt hat sich zuletzt der Büromarkt, was auch der im Vorjahr verzeichnete Büroflächenumsatz in der Höhe von 879.000 Quadratmeter – vor Frankfurt der höchste in Deutschland – sowie die auf rund 26 Euro angestiegene Spitzenmiete und die ebenfalls gestiegene Durchschnittsmiete von rund 15 Euro untermauern. „Früher gab es Flächen, aber keine Mieter, jetzt gibt es genügend Mieter, dafür aber kaum Flächen“, bringt Thräne den Status quo auf den Punkt. Darauf deutet auch die Entwicklung beim Leerstand hin: Einer Analyse von Aengevelt-Research zufolge hat sich dieser innerhalb eines Jahres von rund 6,7 Prozent auf 5,3 Prozent, beziehungsweise 1,24 Millionen Quadratmeter auf eine Million reduziert.
Matthias Schmidt, Leiter Development Deutschland bei CA Immo, berichtet Ähnliches: Vor allem große Unternehmen mit einem entsprechenden Flächenbedarf würden sich schwertun, etwas Passendes zu finden. „Die Folge ist, dass Investoren wie wir wieder anfangen, spekulativ Büroflächen zu errichten.“ Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es nicht weiter verwunderlich, dass Büroimmobilien auf dem Investmentmarkt zuletzt die stärkste Assetklasse waren – allein im ersten Halbjahr 2016 zeichnete sie für mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens von fast zwei Milliarden Euro verantwortlich. „Man kann in Berlin derzeit fast alles verkaufen“, schwärmt Thräne. Die starke Nachfrage treibt auch die Preise: Die Spitzenrenditen im Berliner Bürosegment sind zuletzt auf weniger als vier Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig ist der Leerstand gesunken.

Sinkende Spitzenrenditen

Was das Transaktionsvolumen auf dem Berliner Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien betrifft, glaubt Thräne nicht, dass das starke Vorjahresergebnis von rund acht Milliarden Euro heuer erreicht werden kann. „Dazu fehlen ganz einfach die Produkte“, meint er. Ein großer Mangel herrsche vor allem an Top-Objekten. „Daher sind auch in allen Assetklassen die Spitzenrenditen zurückgegangen.“ Am meisten sei derzeit mit knapp sechs Prozent noch mit Fachmärkten sowie Objekten aus dem Bereich Logistik-Industrie zu lukrieren. Bei Fachmarktzentren liegen die Spitzenrenditen laut dem JLL-Experten um die 5,50 Prozent. Der Berliner Einzelhandelsmarkt ist für Thräne insgesamt „ein sehr spannendes Thema“. Die Stadt zählt derzeit rund 50 Shoppingcenter – gute wie schlechte. Die gleiche Situation besteht auch für den High-Street-Bereich.

Mangel an Objekten

Wie eine aktuelle Analyse des Immobilienberatungsunternehmens CBRE aufzeigt, wurde auf dem Berliner Markt für Lager- und Logistikimmobilien im ersten Halbjahr 2016 ein Flächenumsatz von rund 164.000 Quadratmetern durch Vermietungen und Eigennutzungen registriert. „Wir beobachten eine große Nachfrage, die jedoch durch einen Mangel an entsprechend modernen Flächen limitiert wurde“, zeichnet Jan Linsin, Head of Research Germany, ein ähnliches Bild wie für den gesamten Berliner Markt für Gewerbeimmobilien. Daher bewege sich das Halbjahresergebnis auch 17 Prozent unter dem Wert des vorangegangenen Rekordjahres und 16 Prozent unter dem durchschnittlichen Flächenumsatz des Vergleichszeitraumes der vergangenen fünf Jahre.

Info

Büroimmobilien zeichneten im ersten Halbjahr 2016 in Berlin für mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens von fast zwei Mrd. Euro verantwortlich. Die große Nachfrage hat die Spitzenrenditen zuletzt auf knapp vier Prozent sinken lassen.
Mit sechs Prozent deutlich bessere Spitzenrenditen bieten derzeit Fachmärkte sowie Objekte aus dem Bereich Industrielogistik.

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