Der Osten blüht im Verborgenen

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Fast unbemerkt hat sich Ostdeutschland zu einem interessanten Immobilien- Investmentstandort entwickelt. Die Krise hat sich hier nicht so stark ausgewirkt.

Ohne, dass sich das groß herumgesprochen hat, konnte Ostdeutschland in den vergangenen Jahren die Gunst von Immobilien-Experten gewinnen. Ein Grund dafür ist wohl das spezielle Image, das den neuen deutschen Bundesländern nach wie vor anhaftet. „Die Wahrnehmung von außen und die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung sind sehr unterschiedlich“, meint Thomas Gindele, Hauptgeschäftsführers der Deutschen Handelskammer in Österreich. Einige Investoren schreckt dies nicht ab, und sie investieren eifrig. Denn: Sie blicken hinter die Kulissen und sehen einen unerwartet stabilen Immobilienmarkt.

Nach Berechnungen der Freien Universität Berlin sind rund 1,6 Billionen Euro seit 1990 von West- nach Ostdeutschland geflossen. Die Gelder haben geholfen, eine hochmoderne Infrastruktur als Rückgrat eines stabilen Wirtschaftsstandorts zu entwickeln.

Krisenfester als der Westen

Die ostdeutsche Wirtschaft schrumpfte auf Grund ihrer kleineren Strukturen und der geringeren Abhängigkeit von den Exporten im Jahr 2009 „nur“ um 2,9 Prozent. Westdeutschland musste ein Minus von 5,4 Prozent verzeichnen. „Ostdeutschland wurde auch in die Krise gezogen, aber nicht so kräftig wie der Rest von Deutschland“, erklärt Gindele. „Eine klein strukturierte Industrie und mittelständische Unternehmen haben sich besser behaupten können.“

Das dürfte mit ein Grund sein, warum der ostdeutsche Gewerbeimmobilienmarkt weniger stark unter der Krise gelitten hat.

Die Mietpreise blieben in 14 von 22 Städten in zentralen und bevorzugten Lagen stabil. Die höchsten Mietpreise für Objekte mit gutem Nutzwert erzielen derzeit Erfurt mit 6,00 bis 12,50 Euro pro Quadratmeter, Rostock mit 8,50 bis 12,00 und Leipzig mit 8,00 bis 12,00.

Deutliche Zuwächse

Beim Flächenumsatz verzeichneten Dresden und Leipzig sogar deutliche Zuwächse, dort stieg der Flächenumsatz von 2009 gegenüber dem Jahr 2008: Leipzig konnte den Flächenumsatz 2009 um 35 Prozent auf 115 000 Quadratmeter steigern. In Dresden wurden im ersten Halbjahr 2010 sogar schon rund 35.000 Quadratmeter neu vermietet, im Vergleichszeitraum 2009 waren es nur 28.000 Quadratmeter.

„Auch der Wohnimmobilienmarkt wird unterschätzt“, erklärt Hannes Schöckler, Vorstand der Premium Immobilien AG. Das Unternehmen ist seit dem Jahr 2004 mit einer eigenen Tochter auf dem deutschen Markt aktiv und bietet aktuell in seinem „Wohnportfolio D22“ für Kunden, die sich an einer Immobilie beteiligen wollen, 22 vermietete Immobilien in sechs ostdeutschen Groß- und Landeshauptstädten an.

38 Millionen Euro ist das Paket schwer, und es wird „mit einer Durchschnittsmiete von 4,88 Euro kalkuliert“, erklärt Walter Wittmann, zweiter Vorstand der Premium Immobilien AG.

In den neuen Bundesländern kann die Lage für Investoren bezüglich Privatimmobilien sehr lohnend sein. In den größeren Städten stiegen die Mieten in den letzten drei Jahren etwa doppelt so stark wie in Deutschland insgesamt, heißt es in einer aktuellen Studie der Deutsche Bank Research zum Wohnimmobilienmarkt. Gerade in den letzten drei Jahren zeigte sich, dass die guten ostdeutschen Standorte starke Mietzuwächse verbuchen konnten. Die Städte verzeichnen eine steigende Nachfrage mit sinkender Neubautätigkeit.

Studenten beleben den Markt

Besonders positiv stechen die Universitätsstädte wie Leipzig, Dresden, Magdeburg oder Jena hervor. Das hat auch seinen Grund, denn die Universitäten in Ostdeutschland ziehen jede Menge junger Studenten aus Westdeutschland an. Wie in Leipzig sind in vielen ostdeutschen Städten neue Hochschulen entstanden, oder bestehende sind aufwendig restauriert worden. Marode sind hingegen heute viele westdeutsche Universitäten aus den 1960er- bis 1980er-Jahren.

Neben der Qualität der Hochschulen und dem Platzangebot lockt das Fehlen von Studiengebühren, und so kommt es, dass zum Beispiel in Magdeburg bereits fast jeder zweite Student aus Westdeutschland kommt. Zusätzlich beschert die demografische Entwicklung den Universitäten in Ostdeutschland noch mehr Interessenten und neue Studenten: Jetzt, da sich der Geburtenrückgang der Wendejahre im Osten in der schrumpfenden Zahl der Abiturienten zeigt, gibt es in vielen westlichen Bundesländern mehr junge Leute, die an die Universitäten streben. Damit steigt im Osten natürlich auch das Nachfragepotenzial auf dem Mietwohnungsmarkt.

Bei der Abwanderung aus den ländlichen Regionen in Ostdeutschland, von der immer wieder die Rede ist, handelt es sich nicht um ein spezifisches, sondern um ein europaweites Phänomen. „Beiderseits der Elbe gibt es denselben Trend“, sagt Tobias Just, Immobilienanalyst bei Deutsche Bank Research. „Sowohl in Ost- wie in Westdeutschland ziehen die Menschen vom Land in die Städte. Die Dörfer sind die Verlierer.“

In Leipzig beispielsweise schrumpfte zwar in dem Zeitraum von 1990 bis 1998 die Einwohnerzahl von 511.079 auf 437.101 Bewohner, Ende 2009 zählte das sächsische Wirtschaftszentrum dann aber mit 518.862 Einwohnern mehr als je zuvor. In Dresden ist die Einwohnerzahl in den vergangenen elf Jahren sogar stetig um 14 Prozent auf 516.256 gestiegen.

Preise in Ostdeutschland:

•Mieten modernisierter Altbau/
Neubau ab 1991
(Euro pro Quadratmeter)

Chemnitz
3,50 bis 5,00/3,85 bis 6,35

Schwerin
4,25 bis 6,10/5,80 bis 6,50

Dresden
4,30 bis 6,00/6,00 bis 7,20

Magdeburg
3,50 bis 5,60/5,00 bis 6,50

Leipzig
3,90 bis 6,00/5,80 bis 7,20


•Preise Eigentumswohnungen Modernisierter Altbau /
Neubau ab 1991
(Euro pro Quadratmeter)

Chemnitz
400 bis 1900/1000 bis 1700

Schwerin
900 bis 2000/1100 bis 2300

Dresden
900 bis 3600/1300 bis 2900

Magdeburg
400 bis 2000/900 bis 2000

Leipzig
700 bis 3000/1200 bis 2900

Quelle: TLG Immobilien / Echo Immobilien Entwicklung GmbH

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2011)

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