Der Run auf Betongold hat die Preise für Wohnimmobilien in zentralen Lagen in die Höhe schnellen lassen. Nun weichen auch die Investoren auf weniger gute Lagen aus.
Wien. Eurokrise und Angst vor Geldentwertung treiben die Anleger in Immobilien. Die Preise steigen, die Ertragschancen verschlechtern sich. Zum Vergleich: Für eine neue Eigentumswohnung von „gutem Wohnwert“ (mit Balkon, aber nicht zwingend mit Grünblick oder luxuriöser Ausstattung) zahlt man laut Immobilien-Preisspiegel der Wirtschaftskammer 6000 Euro pro Quadratmeter. Vermieten kann man sie um 11,6 Euro netto pro Monat und Quadratmeter. Das entspricht einer Rendite von 2,3 Prozent. Mehr als auf einem täglich fälligen Sparbuch. Berücksichtigt man noch die Nebenkosten, die beim Kauf dazukommen, reduziert sich die Rendite aber ganz schnell. Auch Steuern, Erhaltungskosten und Leerstände schlagen zu Buche.
Alte Wohnungen werfen mehr ab
Bei Luxuswohnungen ist die Rendite noch geringer. Höhere Erträge erzielt man mit gebrauchten Wohnungen oder in weniger guter Lage. Gebrauchte Eigentumswohnungen von gutem Wohnwert in Wien-Favoriten erhält man um 1713Euro pro Quadratmeter, sie versprechen eine Mietrendite von fünf Prozent. Geheimtipp ist das freilich keiner mehr: Seit einem Jahr haben sich solche Wohnungen laut Wirtschaftskammer um 19 Prozent verteuert. Ursache ist, dass sich nicht nur Wohnungssuchende, sondern auch Anleger zunehmend in solchen Lagen eindecken, bestätigt die Immobilienmaklerin Margret Funk. Die Rendite hält auch nicht immer, was sie verspricht: Die Fluktuation ist in solchen Lagen höher, mögliche Leerstände schmälern den Ertrag. Oft zeige sich, dass sich eine geringere Miete langfristig rechnet, weil sich die Wohnung besser vermieten lässt, sagt die Expertin.
Ob höhere oder geringere Rendite, ist nicht zuletzt Geschmackssache. „Es kommt darauf an, was der Kunde mit der Wohnung will“, sagt Stefan Brezovich, Chef des Maklerunternehmens Örag. Wolle er langfristig den Wert seines Vermögens erhalten, sei eine Immobilie in guter Lage und mit geringer Rendite besser geeignet. Wer hingegen auf ein laufendes Einkommen Wert legt, dem rät der Experte eher zu weniger gut gelegenen Wohnungen mit höherer Rendite.
Büros ertragreicher, aber riskant
Gewerbeimmobilien versprechen höhere Erträge. Die könnten sich aber nur vermögende Anleger leisten, da Bürohäuser selten unterteilt sind, schränkt Brezovich ein. Man müsse also gleich das ganze Haus kaufen. Auch verteile sich das Risiko auf weniger Mieter höher als bei einem Zinshaus, da man in einem 2000 Quadratmeter großen Haus 20 Wohnungen, aber nur zwei bis vier Büromieter unterbringe.
Wer Wohnraum für den Eigenbedarf kaufen will und über kein großes Budget verfügt, dem rät S-Real-Geschäftsführer Michael Pisecky zu einem Einfamilienhaus, etwa in Schwechat, Gänserndorf oder im Weinviertel. Doch auch dort ziehen die Preise an. Im Bezirk Gänserndorf kostet ein 125 Quadratmeter großes Haus von mittlerem Wohnwert 1251 Euro pro Quadratmeter, um elf Prozent mehr als vor einem Jahr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2012)