Die Nachfrage nach Wohnungen zwecks Anlage ist ungebrochen hoch. Was man bei der Entscheidung beachten sollte. von Beate Lammer
Angesichts niedriger Sparbuchzinsen und turbulenter Börsen entscheiden sich viele Anleger für eine Vorsorgewohnung. Das ist meist eine Neubauwohnung (seltener eine renovierungsbedürftige), die man teilweise auf Kredit kauft und vermietet. Man zahlt den Kredit ab, und später kann man selbst darin wohnen oder ein Zusatzeinkommen lukrieren. „Die Presse“ hat Experten befragt, welche Kriterien bei der Auswahl wichtig sind.
1Was unterscheidet eine Vorsorgewohnung von einer „normalen“ Mietwohnung?
Bei einer Vorsorgewohnung kümmert sich ein institutioneller Anbieter (meist eine Bank) um Kauf, Vermietung und Verwaltung. Das kostet jedoch Geld. Schätzungen zufolge muss man mit etwa 50 Cent pro Monat und Quadratmeter an Gebühren rechnen. Will man sich das ersparen, kann man auch selbst eine Wohnung kaufen und sich um deren Vermietung kümmern. „Dabei muss man aber die eigene Arbeitszeit berücksichtigen, wenn man ausrechnen will, ob das wirklich günstiger ist“, meint Karin Fuhrmann, TPA Horwath. Bei einer Vorsorgewohnung hat man häufig die Möglichkeit, an einem Mietenpool teilzunehmen. Dabei kommen die Mieten des ganzen Hauses in einen Topf, und jeder Eigentümer erhält einen Anteil, der Größe seiner Wohnung entsprechend. „Diese Risikogemeinschaft schützt den Anleger vor einem Ausfall von Mieteinnahmen“, erklärt Gerhard Dreyer, Bank Austria Real Invest. Nachteil: Man zahlt für die Leerstände anderer mit.
2Wie viel Rendite erhält man für eine Vorsorgewohnung?
Die Mietrendite (Anteil der Jahresmiete am Kaufpreis) beträgt derzeit im besten Fall drei bis vier Prozent. Tatsächlich fällt die Rendite anfangs niedriger aus: Zum Kaufpreis kommen Nebenkosten wie Grunderwerbssteuer oder Grundbucheintragung. Auch Erhaltungskosten und Leerstände schlagen zu Buche.
3Welche Steuervorteile gibt es bei Vorsorgewohnungen?
In den ersten Jahren kann man Verluste aus der Vermietung geltend machen. Diese ergeben sich aus der fiktiven Abschreibung und den Kreditzinsen. Zieht man diese Vermietungsverluste vom eigenen Erwerbseinkommen ab, kommt man insgesamt auf ein geringeres Einkommen und zahlt weniger Steuern. Später dreht sich dieser Vorteil in das Gegenteil um: Wenn man weniger oder gar keine Zinsen mehr bezahlt, erwirtschaftet man Gewinne und muss diese versteuern. Zweiter Steuervorteil, den Vermieter haben: Sie sparen beim Kauf der Wohnung die Umsatzsteuer. Voraussetzung für beide Steuervorteile ist, dass man in zwanzig Jahren mehr einnimmt als ausgibt. Sonst gilt das Projekt als „Liebhaberei“, und man muss die Steuerzuckerln zurückzahlen.
4Schützen Vorsorgewohnungen wirklich vor Inflation?
Immobilien sind „reale“ Werte. Wenn die Inflation steigt, sollte ihr Preis ebenfalls mitziehen. Selbst wenn sich die Wohnungspreise schwächer entwickeln als erwartet, würden Immobilien angesichts der Unsicherheiten um die Schuldenkrise und die mögliche Geldentwertung im Vergleich mit anderen Investments nicht so schlecht abschneiden, meint Fuhrmann: Denn langfristig dürften sie sich rentieren. Auch sind die Mieten meist indexiert. Das bedeutet, dass im Mietvertrag festgeschrieben ist, dass sie regelmäßig der Inflation angepasst werden. Doch: Beides ist nicht zwingend so.
5Welche Wohnungen lassen sich gut vermieten, welche weniger gut?
Zunächst sollte die Miete nicht zu hoch sein. Zehn Euro pro Monat und Quadratmeter für eine gut ausgestattete Wohnung mit Balkon seien angemessen, meint Helmut Hardt, Geschäftsführer der Wiener Privatbank. In schlechter Lage kann eine solche Miete allerdings schon sehr teuer sein. Umgekehrt kann die Miete höher ausfallen, wenn eine Dachterrasse vorhanden ist. Luxuswohnungen eignen sich aber nicht als Vorsorgewohnungen, da sie eher gekauft als gemietet werden. Gute Gegenden mit günstigen Preisen seien der 20., 16. und 17. Bezirk, sagt Hardt.
6Wie viel Geld braucht man, um sich eine Vorsorgewohnung leisten zu können?
Theoretisch ist man ab 50.000 Euro Eigenmittel dabei. Für eine Neubauwohnung zahlt man in Wien durchschnittlich 3000 Euro pro Quadratmeter (ohne Nebenkosten). Finanziert man zwei Drittel des Preises auf Kredit, erhält man um 150.000 Euro eine Einzimmerwohnung. In diesem Fall sollte man Geld auf der Seite haben: Bei einer so hohen Kreditfinanzierung ist nicht gesichert, dass die Miete ausreicht, um die Kreditraten zu zahlen. Insbesondere, wenn die Zinsen steigen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte mindestens die Hälfte des Kaufpreises mit Eigenmitteln finanzieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2011)